23. Juni 2012

Bibi Blocksberg im Orient

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Inhalt:

Der Bürgermeister von Neustadt plant eine Reise in den Orient, zum Sultan von Labu-Dabu. Er möchte mit ihm über eine Pipeline nach Neustadt verhandeln. Auf der Reise sollen ihn Karla Kolumna und Bibi, als Vertreterin der Jugend, begleiten. Bibi ist furchtbar aufgeregt und freut sich auf den Orient. Bei ihrer Ankunft in Labu-Dabu muss der Bürgermeister ihnen jedoch kleinlaut eingestehen, dass sie vom Sultan überhaupt nicht erwartet werden. Bibi und Karla sind verärgert, denn ohne Einladung empfängt der Sultan sicher niemanden. Daher hext Bibi rasch einen fliegenden Teppich, den sie ihm als versöhnendes Gastgeschenk überreichen wollen. Der Flug auf dem Teppich endet für die drei jedoch mit einem Sturz mitten in den Palast. Glücklicherweise ist der kleine Sultan Hatschi al Nasi so vom Teppich begeistert, dass er die Neustädter willkommen heißt.

Nach einem kurzen Rundflug über die Stadt landen sie im Harem, den Karla sofort besichtigen will. Sie erhofft sich Interviews von den 99 Frauen des Sultans. Der Sultan wiederum macht Karla Avancen, die sie jedoch nicht ernst nimmt. Bibi und der Bürgermeister fliegen dagegen zum Basar, denn kein anderer Mann außer dem Sultan darf den Harem betreten. Auf dem Markt ersteht der Bürgermeister eine wertlose und völlig überteuerte Lampe, Bibi bekommt von einem Händler eine Flasche geschenkt - angeblich sei die Flasche für sie vorherbestimmt, und ein Geist stecke darin. Bibi kann aber nichts darin sehen und glaubt diesen Worten nicht. Bei ihrer Rückkehr in den Palast erfahren sie, dass der Sultan Karla zu seiner hundertsten Ehefrau machen will. Der Bürgermeister hält das aufgrund der diplomatischen Verbindungen für keine schlechte Idee, doch Bibi ist klar, dass sie Karla unbedingt davor bewahren müssen.

Der Sultan ist jedoch nur unter einer Bedingung bereit, Karla wieder freizugeben: Ein Flaschengeist soll ihm den goldenen Schatz seiner Vorfahren beschaffen. Bibi ist verzweifelt, denn Flaschengeister kann selbst sie nicht herbeihexen. Aber was ist mit der geheimnisvollen Flasche, die ihr der Händler geschenkt hat? Verbirgt sich womöglich doch ein Geist darin ...?

Bewertung:

Wenn Bibi in fremde Gefilde aufbricht, sorgt das bei den Hörern gewöhnlich für ein besonders spannendes Abenteuer. So auch hier, wenn die kleine Hexe gemeinsam mit dem Bürgermeister und Karla Kolumna das Land von Ali Baba entdeckt.

Spannung im Morgenland

Sobald Bibi erfährt, dass sie in den Orient fliegen darf, ist sie völlig aus dem Häuschen. Da Bibi ja schon viele aufregende Dinge erlebt hat, sieht man daran, dass eine Reise in das Morgenland auch für sie eine besondere Herausforderung darstellt. So dürfte es auch den kindlichen Hörern gehen. Die Geschichten aus Tausendundeiner Nacht sind auch heute noch ein Highlight in vielen Kinderzimmern, werde gerne gelesen oder als Verfilmung angesehen. Da liegt es nah, dass auch Bibi-Folge in dieser Gegend Begeisterung hervorruft.

Die orientalische Atmosphäre wird in der Geschichte gut eingefangen. Das gilt vor allem für die Stelle auf dem Marktplatz, die natürlich Klischees benutzt, aber die Situation schön bildlich darstellt. Bibi und der Bürgermeister schlendern an vielen Verkaufsangeboten vorbei, ehe sie einen geheimnisvollen Laden besuchen. Es riecht "wie in Mamis Hexenlabor", offenbar werden hier Tränke gebraut und Kräuter aufbewahrt, und der Händler weckt Erinnerungen an Märchengestalten, die einerseits wertlosen Plunder aufschwatzen und andererseits magische Gegenstände verschenken. Der Sultan hält sich natürlich einen Harem mit gleich 99 Frauen und kostet seine Macht voll aus, und auch der Flaschengeist entspricht ganz den Erwartungen. Mit seiner schallenden Stimme bringt er sogar ein wenig Gruselstimmung in das Hörspiel hinein - unter Umständen können sich ganz junge Hörer hier auch ein wenig ängstigen.

