14. September 2012

Urmel fliegt ins All - Max Kruse

Produktinfos:

Ausgabe: 1995
Seiten: 158
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Der Autor:

Max Kruse ist einer der bekanntesten deutschen Kinderbuchautoren. Er wurde 1921 geboren. Seine Mutter ist die Schöpferin der Käthe Kruse Puppen. Seit 1958 widmet er sich der Schriftstellerei. Neben zahlreichen Kinderromanen verfasste er auch Reisebücher über Asien und Ägypten. Weitere bekannte Buchreihen von ihm sind u.a. "Lord Schmetterhemd", "Der Löwe ist los" und "Don Blech". Viele seiner Werke wurden von der Augsburger Puppenkiste verfilmt. http://www.max-kruse-urmel.de/

Vorgeschichte:

Auf der sonnigen Insel Titiwu leben Professor Habakuk Tibatong und sein Ziehjunge Tim Tintenklecks friedlich mit einer Gruppe Tieren, denen der Professor das Sprechen beigebracht hat. Um seinen Forschungen ungestört nachzugehen, hat er sich aus der Stadt Winkelberg auf die Insel zurückgezogen. Fehlerfrei spricht allerdings nur das mütterlich-energische Hausschwein Wutz, alle anderen Tiere besitzen einen kleinen Sprachfehler: Der freche Ping Pinguin, sein bester Freund Wawa, der Waran, der vorlaute Schuhschnabel Schusch und der melancholische See-Elefant Seele-Fant. Eines Tages strandet ein riesiges Ei auf der Insel, aus dem das Urmel schlüpft - ein saurierähnliches Wesen, das die Urzeit überdauert hat. Auch das Urmel lernt sprechen und muss von nun an besonders geschützt werden, damit es niemand einfängt - was schwierig ist, denn das Urmel hat vor allem Unsinn im Kopf.

Inhalt:

Eines Nachts ertönen auf der Insel Titiwu merkwürdige Geräusche und tags darauf finden sich unerklärliche Spuren. Des Rätsels Lösung ist ein Raumschiff vom Planeten Futura. Der Außerirdische ist ein freundliches, zierliches Männchen mit einem überdimensionalen Kopf. Er stellt sich als Otto vor, der der Neschnem-Rasse angehört, einer weiterentwickelten Menschenform. Die Neschnem sprechen die menschliche Sprache rückwärts, aber ein Übersetzungs-Computer sorgt für reibungslose Verständigung zwischen ihm und den Titiwu-Bewohnern.

Neschnem-Kopf Otto möchte den Professor und die anderen Inselbewohner zu einem Besuch auf Futura einladen. Durch seine Nachforschungen weiß er, dass der Professor mit seinem Forscherdrang und seiner zugleich diskreten Art ideal geeignet ist. Außerdem will man auf Futura natürlich das Urmel sehen. Der Professor ist begeistert und schon bald fliegen er, Tim Tintenklecks, Urmel und die skeptische Wutz, Schusch, Wawa und Ping Pinguin nach Futura, mit einem kurzen Zwischenstopp auf dem Mond.

Futura ist eine weiterentwickelte Form der Erde. Die Neschnem-Köpfe sind alle, wie Otto, überaus intelligent, dafür körperlich recht schwach. Zahlreiche Roboter und Maschinen übernehmen die meisten Arbeiten. Aus Umweltliebe ernähren sie sich von Tabletten statt von Tieren oder Pflanzen. Es gibt allerdings auch noch die Rasse der Neschnem-Bäuche. Bei ihnen ist der Kopf unterentwickelt, dafür haben sie einen riesigen Bauch. Sie sind dumm, aber reich durch das Erbe ihrer Vorfahren und gefräßig. Otto und seine neuen Freunde ahnen nicht, dass es speziell zwei der Neschnem-Bäuche auf das leckere Fleisch von Urmel und Wutz abgesehen haben, da sie die Fleischersatz-Produkte leid sind und einen teuflischen Plan schmieden ...

Bewertung:


Der zweite Urmel-Band ist einer der abenteuerlichsten, schließlich spielt er auf einem fernen Planeten. Dazu kommt, dass er auch einer der dramatischsten ist, denn Urmel und Wutz werden ganz konkret bedroht und entkommen nur knapp dem Kochtopf. Die Reise durchs Weltall ist für Kinder eine sehr aufregende Lektüre und zugleich auch ein wenig lehrreich. Am Rande wird etwa die Schwerkraft thematisiert, die Tatsache, dass sich die Erde um die Sonne dreht, auch wenn es einem umgekehrt vorkommt und Kinder verstehen, was es damit auf sich hat und warum Astronauten Raumanzüge tragen müssen. Auch über den Mond gibt es ein paar Informationen und die Suche nach dem dort plötzlich verschwundenen Urmel sorgt für einen ersten dramatischen Höhepunkt.

