15. Juni 2012

Das unheimliche Haus des Mr. Nettleton - Anne Karen

Produktinfos:

Ausgabe: 1999
Seiten: 128
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Der Autor:

Anne Karen ist ein Pseudonym von Friedrich Tenkrat, einem österreichischen Autor von Trivialromanen, der bereits mehr als 1400 Heftromane veröffentlicht hat. Am bekanntesten ist die Gruselreihe um den Privatdetektiv Tony Ballard, die unter dem Pseudonym A.F. Morland erschien.

Inhalt:

Die junge Modezeichnerin Megan Ball hat nur noch einen lebenden Verwandten, ihren alten Onkel Ernest Nettleton. Sie kennt ihren Onkel allerdings nicht besonders gut, da dieser Zeit seines Lebens auf Weltreisen war. Jetzt liegt er im Sterben und sie besucht ihn im Krankenhaus. Kurz darauf verstirbt er, ohne noch einmal mit ihr sprechen zu können.

Megan erfährt bald darauf, dass sie das alte Haus geerbt hat, eine halbe Stunde Fahrt von London entfernt. Zusammen mit ihrer Freundin Lauren macht sie auch auf den Weg. Das Haus entpuppt sich als riesige, recht baufällige alte Villa mit einer düsteren Ausstrahlung. In der Villa gibt es unzählige gruselige Statuen, Bilder und Masken und Lauren fühlt sich unwohl. Als die Frauen erfahren, dass Onkel Ernest aber angeblich hier einen Schatz versteckt haben soll, ist ihre Neugierde geweckt. Sie bitten ihre beiden anderen Freundinnen Candice und Susan zu sich und wollen zu viert nach dem Schatz suchen.

Schon bald aber merken sie, dass sie nicht allein sind. Gegenstände tauchen an anderen Orten auf, ein Topf Milch kocht über, den niemand aufgesetzt haben will, jemand zündet Kerzen an. Schließlich taucht die Schrift auf "Verschwindet aus meinem Haus" ...

Bewertung:

Ein altes, unheimliches Haus, ein angeblicher Schatz und ein paar junge Frauen, das ist natürlich eine geeignete Ausgangslage für bedrohliche Situationen. Der Gruselroman folgt generell dem gängigen Schema dieser "Romantic Thriller" und das zunächst gar nicht so schlecht, wenn man keine gehobene Unterhaltung erwartet. Megan kannte ihren Onkel zwar nicht gut, aber sie möchte sein Haus dennoch in Ehren halten, auch wenn ihre Freundinnen das nicht verstehen können. Erst recht nicht, als der reiche Mr. Richardson auftaucht, der in der Nähe sein Anwesen hat. Mr. Richardson möchte nämlich den alten Kasten kaufen, damit er direkte Zufahrt zu seinem Grundstück hat und macht Megan ein großzügiges Angebot - das sie aber ausschlägt. Stattdessen erwägt sie, das Haus renovieren zu lassen und dort dauerhaft zu leben, sie hängt an dem ihr anvertrauten Erbe. Natürlich kommt im weiteren verlauf der Verdacht auf, dass Mr. Richardson hinter den Vorfällen steckt, um die Frauen zu vertreiben oder zumindest jemanden dazu engagiert hat - aber es gibt auch die Möglichkeit, dass es Onkel Ernest aus dem Totenreich ist, der nicht möchte, dass hier junge Frauen ihr Unwesen treiben und alles auf der Suche nach dem Schatz auf den Kopf stellen. Die vier Frauen werden nicht tiefgehend charakterisiert, wie in solchen Büchern üblich, aber man bekommt zumindest einen groben Überblick über ihre Eigenschaften. Megan hat gerade eine schmerzhafte Trennung hinter sich, da ihr langjähriger Freund Jeff sie betrogen hat. Sie wohnt zur Ablenkung bei Lauren, die als mäßig erfolgreiche Schauspielerin den Beitrag zur Miete gut gebrauchen kann. Lauren ist recht leichtlebig und spricht sehr offen aus, was sie denkt. Candice ist die zarte Balletttänzerin, die ein bisschen sensibler ist als die anderen und Susan die toughe Sachbuchautorin.

Zu den Mankos gehört einmal die Vorhersehbarkeit, denn so ziemlich jeder Leser wird vor dem Ende bereits wissen, wie es ausgeht und wer oder was hinter den Vorfällen steckt. Das allein wäre nicht so schlimm, denn das ist nun mal genretypisch für diese Art von Werken, wenngleich ein bisschen mehr Raffinesse möglich gewesen wäre. Dazu gesellen sich einige wenig logische Stellen. Es ist beispielsweise nicht nachvollziehbar, weshalb die Frauen so ruhig bleiben, nachdem ihnen klar sein muss, dass außer ihnen jemand im Haus ist. Dass jemand in einem unbewohnten Raum brennende Kerzen aufstellt, hätte sehr gefährlich werden können, auch sonst sollte es niemanden kalt lassen, dass sich ein Unbekannter in den Räumen versteckt. Die Frauen konzentrieren sich aber auf die Schatzsuche und ignorieren den Eindringlich mehr oder weniger und ebenso die mögliche Gefahr, die von ihm ausgeht.

Das Ende ist dann äußerst überhastet. Sage und schreibe auf der allerletzten Seite klärt sich, was dahinter steckt, wo das Motiv liegt, wie es sich ergeben hat und was mit Megan passiert und es wirkt in dieser Kurzzusammenfassung eher lächerlich und auch zu simpel. Nicht so schön ist auch das Bild, das man am Ende von Megan bekommt: Fast das ganze Buch hindurch versucht Lauren vergeblich, ihr einzureden, dass Jeffs Seitensprung nichts Besonderes sei und man damit als Frau nun mal rechnen müsse, Megan bleibt ihrer Meinung treu, dass sie zu verletzt ist, um sich da umstimmen zu lassen. Kaum steht Jeff aber vor der Tür, da ändert sie ihre Meinung schlagartig und verzeiht ihm freudig - das Frauchen ist also wieder brav geworden und es wirkt durch diesen abrupten Meinungsumschwung sehr schnulzig und beschönigend, als sei ihre Verletztheit lediglich eine lächerliche Gefühlsverwirrung gewesen.


Fazit:

Ein anfangs noch recht unterhaltsamer Gruselroman, der dann aber zunehmend unlogischer wird, Vor allem der viel zu knapp gehaltene Schluss und die konstruierten Erklärungen sind ärgerlich und sorgen dafür, dass der Roman sogar noch unter dem Genreniveau bleibt.

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