Die Spannung ist in dieser Folge besonders ausgeprägt. Das unbekannte Land und die Verheißung eines Flaschengeistes sind schon Garante für einige Aufregung. Hinzu kommt die Gefangennahme Karla Kolumnas und die Suche nach dem Schatz der Vorväter des Sultans, der Bedingung für ihre Freilassung wird. Überhaupt ist der Sultan eine unberechenbare Größe; er verhält sich freundlich, solange man ihm schmeichelt und Geschenke bringt, andererseits genießt er es, seine Macht spielen zu lassen, da er es sichtlich gewohnt ist, dass man seinen Befehlen stets gehorcht.

Kleine Lehren am Rande

Der Lernfaktor dagegen ist geringer als in vielen anderen Episoden. Im Vordergrund steht das Abenteuer, dennoch bekommen die kleinen Hörer wichtige Dinge mit auf den Weg. So ist der Ausgangspunkt der Handlung die vom Bürgermeister geplante Pipeline. Der Begriff wird Bibi und somit auch den Hörern erläutert, und am Ende erfährt man, dass das Vorhaben alles andere als umweltfreundlich für Neustadt wäre. Nur schwer lässt sich der Bürgermeister überreden, seine Pläne naturbewusster umzugestalten, doch Bibi sorgt dafür, dass er schließlich nachgeben muss. Denn die kleine Hexe will keineswegs, dass im schönen Mühltal von Neustadt große Umbauarbeiten durchgeführt werden, die bei der Pipeline unumgänglich wären.

Auch der Sultan muss erfahren, dass Macht alleine nicht alles ist und dass sich weder Karla Kolumna noch Bibi von seinem befehlshaberischen Ton einschüchtern lassen. Genau wieder Bürgermeister bekommt er zu spüren, dass Diplomatie einen auf seinem Weg meist am weitesten bringt. Ebenso geht es am Ende darum, dass man nicht zu gierig sein darf - denn der Geist warnt die Menschen berechtigterweise davor, den Schatz zu heben, weil dadurch Unheil ausgelöst werde.

Viel zu lachen


Umso ausgeprägter ist dagegen der Humor in dieser Folge. Fast ständig gibt es etwas zu lachen, sei es über den Sultan, Karla oder den Bürgermeister. Das beginnt schon im Flugzeug, als Karla und der Bürgermeister mal ausnahmsweise einer Meinung sind, nämlich dass ihnen beim Fliegen übel wird. Bibi möchte ihnen gerne helfen und beginnt eifrig mit dem Spruch "Eeene meene motzen, keiner muss hier k...", ehe sie rechtzeitig abbricht und eine feinere Ausdrucksvariante wählt. Bei der Ankunft im Morgenland ist Karla zunächst enttäuscht, denn die Umgebung erscheint ihr zu modern. Am liebsten hätte sie Ali Baba und die vierzig Räuber im Hintergrund, und Bibi bietet ihr auch direkt an, sie herbeizuhexen. Das lehnt Karla ab, denn die Presse schummele schließlich nicht - was der Bürgermeister mit einem "Nanana ..." anzweifelt.

Zwei Running Gags durchziehen die Dialoge immer wieder; das eine ist der fast schon verzweifelte Versuch des Bürgermeisters, mit dem Sultan auf seine Pipeline zu sprechen zu kommen, doch nie findet sich der richtige Moment, um auszusprechen, es kommt stets etwas dazwischen. Das andere ist ein Missverständnis des Sultans. Bei der Vorstellung erklären Bibi und Karla ihre Herkunft aus Neustadt, der Bürgermeister fügt an er komme "aus ebenda", was der etwas dusslige Sultan für die Landesbezeichnung hält und ihn fortan als "Bürgermeister aus Ebenda" bezeichnet.

