25. Juli 2012

Geheimnis um einen unsichtbaren Dieb - Enid Blyton

Produktinfos:

Ausgabe: 2000
Seiten: 125
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Die Autorin:

Enid Blyton, geboren 1897 und gestorben 1968, war eine der erfolgreichsten Kinderbuchautorinnen der Welt. Sie arbeitete zunächst als Lehrerin, begann aber schon früh mit dem Schreiben. 1922 erschien ihr erstes Buch, im Laufe ihres Lebens sollten es mehr als 700 Werke werden. Zu ihren bekanntesten Buchreihen gehören "Hanni und Nanni", "Die fünf Freunde", "Dolly" und "Geheimnis um".

Zur Reihe:

Die sechs Spürnasen der "Geheimnis um"-Reihe sind fünf Kinder und ein Hund, die im kleinen Örtchen Peterswalde wohnen und gemeinsam in jeden Schulferien ein Verbrechen aufklären. Ihr Anführer ist Dietrich Kronstein, wegen seines leichten Übergewichts immer nur Dicki genannt, der sowohl intelligent als auch schlagfertig ist und später ein großer Detektiv werden will. Außerdem besitzt er ein erstaunliches Talent darin, sich zu maskieren. Zu seinen Freunden gehören zwei Geschwisterpaare, Rolf und Gina sowie Flipp und Betti. Die kleine Betti ist mit ihren neun Jahren die jüngste, aber sie will immer überall mitmischen und himmelt außerdem Dicki sehr an. Die sechste Spürnase ist Dickis Scotchterrier Purzel.

Der brummige Dorfpolizist Herr Grimm ist nicht gut auf die Kinder zu sprechen, die sich immer in seine Fälle einmischen und sie oft früher lösen als er. Weil er ihnen immer "Weg da!" zuruft, nennen die Freunde ihn heimlich "Wegda". Sein Vorgesetzter Jenks hingehen ist sehr angetan von den Leistungen der Nachwuchsdetektive und ermahnt Herrn Grimm zu dessen Frust oft, sie nicht zu unterschätzen. In späteren Bänden kommt noch Herrn Grimms Neffe Ern dazu, der die Ferien bei seinem Onkel verbringt. Ern leidet oft unter dessen Strenge, ist ein bisschen begriffsstutzig, dichtet in seiner Freizeit mäßige Gedichte und ist ein großer Bewunderer von Dicki.

Inhalt:

Die Spürnasen verbringen ihre Sommerferien in Peterswalde. Obwohl schon ein Teil der Ferien vorbei ist, ist noch nichts von einem neuen Geheimnis in Sicht, das sie lösen können. Zumindest ein bisschen Abwechslung bringt aber der Besuch von Inspektor Jenks im Ort. Seine Patentochter Hilary nimmt hier an einem Reitturnier teil und die Spürnasen treffen sich mit ihm auf ein Picknick.

Während des Turniers wird Inspektor Jenks aber überraschend abberufen: In einem Haus in Peterswalde ist eingebrochen worden und er eilt los. Kaum ist er weg, stellt sich heraus, dass es sich um Hilarys Haus handelt. Ihre Eltern sind derzeit verreist, nur ihre Haushälterin ist da und Dicki begleitet das verängstigte Mädchen nach Hause. Nachdem die Polizei gegangen ist, untersucht Dicki den Tatort. Die Haushälterin hat im ersten Stock ein hohles Husten gehört und eine Leiter am Haus gesehen und die Polizei gerufen. Der Dieb hat einige Wertsachen gestohlen und ist seltsamerweise spurlos verschwunden - die Haushälterin hat weder Treppe noch Leiter aus den Augen gelassen. Auffallend sind die großen Handschuh- und Fußabdrücke, die er hinterlassen hat.

Kurz darauf geschieht ein neuer Einbruch, diesmal in der Nachbarschaft der Spürnasen. Wieder hat niemand den Dieb weglaufen sehen und wieder deuten die Abdrücke auf einen sehr großen Mann hin. Wie schafft er es, stets ungesehen zu verschwinden? Die Spürnasen stürzen sich in die Ermittlungen ...