Die Idee des Planeten Futura ist charmant. Die Neschnem-Köpfe sind eine friedliche Rasse, hochintelligent, bescheiden und immer dabei, neue technische Errungenschaften zu entwickeln. Otto ist eine liebenswerte Figur und von Anfang an eine Vertrauensperson. Die Schilderung von Futura liest sich amüsant und erinnert ein wenig an die Zeichentrickserie "Die Jetsons". Die Bewohner müssen kaum noch die Häuser verlassen und reisen mit fliegenden Untertassen umher, Roboter wie die zweiköpfige, sechsarmige Haushälterin Annim erledigen alle Hausarbeiten.

Parallel zu den Erkundungen der Titiwu-Bewohner schaltet die Handlung immer wieder zu dem Neschnem-Bauch-Ehepaar Boban und seiner Gattin Arabrab. Die beiden verbringen ihre Zeit vor allem damit, in überdimensionalen Sesseln zu liegen und dabei zu essen und fernzusehen. Als sie von der baldigen Ankunft der Titiwu-Bewohner erfahren, der alle auf Futura entgegenfiebern, kommt Ober-Bauch Boban ein teuflischer Gedanke: Er sehnt sich schon seit langem nach einem köstlichen Braten, ganz in dem Stil, den er zuletzt als Kind aß. Die Nahrung auf Futura wird künstlich hergestellt, Nutzvieh gibt es nicht mehr, allenfalls nur noch Schoßtiere. Sehr schön ist die kleine Lehre des Buches, dass man sich nicht auf Äußerlichkeiten und Oberflächlichkeiten bei seinem Urteil verlassen soll. Während alle anderen Otto sofort mögen, ist Wutz misstrauisch - allerdings wegen ziemlich oberflächlicher Gründe. Wutz ist eine Genießerin, der Essen sehr wichtig ist und dass Otto sich nur von Tabletten ernährt, findet sie äußerst merkwürdig. Für sie ist jemand, der so vergeistigt lebt nicht gerade vertrauenswürdig. Umgekehrt ist es Boban und seiner Gattin ein Leichtes, Wutz in die Falle zu locken und sie zu umschmeicheln. Leidenschaftliche Esser, die obendrein noch in Reichtum schwelgen und sich mit luxuriösen Kleidern und Schmuck umhüllen, sind ihr sofort sympathisch, ohne dass sie deren Charaktere weiter hinterfragt, mit fatalen Folgen.

Zu bemängeln gibt es an diesem Band kaum etwas. Wer den ersten Teil noch nicht gelesen hat, muss allerdings aufpassen, denn in den ersten Kapiteln werden mehrmals Anspielungen auf den Ausgang von Band 1 gemacht und können das Lesevergnügen trüben - also besser nicht mit diesem Band einsteigen, auch wenn es erst der zweite ist. Was vielleicht ein bisschen dick aufgetragen ist, ist die Schwarz-Weiß-Malerei. Es erscheint, als seien grundsätzlich alle Neschnem-Köpfe freundlich und anständig und alle Neschnem-Bäuche gefräßig und dumm. Eine Ausnahme bildet nur die kleine Tochter Alol von Boban und Arabrab, die viel lieber ein Kopf-Kind wäre. Zur Enttäuschung ihrer Eltern will sie nicht wirklich Fett ansetzen und beschäftigt sich am liebsten mit Büchern. Anhand von Alol sieht man zwar, dass die Neschnem nicht hundertprozentig an ihre Herkunft gebunden sind, aber sie ist eher die Ausnahme, die die Regel bestätigt und das macht die Einteilung in die "guten Köpfe und die bösen Bäuche" etwas zu simpel - auch wenn es am Ende, so viel sei gesagt, durchaus offensichtlich wird, dass man sich noch ändern kann.

Fazit:

Ein sehr schönes Kinderbuch für die Zielgruppe Grundschüler, das vor allem durch Humor und gelungene Charaktere besticht. Die Handlung ist zudem spannend und führt durch den Weltraum, ist auch etwas lehrreich und hat nur kleine Schwächen, die kaum ins Gewicht fallen.

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