Karla ist natürlich in dieser Umgebung in ihrem Element. Sie macht sich wie üblich über den Bürgermeister lustig, als dieser dem Sultan suggeriert, seine Untertanen in Neustadt würden sich vor ihm verneigen: "Das hätte er wohl gerne!" Im Harem interviewt sie gleich alle Frauen und entwickelt eine neue Artikelserie. Dabei ist sie so vertieft, dass sie erst nach ihrer Freilassung völlig verblüfft erfährt, dass sie überhaupt gefangen war. Auch der Flaschengeist muss sich ihrer Aufforderung beugen, nicht so grimmig zu schauen, sondern zu lächeln - Geist hin oder her, Karla hat vor niemandem übertriebenen Respekt.

Kleine Mankos

Nur ein paar kleine Unstimmigkeiten trüben das Gesamtbild. Zum einen erscheint es seltsam, dass Bibi hier die eigenen Regeln bricht und dem Sultan einen fliegenden Teppich hext - denn man kennt es aus anderen Folgen zur Genüge, dass gehexte Gegenstände sich gewöhnlich nach ein paar Tagen auflösen. Etwas verwunderlich ist auch Karlas Reiseübelkeit - denn in der Folge "Benjamin als Pilot" fliegt sie ebenfalls, hat aber keine Probleme in der Richtung, sie hat dort weder Flugangst, noch wird ihr vom Fliegen schlecht.

Die dritte Unstimmigkeit betrifft das Versprechen des Sultans am Schluss, eine neue Schule in Neustadt bauen zu lassen. Denn bereits in Folge 3 der Bibi-Reihe wird davon gesprochen, dass es kürzlich eine neugebaute Schule gab, so dass dieses Vorhaben eigentlich nicht nötig sein dürfte. Noch seltsamer mutet es an, wenn man bedenkt, dass sich die Folge 64 "Die neue Schule" damit befasst, dass die Schule bereits so alt und baufällig sei, dass sie dringend renoviert werden müsste. Offensichtlich haben es hier die Drehbuchautoren mit der Seriengeschichte nicht so genau genommen, was sich auch damit erklären lässt, dass die drei Folgen jeweils unterschiedliche Autoren hatten. Da diese Fehlerchen aber nicht bestimmend für die Handlung sind und wahrscheinlich nur langjährigen Bibi-Fans auffallen, tun sie dem Hörspaß keinen Abbruch.

Ideale Besetzung

Die Stimme des Sultans, Gerd Duwner, dürfte jedem Hörer auf die eine oder andere Weise bekannt sein. In der Benjamin-Blümchen-Reihe tritt er einmal als Karlas Onkel Hugo in "Benjamin als Sheriff" auf, aber vor allem als Ernie aus der Sesamstraße ist er fast jedem Kind bekannt. Seine hohe, leicht heisere Stimme kennt man auch von seiner Rolle als Barney Geröllheimer aus der "Familie Feuerstein" und unter anderem als Synchronisation so bekannter Stars wie Mickey Rooney und Danny de Vito. Engelbert von Nordhausen spricht den Flaschengeist mit tiefer, voluminöser Stimme, wie man es bereits von seiner Rolle als schauriger Henker in "Bibi und die Vampire" her kennt. Sehr populär wurde seine Stimme außerdem in der Rolle des Bruchpiloten Quack aus der TV- und Hörspielserie "Duck Tales".

Fazit:

Eine von Anfang bis Ende unterhaltsame und spannende Folge, die diesmal im Morgenland spielt. Die Hörer erwarten viele lustige Dialoge und am Rande ein paar kleine Lehren für Kinder. Ein paar Unstimmigkeiten trüben das Gesamtbild, sind aber für den Handlungsverlauf nicht weiter wichtig. Unterm Strich eine sehr empfehlenswerte Episode mit sehr gut aufgelegten Sprechern.

Sprechernamen:

Bibi Blocksberg: S. Bonasewicz
Barbara Blocksberg: H. Bruckhaus
Bernhard Blocksberg: G. Weber
Bürgermeister: H. Giese
Sultan: G. Duwner
Flaschengeist: E. von Nordhausen
Karla Kolumna: G. Fritsch
Erzähler: J. Nottke

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