19. Juli 2012

Nachtprinzessin- Sabine Thiesler

Produktinfos:

Ausgabe: 2011
Seiten: 576
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Die Autorin:

Sabine Thiesler studierte Germanistik und Theaterwisenschaften und arbeitete als Bühnenschauspielerin, ehe sie Schriftstellerin wurde. Neben "Der Kindersammler" verfasste sie auch einige Theaterstücke und schrieb Drehbücher für Fernsehserien wie "Tatort" und "Polizeiruf 110". Andere Werke sind "Hexenkind" und "Die Totengräberin".

Inhalt:

Matthias von Steinfeld führt in Berlin nach außen hin das beneidenswerte Leben eines erfolgreichen Immobilienmaklers. Er verdient sehr gut und stammt aus angesehener Familie, hat ein enges Verhältnis zu seiner alten Mutter und tritt selbstsicher und weltgewandt auf - dass er geschieden ist und zu seinem halbwüchsigen Sohn ein etwas schwieriges Verhältnis hat, scheinen die einzigen negativen Punkte zu sein.

Zur gleichen Zeit treibt ein Serienmörder in Berlin sein Unwesen. Seine Opfer sind junge Männer, die sich offenbar auf homosexuelle Spielereien einlassen und dann mitten im Akt grausam von ihrem Liebhaber ermordet werden. "Nachtprinzessin" nennt sich der Täter, der seine Opfer qualvoll mit einem teuren Seidenschal stranguliert.

Niemand ahnt, dass die "Nachtprinzessin" die düstere Seite des eleganten Matthias von Steinfeld ist. Als seine Mutter einen Schlaganfall erleidet und ins Pflegeheim muss, gerät sein Leben aber aus den Fugen. Es zieht ihn in die Toskana, wo er in einem abgelegenen Dorf Ruhe und Erholung sucht. Doch auch hier tötet die Nachtprinzessin wieder, was sie begehrt und zu lieben glaubt ...

Bewertung:

Mit "Nachtprinzessin" wandert Sabine Thiesler in ihrem neuesten Roman auf bewährten Pfaden: Wieder einmal spielt die Handlung sowohl in Deutschland als auch zu großen Teilen in der beschaulichen Toskana, wieder einmal weiß der Leser sehr früh, wer der Täter ist und kennt das Motiv und wieder einmal ist auch der italienische Inspector Neri als sympathische Randfigur mit von der Partie. Obwohl die Werke der Autorin alle unabhängig voneinander zu lesen sind, gibt es doch kleine Querverbindungen und interne Anspielungen - und hier werden einmal ganz konkret drei Morde angesprochen, die in den vergangenen Bänden thematisiert wurden. Für Kenner aller Bücher ist das amüsant, wer die anderen Werke nicht kennt, dem wird hier allerdings ein bisschen zu viel verraten.

"Nachtprinzessin" ist sicher nicht das beste Werk von Sabine Thiesler, vor allem an den beklemmenden Krimi-Erstling "Der Kindersammler" reicht dieser Roman bei Weitem nicht heran. Zunächst aber zu den positiven Aspekten: Wie alle Werke Thieslers liest sich auch dieser Roman trotz des nicht unerheblichen Umfangs sehr flott. Auch bei Lesepausen findet man sehr schnell wieder in die Handlung hinein und muss sich auch nicht sonderlich konzentrieren, um allen Strängen folgen zu können. Auf dem Kriminalbuchsektor ist es sicherlich immer noch eher ungewöhnlich, den Leser den Mörder von Anfang an kennen zu lassen (wenn sich dies in den letzten Jahrzehnten auch zunehmend häuft). Spannungsarm ist das Buch dennoch nicht, aus mehreren Gründen: Es ist nicht unbedingt vorhergesagt, dass der Mörder am Ende gefasst und bestraft wird, Sabine Thiesler wählt mitunter durchaus ungewöhnliche Ausgänge für ihre Werke. Generell ist es recht interessant zu verfolgen, wie die Ermittlungen verlaufen und wie die Polizei möglicherweise Matthias von Steinfeld auf die Spur kommt. Auch wer alles zu seinen Opfern gehören wird, ob vielleicht endlich einer der jungen Männer entkommen kann ist eine Frage, die sich der Leser stellt. Wie üblich sympathisch ist Inspector Neri, der auch in anderen Thiesler-Krimis auftauchte. Neri leidet unter seiner zänkischen Schwiegermutter und den Vorwürfen seiner Ehefrau Gabriella, die sich nicht damit abfinden kann, dass ihr Mann aus Rom in die Provinz versetzt wurde. Typisch für Neri ist, dass er fleißig und scharfsinnig an den Fällen arbeitet und dass dann doch andere die Lorbeeren dafür einheimsen - man darf gespannt sein, wie es sich diesmal verhält. Zudem wird in diesem Roman sein Privatleben stärker als sonst thematisiert.

Das alles kann aber nicht dauerhaft von den Schwächen ablenken. Vor allem die Hauptfigur Matthias von Steinfeld ist nicht wirklich überzeugend gelungen. Er ist keine Sympathiefigur und das nicht nur wegen seiner Morde. Zugleich ist er auch nicht wirklich charismatisch oder faszinierend, wie vielleicht ein Hannibal Lecter, was fehlende Sympathie vielleicht ausgleichen könnte. Es wird auch nie so ganz durchleuchtet, wie er sich zu diesem Serienmörder entwickeln konnte. Es gibt zwar ausführliche Rückblicke in seine Kindheit und Jugend, aber das schwierige Mutter-Sohn-Verhältnis erklärt zwar die Hass-Liebe zwischen den beiden, aber nicht, warum er junge Männer zu Tode quält. Generell sind die Täterfiguren in früheren Romanen interessanter und überzeugender gewesen und haben auch phasenweise Sympathie oder Mitleid beim Leser erwecken können, was hier fast komplett ausbleibt. Ein bisschen ärgerlich ist auch, dass er selbst wegen seiner Egozentrik sehr nachlässig agiert und absichtlich Spuren hinterlässt. Kurz darauf erkennt er sein Tun natürlich als viel zu leichtsinnig, was noch deutlicher macht, wie unrealistisch sein Verhalten war. Das Ende ist dann auch ein bisschen zu gerafft und komprimiert, als habe man schnell zum Schluss kommen müssen.

Fazit:


Im Vergleich zu den anderen Krimis der Autorin ein doch eher schwacher Roman, der vor allem an der zu oberflächlichen Hauptfigur krankt. Als leichte Unterhaltung geht das Werk in Ordnung, zumal es flüssig geschrieben und zwischendrin immer wieder recht spannend ist.

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