15. Juni 2012

Die Squaw - Bram Stoker

Produktinfos:

Erscheinungsjahr: 2010
Laufzeit: 60 Minuten
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Der Autor:

Bram Stoker wurde 1847 in Dublin geboren und starb 1912 in London. Außer als Schriftsteller arbeitete er u. a. als Journalist und Theaterkritiker. Sein mit großem Abstand bekanntestes Werk ist der Vampirroman "Dracula", der eines der berühmtesten Horrorwerke aller Zeiten ist. Daneben verfasste er noch eine Reihe weiterer Romane und Kurzgeschichten, ehe er frühzeitig starb und den großen Ruhm nicht mehr erlebte.

Inhalt:


Frankfurt, Ende des 19. Jahrhunderts: Das junge britische Ehepaar Amelia und George Price reist in seinen Flitterwochen durch das romantische Deutschland. Nach dem Rheinland reisen sie zum Main. Im Zug machen sie Bekanntschaft mit dem charmanten Elias P. Hutcheson, einem Abenteurer aus Nebraska. Das Paar ist neugierig und würde sich zu gern einer spontanen Abenteuerreise anschließen, zumal ihnen der Amerikaner auf Anhieb sympathisch ist.

Hutcheson erzählt, dass er auf der Durchreise nach Böhmen ist und bis dahin einige reizvolle Sehenswürdigkeiten als Zwischenstation besuchen will. Als nächste Station nach Frankfurt hat er die Burg zu Nürnberg im Visier. Sein Ziel ist die berühmte "Eiserne Jungfrau", das spektakuläre Folterinstrument. Zufällig übernachten Hutcheson und die Prices im gleichen Gasthof und vertiefen ihre Bekanntschaft. Amelia und George beschließen, den Amerikaner auf der Reise nach Nürnberg zu begleiten.

In Nürnberg machen die drei eine ausgiebige Stadtbesichtigung und steigen am zweiten Tag zur Burg hinauf. Die Eiserne Jungfrau und andere schauerliche Instrumente liegen im Folterturm. Kurz bevor sie die Ausstellung betreten, tötet Hutcheson versehentlich ein Katzenjunges. Der Anblick der blutbefleckten Katzenmutter erinnert den Abenteurer an sein grausiges Erlebnis mit einer Squaw ...

Bewertung:

Qualvolle Schreie eröffnen das Hörspiel und machen Gruselfreunden gleich Lust auf mehr. Bram Stokers Geschichte, die wie andere seiner Werke heute im Schatten des viel berühmteren "Dracula" steht, verspricht Grusel und Atmosphäre vom Feinsten in einer gelungenen Umsetzung. Um die schauerliche Eiserne Jungfrau ranken sich auch heute noch zahlreiche Mythen, unsicher ist es, ob sie wirklich jemals zum Einsatz als Folterwerkzeug kam - aber grauenvoll ist allein schon die Vorstellung. Ab dem Augenblick, in dem die drei Reisenden den Folterturm betreten, ist tatsächlich eine wunderbar schaurige Atmosphäre angesagt.

Die Eiserne Jungfrau und auch andere Folterwerkzeuge werden vorgestellt und lassen vor den Augen des Hörers grausige Bilder entstehen. Zu verdanken ist das dem Museums-Führer, ein knorriges Faktotum, das mit krächzender Stimme genüsslich von der blutigen Vergangenheit der Instrumente erzählt. Höhepunkt ist die Schilderung des Lebens der Gefangenen im Kerker - auf Nachfrage bezüglich der Andeutung, was sie zu essen bekamen, antwortet der Führer lakonisch mit einem gedehnten "Mitgefangene ..." und hat sichtlich Spaß daran, seine Besucher ein wenig zu schockieren. Ohne den Hörer mit bloßen Ekelschilderungen zu verstören, gelingt es der Umsetzung, subtilen Horror zu erzeugen.

Die Sprecher sind gut ausgewählt und liefern eine fast bravouröse Leistung ab. Da ist einmal Viktor Neumann als George Price, der zwar keine markante Figur abgibt, aber sehr sympathisch wirkt, ein junger Ehemann, der noch ein bisschen unsicher ist mit seiner frisch Angetrauten. Frank Gustavus passt gut zur Rolle des gewieften Abenteurers, der sich gern ein wenig in den Vordergrund spielt, gerade noch, ohne dabei überheblich zu erscheinen. Ein Highlight ist Axel Lutter als Museumsführer mit krächzender Stimme, irgendwo zwischen skurril und irre, der den Charakter fast selbst als Kuriosum seiner Sammlung darstellt.

Weitgehend überzeugend ist auch Reinhilt Schneider - seit Jahrzehnten aus zahlreichen Europa-Märchenhörspielen oder auch als Hexe Schrumpeldei bekannt - als Amelia Price, allerdings übertreibt sie es mit der Theatralik ein wenig, als die kleine Katze umkommt und Hutcheson kurz darauf von seinem Erlebnis mit der Squaw erzählt. Anfangs sind Schock und Ekel gut dargestellt, dann aber wirkt ihr Keuchen und Beinah-Zusammenbruch aufgesetzt und etwas übers Ziel hinausgeschossen. Ein bisschen zu hölzern für ihren dramatischen Part wiederum wirkt Bettina Weiß als Squaw, kommt aber nur sehr kurz vor.

Schwächen gibt es nur wenige zu verzeichnen. Allerdings dauert es ein wenig lange, bis sich endlich der Grusel einstellt, die erste Hälfte ist es einfach eine unterhaltsame Erzählung dreier Reisender mit einer Menge Geplänkel und ein paar Flirtereien. Vor allem nach dem schockierenden Einstieg macht es den Hörer etwas ungeduldig, dass es nun lange Zeit allzu harmlos zugeht. Zudem gibt es wohl niemanden, der das Ende nicht schon sehr früh erahnt, die Hinweise sind etwas zu deutlich ausgelegt, und man muss wahrlich kein Genie sein, um alles so zu erahnen, wie es schließlich kommt. Das tut dem Grusel wenig Abbruch, aber mindert ein wenig den Gesamteindruck.

Fazit:

Ein gutes Hörspiel mit überzeugenden Sprechern, das in der zweiten Hälfte und am Ende sehr gruselig ist und eine schaurige Atmosphäre verbreitet. Die Handlung ist ein bisschen zu vorhersehbar und zieht sich anfangs etwas, was aber nicht zu sehr ins Gewicht fällt.

Sprechernamen:

George Price: V. Neumann
Amelia Price: R. Schneider
Elias P. Hutcheson: F. Gustavus
Museums-Führer: A. Lutter
Squaw: B. Weiß
Schächter: B. Tessmann

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