5. Juni 2012

Nur ein Gerücht - Sabine Kornbichler

Produktinfos:

Ausgabe: 2005
Seiten: 352
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Die Autorin:

Sabine Kornbichler wurde 1957 in Wiesbaden geboren. Sie studierte zunächst VWL und arbeitete als Texterin und PR-Beraterin. Seit 1998 lebt sie als freie Autorin in Düsseldorf. Ihr Werk umfasst Romane und Kurzgeschichten. Weitere Bücher von ihr sind: "Majas Buch", "Klaras Haus", "Steine und Rosen", "Vergleichsweise wundervoll", "Annas Entscheidung" und "Im Angesicht der Schuld".

Inhalt:

Vor fünf Jahren hat Carla Bunge ihren Lebenstraum verwirklicht. Sie ist von München aufs Land gezogen und hat einen alten Reiterhof gepachtet. Mittlerweile ist sie mit Reitstunden und einer Reihe Pensionspferden gut ausgelastet und genießt einen guten Ruf. In Sachen Beziehung allerdings ist sie abweisend. Das bekommt auch ihr bester Freund Christian zu spüren, der ganz in der Nähe ein Hotel betreibt und schon seit Langem mehr für sie empfindet.

Am Tag des fünfjährigen Jubiläums des Hofes erfährt Carla einen Schock. Der Besitzer Herr Pattmann kündigt ihr völlig überraschend den Pachtvertrag und will, dass sie innerhalb der nächsten Wochen verschwindet. Offenbar hat er ein lukrativeres Angebot für den Hof erhalten und sucht einen Vorwand, um Carla zu vertreiben. Plötzlich häufen sich die unangenehmen Vorfälle auf dem Hof. Gegenstände verschwinden, falsches Futter liegt auf der Weide, jemand kündigt in Carlas Namen die Heulieferung.

Carla ist verzweifelt, denn die Vorfälle schaden ihrem Hof zunehmend. Natürlich hat sie Herrn Pattmann im Verdacht, aber er ist nicht der Einzige. Da ist auch Melanie, die Schwester ihres früheren Klassenkameraden Udo, dem Carla trotz seines kürzlichen Todes seine früheren Quälereien nicht verzeihen will. Melanie hat Rache geschworen, zumal sie Carla als Konkurrenz für ihren eigenen Hof sieht. Und dann ist da noch Carlas alte Schulfreundin Nadine, die nach langer Funkstille in Christians Hotel auftaucht und mit ihm anzubändeln scheint. Carla muss sich nicht nur gegen den oder die Unbekannten wehren, die sie zu ruinieren versuchen, sondern sich auch noch mit ihrer Vergangenheit auseinandersetzen, die sie schon lange verdrängt hat ...

Bewertung:

Ein bisschen Thriller und ein bisschen Frauenroman ist dieses Werk von Sabine Kornbichler, und das Ergebnis ist solide, wenn auch nicht ohne einige Schwächen.

Recht spannende Handlung

Schon früh gewinnt die Handlung an Brisanz, als Carla beim Besuch des Hofbesitzers völlig überraschend die Kündigung erhält. Als fadenscheinige Begründung gibt er "unredliches Verhalten" an, ohne es näher zu begründen. Carla ahnt zwar bereits und wird bald von ihrem Anwalt darin bestätigt, dass die Vertragskündigung haltlos ist. Aber sie wird die Angst dennoch nicht los, zumal Herr Pattmann in den nächsten Tagen und Wochen bei jeder Begegnung auf der Kündigung beharrt und zeigt, dass es nicht nur eine Laune von ihm war.

Fast gleichzeitig taucht Melanie auf, Schwester von Carlas ehemaligen Klassenkameraden Udo, und sorgt ebenfalls für Probleme. Udo gehörte zur Schulzeit einer berüchtigten Clique an, die Carla "glorreichen Fünf" nennt, die es sich zum Ziel machten, Schwächere über Jahre hinweg zu hänseln und zu quälen. Carla mit ihrer skandalösen Familiengeschichte, die im weiteren Verlauf näher beleuchtet wird, plus dem damaligen Übergewicht bot eine hervorragende Zielscheibe und litt jahrelang unter den Quälereien. Jetzt ist Udo tot, Selbstmord als Folge von Rufmord, und Carla soll zur Beerdigung kommen. Aber trotz Selbstmord kann sie dem toten Udo sein damaliges Verhalten nicht verzeihen, und Melanie schwört Rache - zumal sie selbst einen Hof führt und Carla als Konkurrenz sieht.

Von da an häufen sich die Vorfälle auf dem Bungehof, die Carla in Verruf bringen und Misstrauen unter ihren Kunden säen. Herr Pattmann hat ein Motiv, Melanie ebenso, und doch kann Carla zunächst nichts nachweisen und traut so manche Aktion keinem von beiden zu. Gespannt verfolgt der Leser, wie sich die Vorfälle verdichten und Carla hilflos ihrem eigenen Rufmord zusehen muss. Um den Täter zu entlarven, ist sie bereit, selbst zweifelhafte Dinge wie einen Einbruch auf sich zu nehmen, und natürlich fesselt einen die Frage, wer genau hinter welchen Taten steckt.

