12. Juli 2012

Es ist hingerichtet - Alfred Hitchcock (Hrsg.)

Produktinfos:

Ausgabe: 1985
Seiten: 188
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Der Herausgeber:

Der britisch-amerikanische Regisseur und Filmproduzent (1899-1980) Alfred Hitchcock fungiert als Herausgeber der Geschichten, die alle dem Stil seiner Filme ähneln. Die Geschichten wurden teilweise in der Serie "Alfred Hitchcock präsentiert" verfilmt.

Inhalt:

"Wer zuerst kommt, mahlt zuerst" (Rog Philips): Die Ehe von George und seiner älteren Frau Madge ist am Ende. Immer häufiger wünscht er sich, sie würde sterben, bis er sich zu einem Mord entschließt. Das Wichtigste ist ein perfektes Alibi: Und das soll ihm ein Pokerabend bringen ...

"Der Schlaf der Gerechten" (Henry Slesar): Seit Monaten leidet Charles Cavender unter Schlaflosigkeit. Vor einem Jahr kam bei einem Brand seine Frau ums Leben, während er sich rechtzeitig aus dem Haus retten konnte. Jack Fletcher, der Bruder seiner Frau, hält ihn für einen Mörder. Cavender glaubt, dass nur eine Aussprache mit Fletcher seine Schlaflosigkeit beseitigen kann und sucht den hasserfüllten Bruder auf ...

"Halt, Polizei" (Robert Colby): Das reiche Ehepaar Stan Barbara wird auf einer Landstraße von einem Polizisten wegen überhöhter Geschwindigkeit angehalten. Anstatt einfach ein Bußgeld zu kassieren, bringt sie der Polizist auf die Wache. Der Sheriff beschuldigt sie, den Wagen gestohlen und ihre Ausweise gefälscht zu haben und sperrt sie in eine Zelle ...

"Nur fünf Minuten"
(Jonathan Craig): Henry Wilson gelangt nach seinem Tod in die Hölle, wo ihn ein Gespräch mit dem Chef höchstpersönlich erwartet. Zu seinem Erstaunen ist die Hölle ein fantastischer Ort mit schönen Frauen und bietet ihm mehr Spaß als sein ganzes Leben zuvor. Leider gibt es ein Problem mit seiner Aufnahme - eigentlich gehört Henry in den Himmel, da er sein Leben zu brav geführt hat ...

"Der Fall Arnold Mathias" (Helen Nielsen ): Henry Lowden, Wärter im Staatsgefängnis, hat den flüchtigen Gefangenen Arnold Mathias erschossen. Obwohl Lowden damit seine Pflicht erledigt hat, leidet er unter dem Vorfall, denn er hält den verurteilten Bankräuber für unschuldig. Er macht sich auf den Weg zum Schauplatz des Verbrechens, um die Umstände zu untersuchen ...

"Das kann jedem passieren" (Jack Ritchie): Der staatliche Rechtsprüfer Mr. Stuart stellt in der Bank von Mr. Webster eine Unregelmäßigkeit fest - es befinden sich zehn Dollar zu viel im Tresor. Mr. Webster und seine beiden Angestellten sind beunruhigt, denn jede Unregelmäßigkeit wirft ein schlechtes Licht auf die Führung der Bank. Am nächsten Morgen will Mr. Stuart noch einmal gegenprüfen - bis dahin hoffen Mr. Webster und seine Angestellten, das Problem zu klären ...

"Diamantenfieber" (Ed Lacy): Privatdetektiv William Ash erhält einen seltsamen Auftrag. Er soll im Auftrag der Witwe Davis den Mörder ihres Mannes finden. Mr. Davis arbeitete an einem U.S.-Luftstützpunkt, der angeblich die Leichen von Außerirdischen versteckte. Mrs. Davis vermutet, dass ihr Mann in eine Verschwörung verwickelt und als Mitwisser aus dem Verkehr gezogen wurde ...

"Eine dringende Nachricht" (Charles Einstein): Aufgrund ihrer einsam gelegenen Häuser auf dem Land besitzen die Familien Sloan und Martinson einen gemeinsamen Telefonanschluss. Persönlich treffen sich die beiden Ehepaar zwar nie, aber manchmal hören die Sloans zufällig Gespräche mit. Eines Tages belauschen sie einen Mordplan ...

Bewertung:

Mann will reiche Ehefrau umbringen - einer der ältesten Krimiplots überhaupt, aber in "Wer zuerst kommt, mahlt zuerst" souverän auf wenigen Seiten in Szene gesetzt. Protagonist George lässt sich zu seiner Tat von einer Geschichte inspirieren, die er auf seine eigene Situation überträgt. Natürlich läuft nicht alles wie geplant und am Ende steht eine böse Pointe, die alles über den Haufen wirft. Anzukreiden ist der Geschichte allenfalls, dass das Ende nur durch einen gehörigen Zufall zustande kommt, aber das verzeiht man bei dem gelungenen Schluss.

