30. Juni 2012

Lilienblut - Elisabeth Herrmann

Produktinfos:

Ausgabe: 2010
Seiten: 448
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Die Autorin:

Elisabeth Herrmann, geboren 1959, begann erst eine Lehre als Bauzeichnerin und arbeitete dann als Maurerin und Betonbauerin, ehe sie das Abitur nachholte und studierte. Heute ist sie als Fernsehjournalistin für den RBB und als freie Autorin tätig. Gleich mit ihrem ersten Roman "Das Kindermädchen" gelang ihr der Durchbruch. Aus der Krimi-Reihe gibt es inzwischen die Bände "Die siebte Stunde" und "Die letzte Instanz".

Inhalt:

Sabrina Doberstein lebt mit ihrer Mutter, einer Winzerin, im rheinland-pfälzischen Leutesdorf am Rhein. Zu ihrem sechzehnten Geburtstag bekommt sie von der Mutter den Weinberg "Rosenberg" geschenkt, den die Mutter für dreißig Jahre gepachtet hat. Sabrina ist entsetzt statt erfreut, denn sie will auf keinen Fall ihr ganzes Leben an Leutesdorf gebunden sein.

Verständnis findet sie bei ihrer besten Freundin, der achtzehnjährigen Amelie. Amelie ist ganz anders als die schüchterne Sabrina: Sie stammt aus schwierigen Familienverhältnissen, liebt es zu flirten und ist sehr kess. Sabrina bewundert die Freundin und gemeinsam träumen sie davon, auszuwandern und ein neues Leben zu beginnen.

In diesem Sommer lernen die Mädchen den geheimnisvollen Schiffer Kilian kennen, der allein und scheinbar ziellos mit seinem Schiff den Rhein entlang schippert. Sabrina fühlt sich zu ihm hingezogen, doch auch Amelie hat ein Auge auf den Abenteurer geworfen und geht in die Offensive. Nach dem ersten abendlichen Date kehrt Amelie jedoch nicht mehr heim - am nächsten Tag wird ihre Leiche gefunden und Kilians Schiff ist verschwunden ...

Bewertung:

Elisabeth Hermanns erster Jugendthriller ist nicht nur für heranwachsende, sondern auch für erwachsene Leser eine lohnenswerte Lektüre voller Spannung und gelungener Charaktere in einem reizvollen Setting.

Im Mittelpunkt steht die gerade sechzehnjährige Sabrina, ein liebenswertes Mädchen mit typischen Teenagerproblemen, das in ein bewegendes Verbrechen verwickelt wird. Da sind zum einen die Konflikte mit ihrer Mutter: Sabrina versteht sich grundsätzlich gut mit ihr, aber dennoch kommt es in letzter Zeit vermehrt zum Streit. Franziska Doberstein ist eine Winzerin aus Leidenschaft, worüber auch die Ehe vor einigen Jahren zerbrochen ist. Nichts sähe sie lieber, als wenn ihre Tochter dieses Erbe fortführe, aber Sabrina ist unsicher, wie ihr Leben verlaufen soll - tatsächlich in den Weinbetrieb einsteigen, eine Ausbildung machen oder die Schule weiter besuchen und das Abitur probieren? Der Rosenberg soll ein schönes Geburtstagsgeschenk sein, für Sabrina bedeutet er aber nur eine Zwangsverpflichtung für die nächsten dreißig Jahre.

