3. Juni 2012

Copkiller - Jack Bailey

Produktinfos:

Ausgabe: 2009
Seiten: 352
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Der Autor:

Hinter Jack Bailey steckt das Autorenduo Dale Bailey und Jack Slay. Bailey unterrichtet Englisch an einem College und gilt als großes Talent in der Dark-Fantasy-Szene. 2002 erhielt er für seinen Roman "The Fallen" eine Nominierung für den International Horror Guild Award. Jack Slay verfasst vor allem Kurzgeschichten und Essays und hat eine Biographie über den Autor Ian McEwan veröffentlicht.

Inhalt:

Nach einem Striplokalbesuch fahren die drei Collegestudenten Nick, Tucker und Finney leicht angetrunken durch die Nacht nach Hause. Mitten auf einem einsamen Highway sieht der Fahrer Finney plötzlich eine schwarze Gestalt, und kurz darauf spüren sie einen Aufprall. Sie hoffen, nur ein Reh überfahren zu haben - aber es ist ein Mann, der sofort tot war. Bei der kurzen Durchsuchung des Leichnams finden sie außerdem eine Pistole, zehntausend Dollar und einen Schließfachschlüssel. Nick will die Polizei verständigen, doch seine Freunde überreden ihn, die Leiche in den Büschen des Abhangs zu verstecken und Fahrerflucht zu begehen. Vor allem Finney, dessen Vater Senator ist, hätte viel zu verlieren. Dafür bekommt der aus armen Verhältnissen stammende Nick das Geld.

In dem Schließfach finden sie ein Videoband mit der Aufschrift "Casey 14". Das Ansehen sorgt für einen Schock - auf dem Video ist ein Snuff-Film, der die Vergewaltigung und Ermordung eines jungen Mädchens zeigt. Eine kurze Recherche bringt sie zu dem Fall der vermissten Casey Ann Barrett, Tochter eines Tabakmillionärs, der hunderttausend Dollar Belohnung für Hinweise zu ihrem Schicksal ausgesetzt hat. Während Tucker und Finney darauf drängen, dass Nick das Video zerstört, erwägt dieser, sich die Belohnung zu holen.

Aber damit nicht genug. Die Leiche wird schneller gefunden, als die Freunde gedacht haben. Ein undurchsichtiger Polizeibeamter taucht bei ihnen auf und befragt sie, während Nick und seine Freunde alles leugnen. Außerdem ist da noch der schwarze Cadillac, der in der Unfallnacht an ihnen vorbeifuhr und auf einmal auftaucht ...

Bewertung:

"8 mm" trifft auf "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast" könnte das Motto hinter diesem Roman lauten, der seiner Einordnung in die Heyne Hardcore"-Reihe alle Ehre macht.

Spannend und brutal

Aus einem spaßigen Abend in Feierlaune wird der Alptraum ihres Lebens, als drei Freunde einen Mann überfahren. Nicks erster Impuls ist es, die Polizei zu verständigen, aber seine Freunde halten vehement dagegen. Dem Opfer kann niemand mehr helfen, die Pistole und das Barvermögen sprechen dafür, dass es sich um einen Gangster handeln könnte, und für die Jungs steht viel auf dem Spiel - insbesondere für Finney, der seinen strengen Vater auf keinen Fall verärgern darf.

Nick lässt sich schließlich durch das Geld umstimmen, das ihm durch die nächsten Collegejahre helfen kann, und das unruhige Gewissen scheint zunächst das einzige Problem zu sein. Das ändert sich, als sich die Freunde zusammen mit Nicks Freundin Sue, die er spontan eingeweiht hat, das gefundene Video ansehen. In einem Operationssaal-ähnlichem Raum wird ein junges hübsches Mädchen von zwei Maskenmännern erst in allen Variationen vergewaltigt, ehe einer ihr die Zunge herausschneidet. Die Qual dauert noch eine Weile an, bis ein Schnitt durch die Kehle das Leiden des Mädchens schließlich beendet. Spätestens jetzt ist den Freunden klar, dass sie in Gefahr schweben, denn die Beteiligten an dem Video werden nicht ruhen, ehe sie es wiederbekommen haben.