Bewertung:


Wie alle Bände der Geheimnis-Reihe bietet auch der achte Fall prima Unterhaltung ist ein lesenswerter Kinderkrimi. Besonders wichtig in diesem Band sind die Maskierungen, die auch in anderen Büchern immer wieder eine Rolle spielen, hier rücken sie noch mehr in den Mittelpunkt. Dicki nutzt sein unnachahmliches Talent wieder einmal, um Informationen einzuholen und nicht zuletzt, um Herrn Grimm ordentlich zu ärgern - in diesem Fall als scheinbar schwerhöriger Landstreicher, der immer nur dann etwas versteht, wenn er es verstehen will. Witzigerweise hat Herr Grimm zu Beginn der Handlung eine Fortbildung besucht, um sich selbst im Maskieren zu verbessern. Sehr überzeugt von seinem neu erworbenen Können setzt er es auch direkt ein. Dicki kann er damit nicht täuschen, die anderen Spürnasen aber zunächst schon - die allerdings halten ihn leider für den Täter und wundern sich, warum Herr Grimm so erbost reagiert, als sie ihm kurz danach telefonisch den Verdächtigen beschreiben ... Der Kriminalfall selbst ist nicht ganz so aufregend wie manch anderer Fall. Besser sind beispielsweise die Fälle, in denen die Spürnasen einem zu Unrecht Verdächtigen helfen, indem sie nach dem wahren Täter forschen, diese Fälle haben ein bisschen mehr Brisanz. Auch ist das Diebesgut nicht so spektakulär, es sind kleine Einbrüche, die natürlich für die Betroffenen schlimm sind, aber für den Leser waren andere Fälle dann doch aufregender.

Ein paar Schwächen hat dieser Band allerdings und gehört nicht zu den allerbesten der Reihe. Etwas seltsam und konstruiert ist der Anfang, als Dicki Hilary nach Hause begleitet. Inspektor Jenks hat sich zuvor verbeten, dass Dicki mit zum Tatort kommt, weil er das lieber der Polizei überlassen soll - da kommt es Dicki kurz darauf natürlich wie gerufen, dass Hilary in dem Haus lebt und er jetzt einen Vorwand hat, um dorthin zu gehen. Um der Polizei aber nicht begegnen und Ärger zu bekommen, warten sie im Stall bei Hilarys Pony, bis die Polizei weg ist. Soweit, so gut - es ist aber eigenartig, dass Inspektor Jenks einfach so wegfährt, anstatt entweder sein Patenkind vom Turnier abholen zu lassen oder am besten auf sie zu warten. Immerhin ist es ein Schock für das Mädchen, dass zuhause eingebrochen wurde und die Eltern sind verreist, da liegt es nah, dass der Patenonkel, der ja generell ein sehr korrekter und liebenswerter Mensch ist, sich um sie kümmert. Nicht ganz logisch ist außerdem, dass Hilary nach der Untersuchung des Hauses im Band überhaupt nicht mehr vorkommt. Die Spürnasen haben zwar nicht direkt Freundschaft mit ihr geschlossen, aber es wäre ganz schön gewesen, sie zumindest noch einmal kurz auftauchen zu lassen.

Empfehlenswert ist es außerdem, sich die alte Übersetzung zuzulegen, also keine der Ausgaben ab 2000 aus dem Klopp-Verlag. In der neuen Übersetzung fallen unnötigerweise häufiger Ausdrücke wie "Scheiße" und "verarschen", muss nicht sein bei einem Buch für Grundschüler. Die Neuübersetzung hat die Namen an das englische Original angelehnt, was an sich löblich ist - es war etwas übertrieben, die Bücher quasi nach Deutschland zu verlegen und so leben die Kinder in Peterswood statt in Peterswalde und heißen auch Larry oder Daisy statt Rolf und Gina. Allerdings war die neue Übersetzung seltsamerweise nicht wirklich konsequent - Dickis Hund heißt in der alten Auflage Purzel, in der neuen Scotty, im Original allerdings Buster und es bleibt offen, warum man nicht gleich den Originalnamen genommen hat. Schade ist auch, dass der Polizist Herr Grimm in der neuen Ausgabe von den Kindern, wenn sie unter sich sind, fast immer bei seinem richtigen Namen Goon genannt wird und nicht bei seinem Spitznamen "Wegda".

Fazit:

Unterhaltsames Krimiabenteuer für Kinder ab ungefähr acht Jahren. Nicht der beste Band der Reihe, dafür ist der Kriminalfall nicht aufregend genug, aber wie üblich sehr witzig und kurzweilig.

Apfeldiebe - Michael Tietz

Produktdetails:

Ausgabe: 2011
Seiten: 450
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Der Autor:

Michael Tietz ist ursprünglich Krankenpfleger und lebt mit seiner Familie im Schwarzwald. Sein erster Roman war der Thriller "Rattentanz". http://www.michaeltietz.net/

Inhalt:

Sommerferien in Roggendorf, einem kleinen Ort im Südschwarzwald. Der dreizehnjährige Alex entdeckt zufällig unter einer Burgruine ein altes Kellergewölbe. Es scheint der ideale Ort für ein Abenteuer. Am nächsten Tag will er mit seinem besten Freund Max das Gewölbe erkunden und Ritter spielen. Mit dabei ist auch Max' achtjähriger Bruder Timi. Dazu kommen noch durch Zufall zwei weitere Jungen aus dem Dorf - Kasimir, wegen seiner langen Haare und sensiblen Art oft "das Mädchen" genannt und der Außenseiter Rufus, der seit dem Selbstmord seiner Mutter nur Schwarz trägt und recht düster wirkt.