Bei der lebenshungrigen Amelie findet sie Trost - aber ganz leicht ist es in diesem Sommer trotzdem nicht mit ihr. Zum ersten mal stört sich Sabrina daran, dass Amelie wie selbstverständlich jeden Mann, der ihr gefällt, für sich beansprucht. So geht es auch mit dem mysteriösen Kilian, einem neunzehnjährigen Schiffer, der Sabrina auf den ersten Blick fasziniert. Amelie zeigt sich ebenfalls interessiert und das natürlich viel offensiver als die wenig erfahrene Sabrina. Bislang war es für die Jüngere kein Problem, ein bisschen im Schatten der selbstbewussten jungen Frau zu stehen, die gerne mit ihren Reizen spielt und im Ort einen zweifelhaften Ruf genießt. Amelie ist eine charmante Person, bei er man gut nachvollziehen kann, wieso Sabrina sich so zu ihr hingezogen fühlt. Ihre Mutter Wanda ist freundlich, aber ihren beiden Lastern Essen und Fernsehen verfallen, ihr Vater seit vielen Jahren arbeitslos, in Selbstmitleid versunken und Stammgast in der Kneipe. Kein Wunder, dass Amelie von der großen weiten Welt träumt und die unbedarfte Sabrina mit ihren verrückten Ideen ansteckt. Dann ist da noch Kulas Kreutzfelder, Sohn aus reichem Haus, mit dem sich Amelie einlässt und der nach ihrem Tod Interesse an Sabrina zu haben scheint und eben jener undurchschaubare Kilian, der mit dem rostigen Lastkahn den Rhein entlangfährt.

Der Anfang des Romans besticht vor allem durch das Kennenlernen der Charaktere, die Atmosphäre in dem idyllischen Örtchen, dem Reiz der Weinberge und der typisch unbeschwerten Sommerstimmung. Mit dem Mord an Amelie wird aus dem Werk schlagartig ein Krimi mit Thrillerelementen. Der verschwundene Kilian ist der Hauptverdächtige der Polizei, was Sabrina nicht glauben will. Gleichzeitig hofft sie inständig darauf, dass der Mord an ihrer Freundin geklärt wird und wird selbst aktiv. Sie erinnert sich an einen Mordfall vor acht Jahren, in dem ebenfalls eine junge Frau zum Opfer wurde und über den niemand mehr sprechen will. Sie versucht Kilian, an den sie immer noch sehnsüchtig denkt, zu entlasten und forscht zugleich in Amelies Umfeld nach. Dabei sind ihr Lukas und ihre neue Freundin Beate behilflich - aber mit der Zeit kommen ihr auch Zweifel, ob die beiden wirklich so ehrlich zu ihr sind, wie es den Anschein hat. Sabrina gerät durch ihre Nachforschungen selbst in Gefahr und wer der Mörder ist mag man zwar vorher erahnen, endgültige Sicherheit gibt es aber erst auf den letzten Seiten.

Wirkliche Schwachpunkte gibt es in diesem Buch nicht, allerdings ist es nicht ganz realistisch, wie schnell Sabrina ihr Herz an Kilian verschenkt. Sie hat kaum ein paar Worte mit ihm gewechselt und weiß so gut wie gar nichts über ihn und ist dennoch über weite Strecken fest von seiner Unschuld überzeugt. Das erste Zusammentreffen zwischen den beiden, der erste Blickkontakt wird ein bisschen zu kitschig geschildert, was nicht zum sonstigen realistischen Tenor des Romans passt. Überhaupt wirkt Kilian auf den Leser nicht unbedingt so faszinierend wie auf Sabrina, sodass man sich fragt, weshalb sie ihn so vergöttert - ein näheres Kennenlernen vor seinem Verschwinden wäre angebracht gewesen zum besseren Verständnis. Nicht ganz logisch ist außerdem, warum Sabrina so lange damit zögert, ehe sie über den früheren Mord im Internet recherchiert, nachdem sie merkt, dass sie von ihrer Mutter keine Details erfahren wird - aber das sind nur kleine Punkte, die den Gesamteindruck nicht trüben.

Fazit:

Ein atmosphärischer und bis zum Schluss spannender Jugendthriller über Freundschaft, Mord und die erste Liebe, der sich auch für erwachsene Leser eignet. Die Charaktere sind gelungen, vor allem die Protagonistin ist sympathisch, die Handlung ist realistisch und kommt trotz des Umfangs ohne Längen aus.

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