Von jetzt an verläuft die Handlung wie eine Achterbahnfahrt, immer rasant und mit grauenhaften Steigerungen. Schon bald taucht ein unsympathischer Officer auf, der noch vor den offiziellen Meldungen vom Fund der Leiche weiß und sich undurchsichtig verhält, auch der Cadillac, der die Freunde in der Nacht auf dem Highway passierte, steht auf einmal vor der Tür und ist offenbar ein Zeuge. Schnell ist klar, dass keine der Hauptfiguren unantastbar ist. Jeder der vier könnte sterben, der pessimistische Tenor über der Geschichte lässt auch die Möglichkeit zu, dass die Snuff-Mafia hinter dem Video am Ende die Oberhand behält. Das Autorengespann schildert zwar keinen Splatter, hält aber einige heftige Szenen bereit, die nichts für zart besaitete Gemüter sind.

Emotionale Verwicklungen

Nick Laymon ist der eindeutige Protagonist und Identifikationsfigur des Lesers. Ein typischer junger Mann, der aus ärmlichen Verhältnissen kommt und dessen familiärer Hintergrund ihn grundlegend von seinen Freunden unterscheidet - was für weiteren Zündstoff in der Handlung sorgt. Trotz ihrer freundschaftlichen Verbundenheit ist sich Nick immer des Unterschieds bewusst. Finney und Tucker stammen aus wohlhabenden Familien und kennen keine Existenzängste. Nick dagegen ist Halbwaise, sein Vater nach aufzehrender Arbeit bei einer Ölfirma Invalide im Rollstuhl.

Auch die Beziehung zu Sue ist schwierig, denn sie ist nicht nur ein leichtlebiges Mädchen, das sich, wie er vermutet, auch mit anderen Männern trifft und wohl auch mit Finney mal eine Affäre hatte, sondern auch eine Tochter aus reichem Haus. Einen seiner demütigendsten Augenblicke erlebt Nick, als er sie spontan besucht, während ihre Eltern gerade bei ihr sind, und als gewöhnlicher Freund vorgestellt wird, der sich ein Buch ausleihen wollte. Obwohl Nick weiß, dass die Beziehung wohl nicht auf Dauer ausgelegt ist, kommt er nicht von ihr los.

Neben diesen internen Streitigkeiten ist interessant geschildert, was das Video außer Angst in ihnen auslöst. Wie bei einem Verkehrsunfall sind sie abgestoßen und fasziniert zugleich von dem, was sich ihnen auf dem Bildschirm bietet, vor allem Nick verspürt sogar gegen seinen Willen heftige Erregung. Darüber hinaus steht er in ständigem Zwiespalt, ob er den Vater des Mädchens informieren soll oder nicht. Während Nick sich gern die 100.000 Dollar Belohnung für Hinweise besorgen würde, drängen ihn Finney und Tucker, das belastende Videoband endlich verschwinden zu lassen.

Kleine Schwächen

Zum einen ist die Anziehung, die vor allem für Nick und Sue von dem Video ausgeht, etwas übertrieben dargestellt. Dass sie sich aus Neugierde das Band mehrfach ansehen, ist verständlich, auch dass die Pornoszenen Erregung auslösen, kann man so stehenlassen, Nick scheint aber geradezu eine Sucht nach dem Video zu entwickeln, die der Leser so nicht nachvollziehen kann. Vor allem aber ist unverständlich, warum keiner auf den Gedanken kommt, das Video, anstatt es zu behalten oder zu vernichten, einfach anonym der Polizei oder dem mächtigen Vater des Mädchens zukommen zu lassen, um so wenigstens ein reines Gewissen zu haben.

Es ist auch ein bisschen unrealistisch, dass Nick seine Freundin Sue gleich beim ersten Treffen nach der Tat darin einweiht, dass sie versehentlich einen Mann überfahren zu haben, vor allem angesichts ihres bis dato nicht sehr innigen Verhältnisses. Diese Punkte halten den Leser ein wenig davon ab, sich ganz auf die Charaktere einzulassen und sich in sie hineinzuversetzen, trotzdem bleibt der positive Gesamteindruck.

Fazit:

Ein harter Thriller über Snuff-Filme, der nichts für empfindliche Leser ist. Die Handlung ist spannend und rasant ohne Längen und unberechenbar bis zum Ende. Ein paar nicht ganz nachvollziehbare Verhaltensweisen der Protagonisten trüben den Gesamteindruck, trotzdem insgesamt empfehlenswert und eine gute Lektüre für alle Thrillerfans.

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