Das Gewölbe entpuppt sich als wahre Schatzkammer voller alter Waffen und Gefäße. Mehr noch: Verschachtelte Gänge führen in ein Labyrinth unter der Burg, das bisher offenbar noch niemand entdeckt hat. Vor allem Alex ist begeistert und nutzt den Ort für ein Ritterspiel und Verstecken. Stunden verbringen die Jungen hier unten mit Spielen, die sich teilweise in gefährlichen Ernst wandeln. Bevor Rufus und Kasimir endgültig verschwinden können, geschieht eine Katastrophe: Der Eingang wird durch Massen von Erde und Steinen verschüttet.

Die Jungen sind unter der Erde gefangen, ohne Chance sich auszugraben und nur noch mit wenigen Essensvorräten ausgestattet. Abends machen sich ihre Eltern auf die Suche - doch weder sie noch ihre Helfer ahnen, dass die Jungen bei der Burgruine gespielt haben. Nur einer könnte die Jungen dort bemerkt haben: Der alte Gernot Seiler, der sie in Richtung Burgruine ziehen sah. Der aber scheint sich nicht für das Geschehen im Dorf zu interessieren und niemand fragt ihn. Während die Jungen verzweifelt auf Rettung warten, spitzen sich unter der Erde die Konflikte immer weiter zu ...

Bewertung:

Es klingt ein bisschen wie eine klaustrophobische Version von "Herr der Fliegen", was Michael Tietz in diesem Thriller zusammenbastelt: Eine Handvoll unterschiedlichster Jungen, auf engem Raum zusammengepfercht, ihre einzige Hoffnung auf Rettung liegt in den Händen anderer und neben der Angst sorgen Konflikte untereinander für eine zunehmende Bedrohung.

Ein besonderer Reiz in der Situation liegt darin, dass die fünf Protagonisten eben keine Freunde sind, sondern dass von Anfang an Spannungen zwischen ihnen bestehen. Da ist Alex, der selbstbewusste Anführer, der gerne die Initiative übernimmt. Da ist sein Freund Max, ein schwer übergewichtiger Junge aus schwierigem Elternhaus, der seinen Frust gerne an Schwächeren auslässt - etwa an Katzenbabys oder an Kasimir. Seinen kleinen Bruder Timi schützt er, gleichzeitig aber erwartet er bedingungslose Loyalität von ihm. Kasimir ist für Alex und Max das verweichlichte "Mädchen", ein guter Schüler, von den Eltern geliebt und umsorgt, doch sehr empfindsam und ein willkommenes Opfer. Und dann ist da noch der geheimnisvolle Rufus. Keiner der anderen Jungen weiß, dass er seinen Bruder und seine Mutter jeweils durch Selbstmord verloren hat und diese schrecklichen Erfahrungen der Grund für seine düstere Aura und seine Todessehnsucht sind.

Die Charaktere sind allerdings auch nicht eindimensional oder statisch angelegt. Alex beispielsweise ist zu Beginn ein ziemlicher Unsympath, der sich gerne an den Hänseleien gegenüber Kasimir und Rufus beteiligt. Nach der Katastrophe allerdings bremst er seinen Freund Max, sieht seine eigene Teilschuld ein und sorgt für eine gewisse Beschwichtigung. Timi ist seinem großen Bruder Max zunächst treu ergeben und wagt nicht von seiner Seite zu weichen. Im Verlauf der Handlung allerdings begreift Timi trotz seines jungen Alters, dass Max ein ums andere Mal falsch und gefährlich handelt - und sucht die Nähe zu Kasimir. Max ist die obligatorische Zeitbombe in einer solchem Kombination. Anfangs vor allem durch seine Esssucht, später durch seinen Hang zum Sadismus charakterisiert. Später wird auch die Figur des Gernot Seiler intensiver beleuchtet. Anfangs erscheint er nur als knurriger Einzelgänger, der die Menschen im Dorf meidet und den Kindern wohl kaum eine Hilfe sein wird. Allmählich wird der Leser aber in seine Gedankenwelt geführt, in die Zeit nach dem Krieg, in die Zeit der ersten großen Liebe, die nicht wie erhofft endete und ihm immer noch nahe geht. Diese Passagen sind lang genug, um sich ein gutes Bild von Seiler machen zu können, aber nicht so lang, dass sie von der Haupthandlung ablenken.