Sympathische Hauptfigur

Carla Bunge ist kein besonders vielfältiger oder origineller Charakter, aber doch sympathisch und eine Protagonistin, mit der sich der Leser weitgehend identifizieren kann. Sie ist stolz auf ihren beliebten Reiterhof, den sie in jahrelanger Arbeit mühsam auf die Beine gestellt hat. Ihr besonderer Liebling ist Oscar, das Problempferd aus schlechter Haltung, das nur zu Carla Vertrauen gefasst hat und der ihr in schweren Zeiten immer Kraft spendet. Erst allmählich erfährt man die Hintergründe über ihren Vater, zu dem sie seit zwanzig Jahren keinen Kontakt hat. Man erfährt zunächst nur, dass sie jeden Kontakt ablehnt, auch als sie hören muss, dass er im Sterben liegt. Dann enthüllt sich das Drama, das seinerzeit dazu beitrug, dass sie in der Schule gehänselt und zur Außenseiterin wurde, sodass ihre Mutter schließlich mit ihr fortzog. Neben der Kriminalhandlung um den anonymen Rufmörder und Saboteur gewinnt dieser Handlungsstrang zunehmend an Bedeutung.

Ein weiterer sympathischer Charakter ist Franz Lehnert, der sie wieder mit ihrem Vater zusammenführen will und der dafür ein besonderes Motiv besitzt, sowie Carlas beste Freundin Susanne, die als Hauswirtschafterin bei Christian tätig und außerdem eine engagierte Hobby-Astrologin ist, die bei jeder Gelegenheit die aktuelle Sternenkonstellation analysiert. Eine lange Zeit rätselhafte Figur ist Nadine, Carlas ehemals beste Schulfreundin, die als Neuling genauso unter den Hänseleien zu leiden hatte. Nach ihrem Umzug aber brach Carla den Kontakt vollständig ab, um ein neues Leben beginnen zu können. Jetzt taucht Nadine auf einmal wieder auf - als Hotelgast von Christian, der ihr auffallend viel Zeit widmet. Carla wird den Verdacht nicht los, dass Nadine etwas mit ihrem Besuch bezweckt, und muss sich mehr mit ihrer Vergangenheit befassen, als ihr lieb ist.

Ein paar Schwächen

Zunächst fällt störend auf, dass der Leser zwar von Anfang an demonstriert bekommt, dass Carla Christians Avancen ablehnt, aber keinen rechten Grund dafür erfährt. Sie findet ihn durchaus anziehend, beharrt aber auf ihrer Ablehnung gegenüber Beziehungen, ohne dass es wirklich plausibel wird, vor allem, als sie gekränkt reagiert, nachdem sich Christian plötzlich Nadine widmet. Zum anderen ist Carla in der Endphase des Romans etwas zu naiv, der Leser ahnt deutlich früher, wer hinter den Taten steckt und welches Motiv dafür verantwortlich ist. Da ist es fast schon ärgerlich, dass sie die Zusammenhänge nicht durchschaut.

Etwas enttäuschend sind auch die Enthüllungen, weshalb Carla mit ihrem Vater gebrochen hat. Man kann zwar gut verstehen, dass sie die Demütigungen der Schulzeit noch heute als starke Belastung empfindet, aber ihr Groll gegen den Vater scheint nach all der Zeit übertrieben. Bevor man erfährt, was er sich geleistet hat, glaubt man, dass er vielleicht ihre Mutter geschlagen oder gar sie selbst missbraucht habe. Als sich dann herausstellt, was tatsächlich passiert ist, klingt es nicht sehr glaubwürdig, dass Carla zwanzig Jahre lang nichts mit ihm zu tun haben wollte und sich nicht kümmert, ob er überhaupt noch lebt. Alles in allem darf man an das Buch keine zu hohen Erwartungen stellen. Es ist ein Unterhaltungsroman, der sich leicht lesen lässt und durchaus spannend ist, aber nicht weiter im Gedächtnis bleibt. Eine ideale Urlaubslektüre, aber nach dem Lesen schnell abgehakt und für eingefleischte Thrillerfans gewiss zu seicht.

Fazit:

Ein solider Unterhaltungsroman, der sich am besten für Frauen eignet, die sich ein bisschen Spannung und leichte Lektüre wünschen. Das Thema ist interessant und die Handlung über weite Strecken fesselnd, die Protagonistin sowie einige Nebencharaktere recht sympathisch. Das Bild trüben ein paar Unstimmigkeiten in Carlas Sichtweise und ihre Naivität gegen Ende, zudem ist der Anspruch nicht besonders hoch. Kann man lesen, muss man nicht.

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