14. Juni 2012

Galgentochter (Die Verbrechen von Frankfurt 1) - Ines Thorn

Produktinfos:

Ausgabe: 2008
Seitenzahl: 384
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Die Autorin:

Ines Thorn arbeitete zunächst als Buchhändlerin, begann ein Studium der Germanistik und Slawistik und war Bibliothekarin, Werbetexterin und Korrektorin. 2000 erschien ihr erster Roman "Die Spiegeltänzerin". Seither schreibt sie vor allem historische Romane wie "Die Kaufmannstochter", "Der Maler Gottes" und "Die Pelzhändlerin".

Inhalt:

Frankfurt, 1536: Auf dem Galgenberg wird die Leiche einer Prostituierten gefunden. Die Tote ist mittleren Alters, verarmt und weist keine Spuren von Verletzungen auf. Richter Blettner vermutet einen Selbstmord mit Gift. Seine junge Frau Hella ist da weniger überzeugt. Gemeinsam mit ihrer verwitweten Mutter Gustelies stellt sie ein paar Nachforschungen an, die ihre Mordtheorie stützen.

Bald darauf liegt eine weitere Leiche unter dem Galgen, diesmal der kürzlich vermisst gemeldete Gewandschneider Voss. Private Probleme und hohe Schulden geben ein Selbstmordmotiv, aber Hella und Gustelies haben Zweifel. Das nächste Opfer ist ein lutherischer Pfarrer, bei dem ein Selbstmord sehr unwahrscheinlich scheint.

Inzwischen steht für alle fest, dass es sich um eine Mordserie handelt. Offenbar wurden alle Opfer betäubt und anschließend erstickt. Richter Blettner gerät immer stärker unter Druck, aber ein Zusammenhang zwischen den Opfern und ein Motiv ist rätselhaft. Trotz der nachdrücklichen Forderung des Richters, sich aus den Ermittlungen herauszuhalten, gehen Hella und Gustelies den Verbrechen nach. Ihre Suche nach dem Mörder führt sie sowohl in die obersten Kreise als auch in die zwielichtigen Winkel Frankfurts ...

Bewertung:

"Galgentochter" ist der erste Band aus der Reihe "Die Verbrechen von Frankfurt", die sich um die neugierige und intelligente Hella Blettner dreht, die sich im Frankfurt des 16. Jahrhunderts gemeinsam mit ihrer Mutter als Hobbydetektivin betätigt. Es ist wahrlich keine neue Idee, Laien in einem Historienkrimi ermitteln zu lassen, auch die Figur der fortschrittlichen und recht modern denkenden Frau wurde bei historischen Werken in den letzten Jahren schon oft bedient - und trotzdem gelingt Ines Thorn mit diesem Auftakt ein sehr vergnüglicher und unterhaltsamer Roman.

Die einundzwanzigjährige Hella Blettner ist seit zwei Jahren die Frau des Richters - und ihre erste Wahl war Heinz Blettner seinerzeit gewiss nicht. Heinz Blettner ist nicht nur zehn Jahre älter, sondern auch ein etwas behäbiger Mann, der auf den ersten Blick etwas langweilig wirkt. Auf Druck ihrer Mutter heiratete Hella ihn, doch obwohl es immer noch nicht die große Leidenschaft von ihrer Seite aus ist, hat sie ihren Mann mittlerweile doch lieben gelernt. Aus einer anfänglichen Zweckehe hat sich eine gute Kameradschaft und liebevolle Partnerschaft entwickelt. Es ist schön mitzuerleben, wie Hella immer mehr Zärtlichkeit für ihren anfänglich eher spröden Mann entwickelt und wie sich die beiden ergänzen.

Heinz Blettner sieht es grundsätzlich gar nicht gern, dass sich sowohl Ehefrau als auch seine Schwiegermutter in kriminalistische Gefilde begeben. Allerdings ist er weitaus weniger streng als andere Männer seiner Zeit und hat sich offenbar damit abgefunden, dass die beiden Frauen in seinem Leben recht ungewöhnlich denken. Gustelies ist ihrer Tochter eine gute Freundin, stößt sie allerdings mit ihrer Offenherzigkeit manchmal selbst vor den Kopf - vor allem, da Gustelies sich noch längst nicht als alte Frau fühlt und gerne mit Männern flirtet. Ein lustige Nebenfigur ist Gustelies Bruder Pater Nau, dem Gustelies nach dem Tod ihres Mannes den Haushalt führt. Er ist regelmäßig schockiert über die freigeistigen Aussprüche der beiden Frauen und pflegt bei jeder Gelegenheit seinen Lieblingsspruch "Das Leben ist ein Jammertal und das Leben ein Graus" anzubringen, unter der griesgrämigen Fassade steckt aber ein recht liebenswerter Charakter. Sehr schön sind die eingeflochten Rezepte, die Gustelies ihrer Tochter mit auf den Weg gibt, von der grünen Sauce bis zum Hecht, die der Leser nachkochen kann.

Dazwischen gibt es eine sehr bewegende Nebenhandlung, die später eine wichtige Rolle spielt. Der Leser begegnet der dreizehnjährigen Agnes, die mit ihrer Mutter im Hurenhaus lebt und der bald das gleiche Schicksal wie ihrer Mutter blühen soll. Agnes' Geschichte ist sehr realistisch und ungeschönt und damit ein krasser Gegensatz zu Hellas angenehmem Leben und den ihr zugestandenen Freiheiten. Was das Buch auch auszeichnet ist das nachvollziehbare Motiv des Täters und überhaupt er als ungewöhnliche Person. Sobald der Leser weiß, wer der Mörder ist, kann er die Taten verstehen und ist vielleicht sogar auf seiner Seite. Allerdings liegt in der Krimihandlung auch die kleine Schwäche des Romans - als Historienroman macht er Spaß, für Krimifreunde ist er nicht ganz überzeugend. So einige Informationen fliegen Hella und Gustelies ohne großen Mühen zu und es ist nicht gerade realistisch, wie leicht sie immer wieder neue Erkenntnisse sammeln. Zudem erfährt der Leser viel früher als die Protagonisten die Identität des Mörders, was einen Teil der Spannung herausnimmt.

Fazit:


Ein guter Auftakt zu einer historischen Krimireihe, die vor allem dank der gelungenen Hauptfiguren und den humorvollen Szenen prima unterhält. Das Buch macht Lust auf weitere Werke, die im Frankfurt des 16. Jahrhunderts spielen. Etwas zu kurz kommt aber der Krimiteil, der durch ein paar Zufälle geprägt ist.

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