Im "Schlaf der Gerechten" erwartet den Leser hier kein klassischer Krimi, sondern eher eine melancholische Geschichte über Schuld und Schuldzuweisungen. Ein großer Teil besteht aus Dialogen, die Atmosphäre wird immer angespannter und schaukelt sich im Gespräch hoch. Der Verlauf ist nicht vorhersehbar, die Pointe allerdings, auch wenn schön böse, ist recht konstruiert.

"Halt, Polizei!" bietet perfekte Unterhaltung mit einem immer wieder zu neuen Überraschungen und Wendungen fähigen Plot. Genauso wenig wie die beiden Protagonisten Stan und Barbara kann der Leser voraussehen, welches Spielt mit ihnen getrieben wird, was der Sheriff und seine Männer bezwecken. Sie verweigern ihnen anwaltliche Hilfe, sperren sie in dreckige Zellen, reißen böse Witze und demonstrieren genüsslich ihre Macht. Eine der Wachen scheint Stan und Barbara helfen zu wollen, doch es ist unklar, wie ernst er sein Angebot meint. Der Realismus bleibt ein wenig auf der Strecke und man kann sich am Ende schwer vorstellen, dass jemand tatsächlich solch ein Risiko auf sich nehmen würde, aber insgesamt ist die Geschichte sehr gelungen und erinnert von allen Werken im Band wohl am meisten an Hitchcock-Filme, in denen Unschuldige gerne in ein Komplott hineingezogen werden.

Die Inhaltsangabe von "Nur fünf Minuten" verrät es schon - hier handelt es sich um eine Phantastikgeschichte, die sich deutlich von allen anderen Krimis im Band abhebt. Gleichzeitig ist es die beste Geschichte unter ihnen, was vor allem an dem wunderbaren Humor liegt und an der Leichtigkeit, mit der die Handlung geschildert wird. Auf wunderbar indirekte Art bekommt der Leser zu verstehen, dass es sich um die Hölle handelt, ohne dass das Wort auf den ersten Seiten überhaupt fällt. Der leutselige Chef bietet Henry gleich das formlose "Nick" als Anrede an und hat, abgesehen von seinen prächtigen Hörnern, die er mit einer speziellen Politur pflegt, so gar nichts Teuflisches an sich. Fast jeder Satz bietet neues Vergnügen und die Pointe rundet die Geschichte perfekt ab. Sie erschien übrigens auch unter dem Titel "Nenn mich Nick" in einem anderen Krimiband.

"Der Fall Arnold Mathias"
gehört zu den schwächeren Beiträgen des Bandes, was schon alleine daran liegt, dass sich die Geschichte nicht um Mord, sondern nur um einen Bankraub dreht. Der Hintergrund um den erschossen Häftling bewirkt eine ernste Grundstimmung, anders als der ironische Unterton in den meisten der restlichen Geschichten. Die Auflösung erahnt man früh, lesenswert ist die Geschichte dennoch allemal, reizvoll ist vor allem die genaue Aufdeckung des ausgeklügelten Plans.
"Das kann jedem passieren" gehört nicht zu den besten Werken von Jack Ritchie, der zu Recht als Meister der pointierten Kurzgeschichte gilt. Das Ende ist nicht so überraschend und beeindruckend, wie man es sonst bei ihm oft erlebt, auch der sonst so gern von ihm verwendete schwarze Humor kommt nicht so stark zum Tragen. Dennoch ist es eine recht witzige Geschichte, die vor allem von ihrem skurrilen Figuren lebt.

"Diamantenfieber" besitzt zwar neben "Nur fünf Minuten" die originellste Handlung. Allerdings kann sie am Ende nicht so überraschen, wie man es sich im Vorfeld erhofft, es fehlt ein tatsächlicher Aha-Effekt. Der beste Punkt ist wohl die subtile Spielerei mit den Privatdetektiv-Klischees rund um die sympathische Ermittlerfigur, während im Gegenzug die Auftraggeberin leider zu blass bleibt. "Eine dringende Nachricht" bildet einen gelungenen Abschluss. Auf nur vier Seiten überzeugt die Geschichte durch viel schwarzen Humor. Das Ende ist vielleicht manch einem Leser etwas zu offen, passt aber im Nachhinein betrachtet optimal zum bissig-ironischen Stil der Geschichte.

Fazit:

Eine gelungene Sammlung kurzer Kriminalgeschichten. Nicht alle Geschichten überzeugen vollends, es ist aber kein schwacher Beitrag dabei. Die meisten bestechen durch schwarzen Humor und wendungsreiche Handlungen. Für alle Krimifans eine lohnenswerte Anschaffung zur unterhaltsamen Lektüre zwischendurch. Die Highlights bilden die Geschichten "Halt, Polizei!" und "Nur fünf Minuten".

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