4. Oktober 2012

Wahnsinn - Jack Ketchum

Produktinfos:

Ausgabe: 2009
Seiten: 352
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Der Autor:

Jack Ketchum, 1946 geboren, heißt eigentlich Dallas Mayr und arbeitete unter anderem auch als Schauspieler und Lehrer. "Beutezeit" ist sein Debütroman. Inzwischen hat er mehr als ein Dutzend Werke verfasst, die nach und nach auch ins Deutsche übersetzt werden sollen. 2006 erschien bereits bei Heyne Hardcore sein Roman "Evil", es folgten u.a. "Amokjagd" und "Beutegier".

Inhalt:

Schon als Kind zeigt Arthur Danse auffallend kriminelles Verhalten, angefangen bei Diebstählen und Feuer legen bis hin zu Vergewaltigungen als Student. Seine Eltern beschützen ihn jedoch von klein auf und sein gutes Aussehen und sein Charme sorgen dafür, dass er sich ein perfektes Image bewahrt. Nur Officer Ralph Duggan verdächtigt Arthur, ohne ihm aber jemals etwas nachweisen zu können.

Nach ihrer Scheidung lernt die Krankenschwester Lydia Arthur kennen. Schon bald heiraten sie und ihr Sohn Robert macht das Glück scheinbar perfekt. Dann aber entdeckt Lydia nach und nach die sadistische Ader ihres Mannes. Immer häufiger überredet er sie zu analem Verkehr und Sadomaso-Spielchen, auf die sie sich widerwillig einlässt. Schließlich eskaliert ein Streit und er verprügelt sie heftig.

Lydia reicht die Scheidung ein, verzichtet aber auf eine Anzeige, die Arthur ins Gefängnis bringen würde, um Robert nicht den Vater und die finanzielle Grundlage zu nehmen. Sie hofft auf einen Neuanfang, aber mit Robert gehen Veränderungen vor: Er wird zum Bettnässer, stottert und zieht sich immer weiter zurück. Nach einem der regelmäßigen Besuch bei Arthur dämmert Lydia ein furchtbarer Verdacht, was ihr Ex-Mann mit ihrem Kind anstellt - und sie muss verzweifelt feststellen, dass die Justiz nicht auf ihrer Seite ist ...

Mit dem Wahnsinn verheiratet

Harte, schonungslose Horror- und Thrillerkost ist das Motto der "Heyne Hardcore"-Reihe und auch das Metier von Jack Ketchum, von dem schon mehrere Bücher in dieser Sparte erschienen. Wie bei ihm üblich nimmt er kein Blatt vor den Mund, was explizite Schilderungen angeht. Gewalt ist ein dominierendes Medium in diesem Roman, der nichts für zartbesaitete Leser ist. Da sind zum einen die außergewöhnlichen Morde, die ein Serientäter an jungen Frauen begeht den Officer Duggart verzweifelt sucht. Die Opfer werden nicht nur mehrfach vergewaltigt, sondern auch an einen Baum genagelt und über Stunden gequält. Der Leser erlebt zwar keinen der Morde mit, bekommt aber die Folgen explizit geschrieben. Auch die Szenen, in denen es um Arthurs Missbrauch an seinem Sohn Robert geht und seine Brutalität gegenüber Lydia sind nichts für ganz schwache Nerven, wobei es sich aber definitiv um keinen Splatter handelt und die Schilderungen zwar hart, aber nicht penetrant wirken.

Die Handlung mischt Thrillerkost mit Familiendrama. Lydia muss erkennen, dass die Scheidung noch lange nicht ausreicht, um sich von Arthur zu befreien, tatsächlich geht erst jetzt der wahre Alptraum los. Der verängstigte Robert wagt es nicht, explizit seinen Vater als seinen Vergewaltiger zu nennen, zu sehr hat Arthur ihm eingebläut, in diesem Fall seine Mutter zu töten. Der Prozess gestaltete sich daher langwierig und unberechenbar - den heftigen Anschuldigungen und Gutachten steht der souveräne Arthur gegenüber, dessen gewiefter Anwalt mit dem Richter gut bekannt ist.

Für Spannung ist gesorgt, denn der Ausgang ist lange Zeit ungewiss, Hoffnung und Verzweiflung wechseln sich miteinander ab. Wer Ketchum ein bisschen kennt, der weiß, dass ein glücklicher Ausgang bei ihm nicht garantiert ist. Lydias Ohnmacht angesichts der Gesetzeslage und ihr Kampf gegen Windmühlen berühren den Leser, auch wenn weder sie noch die anderen Charaktere sonderlich ausgefeilt sind. Die Sprache ist sehr flüssig zu lesen, nichts Anspruchsvolles für literarische Gourmets, gewiss, aber frei von ärgerlichen Formulierungen oder überflüssigen Wiederholungen.
Trotzdem handelt es sich unterm Strich nicht um eines von Ketchums besten Werken, erst recht wenn man es mit seinem schockierenden und gleichzeitigen bewegenden "Evil" vergleicht. Zum einen wird die Mordserie nur am Rande thematisiert und geht angesichts der Hauptthematik sehr unter. So interessant sie anfangs wirkt, so belanglos ist sie letztlich im Kontext und wirkt fast wie nachträglich beigefügt.

Der größte Schwachpunkt ist das Ende. Hier überstürzen sich die Ereignisse und der Epilog lässt einige Fragen offen. Man kann Ketchum zwar zugestehen, dass er konsequent handelt und nicht davor zurückscheut, den Leser zu schocken und zu verstören - trotzdem lassen die letzten Seiten den Leser nicht unbedingt befriedigt zurück. Einige Geschehnisse wirken in der Kürze der Informationen nicht besonders realistisch, nähere Erläuterungen wären sehr wünschenswert gewesen, zu viel Spekulation schwebt im Raum. Zudem ist der Schluss einfach zu dick aufgetragen, Ketchum schießt dabei ein wenig über das Ziel hinaus, vielleicht in der Hoffnung, den Leser nachhaltig zu schockieren, erreicht aber eher, dass man gegen Ende ein wenig genervt reagiert.

Fazit:

Ein nicht unlesenswerter Roman, der Thriller und Familiendrama mischt und phasenweise berührt und verstört. Vor allem das Ende aber kann nicht recht zufrieden stellen lässt ein paar Fragen offen und kommt zu überhastet. Daher sicher keines von Ketchums besten Werken, für Freunde des Themas dennoch nicht schlecht.

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