23. Oktober 2012

Das Mädchen im Schnee - Maureen Jennings

Produktinfos:

Ausgabe: 2000
Seiten: 316
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Die Autorin:

Maureen Jennings wurde in Birmingham geboren und zog mit 17 mit ihrer Mutter nach Kanada. Sie studierte Philosophie, Psychologie und Englische Literatur. 1997 erschien der erste Roman der Detective-Murdoch-Serie, von der inzwischen mehr als ein halbes Dutzend Bände existieren.

Inhalt:

Toronto im Winter 1895: Am frühen Morgen wird in einem ärmlichen Viertel im Schnee die Leiche einer nackten, jungen Frau gefunden. Detective William Murdoch übernimmt die Ermittlungen. Bald steht fest: Die Tote war ein sechzehnjähriges Dienstmädchen namens Theresa Laporte, das im Haushalt des angesehen Dr. Rhodes und seiner Familie arbeitete. Tags zuvor war Theresa weggelaufen und hinterließ eine Notiz, wonach sie offenbar aus Heimweh zurück zu ihrer Familie aufs Land wollte.

Bei der Obduktion stellt sich heraus, dass Theresa schwanger war und erfroren ist - nachdem ihr jemand anscheinend gewaltsam eine Opiumspritze gegeben hat. Die Kleider wurden vermutlich nach ihrem Tod entfernt. Detective Murdoch befragt die Anwohner, vor allem die beiden Prostituierten Ettie und Alice, deren Haus am nächsten liegt. Die beiden streiten ab, etwas über den Fall zu wissen, aber Murdoch ahnt, dass sie etwas verbergen und möglicherweise wichtige Zeugen sind.

Murdoch sieht sich schwierigen Ermittlungen gegenüber: Niemand weiß, wer für Theresas Schwangerschaft verantwortlich sein könnte. Murdoch befragt die Männer in Dr. Rhodes Haushalt und schließt nicht aus, dass jemand aus der Familie für die Tat verantwortlich ist - sein Vorgesetzter allerdings wehrt sich gegen diesen Gedanken. Kurz darauf geschieht ein zweiter Mord und die Hinweise verdichten sich, dass der Täter aus höhergestellten Kreisen kommt - und dass er weiter morden wird ...

Schneeflöckchen, Weißröckchen ...


Maureen Jennings Debütroman ist zugleich der Start ihrer historischen Krimireihe um Detective William Murdoch, einen sympathischen Ermittler in Toronto, Ende des 19. Jahrhunderts. Der erste Band der Reihe liest sich bereits sehr routiniert geschrieben, wenngleich er noch nicht hochklassig zu nennen ist.

Der Fall ist recht undurchsichtig und schnell gibt es mindestens zwei Hauptverdächtige: Einmal Dr. Rhodes, der offenbar regelmäßig nachts außer Haus ist und einmal sein Sohn Owen, der für den Tatabend ein falsches Alibi angibt. Da die Tote schwanger war und niemand etwas von einem Geliebten bemerkte, liegt der Verdacht nah, dass ein Mitglied des Rhodes'schen Haushalts für die Schwangerschaft verantwortlich ist, ebenso die Opiumspritze als Tatwaffe - doch in diesen Kreisen ist es für Detective Murdoch alles als leicht zu ermitteln. Vor allem sein Vorgesetzter, mit dem ihn eine erwiderte Abneigung verbindet, sieht es äußerst ungern, dass Murdoch einer angesehenen Familie unangenehme Fragen stellt und ihre Alibis anzweifelt.

Murdoch selbst eine gelungene Ermittlerfigur, bei der schon im ersten Band klar wird, dass sie viel Potential für weitere Bände in sich birgt. Murdochs Privatleben wird zwar nicht zu ausgiebig thematisiert, aber es gibt doch einige interessante Anhaltspunkte - etwa der frühe Tod seiner Frau und sein Wunsch, sich nach der Zeit der Trauer erneut zu binden.

Während der Kriminalfall solide, aber nicht überragend ist, überzeugt der Roman vor allem in den Milieuschilderungen. Der Leser erhält ein detailgenaues Bild vom Toronto des ausgehenden 19. Jahrhunderts, insbesondere was die Armenviertel angeht. Auch in die zeitgenössische Ermittlungsarbeit gibt es interessante Einblicke. Obwohl das Dienstmädchen Theresa kurz nach Beginn der Handlung bereits tot ist, bekommt man durch kleine Rückblicke ein Bild von ihr - das Schicksal der jungen ermordeten Frau bewegt und auch einige der Nebencharaktere prägen sich dem Leser ein. Das gilt beispielsweise für den scheuen Stalljungen Joe, der in Theresa verliebt war und für den Bäcker Mr. Quinn, der immer wieder neue Hunde aller Größen in seiner kleinen Wohnung hält. Sehr sympathisch ist das auch das alte Ehepaar Kitchen, Murdochs Hauswirte, denen er regelmäßig Gesellschaft leistet. Die mütterliche Mrs. Kitchen und ihr schwindsuchtkranker Gatte unterhalten sich nicht nur gern mit dem Detective über seine Fälle, sondern geben auch den einen oder anderen scharfsinnigen Tipp.

Bei der Konstruktion des Kriminalfalls wäre sicherlich noch Luft nach oben gewesen. Zwar fügen sich am Schluss alle Fäden zusammen und der Täter ist auch nicht zu offensichtlich - doch der Zufall hilft am Ende ein bisschen zu sehr mit, das Finale verläuft erwartungsgemäß und mindestens einen verdächtigen kann man sehr schnell eliminieren, da er beinah schon zu gut ins Schema passt, um wirklich der Täter zu sein.

Fazit:

Gelungener Auftakt einer historischen Krimireihe, die noch Luft nach oben hat. Vor allem der Ermittler ist sympathisch und überzeugend, ebenso diverse Nebenfiguren, der Kriminalfall selbst ist solide, aber nicht höchstklassig.

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