Spannung bezieht der Roman vor allem aus zwei Komponenten: Zum einen natürlich die Frage, ob und wann und wie die Jungen gefunden werden. Der alte Seiler könnte etwas wissen, doch während die Suchmannschaften unterwegs sind, schwelgt er in melancholischen Erinnerungen über seine verlorene Liebe und ahnt den nahenden Tod, allein mit sich und seinem treuen Hund Hasso und auch zufrieden damit. Auch Alex' kleine Schwester Leni weiß von dem Vorhaben, doch tragischerweise hat er ihr zuvor streng verboten, darüber zu sprechen - aus Angst, die Eltern würden ihm dann sicher den Zutritt zum Gewölbe untersagen. Alex hat eine wirkungsvolle Drohung ausgesprochen, sodass sehr fraglich ist, ob Leni rechtzeitig mit dem Geheimnis heraus rückt.

Zum anderen aber gibt es neben der Sorge, ob den Jungen die Atemluft ausgeht oder sie verdursten die Befürchtung, dass es zu einem gefährlichen Streit kommt, vielleicht zu Handgreiflichkeiten mit ungeahntem Ausgang. Schon vor dem Einsturz ist klar, dass in Max ein Psychopath schlummert. Noch kann Alex ihn zurückhalten, doch angesichts der immer dramatischeren Umstände ist denkbar, dass Alex entweder doch wieder die Fronten wechselt oder Max durchdreht. Zudem geschieht recht bald nach dem Einsturz etwas, das dem Leser deutlich zeigt, dass der Autor zu düsteren Wendungen fähig ist und lange nicht gesichert ist, dass die Jungen alle oder auch nur manche von ihnen das Abenteuer überleben. Interessant ist auch das kurze Nachwort des Autors,

Schwächen gibt es in diesem eindringlichen, beklemmende und flüssig geschrieben Roman nicht viele. Etwas geschickter wäre vielleicht gewesen, Max nicht so schnell so psychopathisch darzustellen. Im weiteren Verlauf ist sein Verhalten glaubwürdig, nachdem die Jungen schon tagelang gefangen sind und man zudem einige Informationen über Max' Leben erhält. Es ist aber etwas dick aufgetragen, dass er schon so früh gewisse kaltblütige Gedanken hat, ein etwas langsamer Aufbau wäre ein bisschen reizvoller gewesen. Daneben erscheint es nicht immer ganz realistisch, zu welchen körperlichen und geschickten Leistungen die Jungen teilweise fähig sind, deren Altersspanne immerhin erst zwischen acht und dreizehn Jahren liegt - bei manchen Aktionen fühlt man sich schon ein bisschen an heldenhafte Abenteurer erinnert, so außerordentlich sind die Leistungen der entkräfteten Kinder.

Fazit:

Ein Thriller mit intensiver Atmosphäre und insgesamt gelungenen Charakteren, der von Anfang bis Ende fesselt. Der Roman ist sehr flüssig geschrieben, reißt mit und berührt. Die wenigen Schwächen sind nur kleine Schönheitsfehler, die unterm Strich kaum ins Gewicht fallen.

20. Juli 2012

Wer die Ruhe stört - Poppy Adams

Produktinfos:

Ausgabe: 2008
Seiten: 360
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Die Autorin:

Poppy Adams, Jahrgang 1974, studierte Naturwissenschaften und arbeite als Dokumentarfilmerin für BBC, Channel 4 und The Discovery Channel. Das vorliegende Buch ist ihr erster Roman. Sie lebt mit ihrer Familie in London.

Inhalt:

Die siebzigjährige Virginia Stone lebt von Geburt an auf Bulborrow Court, dem ländlichen Herrenhaus ihrer Eltern. Wie ihr Vater hat sie ihr Leben der Schmetterlingsforschung verschrieben. Clive Stone war ein ehrgeiziger Wissenschaftler, Mutter Maud eine naturverbundene Umweltaktivistin. Virginias jüngere Schwester Vivien hat das Elternhaus bereits in jungen Jahren verlassen und ist nach London gegangen.

Schon früher waren die Schwestern, obwohl eng befreundet, sehr gegensätzlich - Ginny die ordnungsliebende Forscherin, Vivi die impulsive Chaotin. Jetzt kommt Vivien überraschend nach Jahrzehnten wieder zu Besuch. Nach der ersten Wiedersehensfreude ist Virginia vor allem misstrauisch. Sie fühlt sich durch die Anwesenheit ihrer Schwester irritiert, zu sehr hat sie sich an die Einsamkeit gewöhnt und hasst jede Störung ihrer Ruhe.

Während Virginia über den wahren Grund der Wiederkehr ihrer Schwester nachgrübelt, versinkt sie in Erinnerungen an ihr Leben mit Vivien vor über vierzig Jahren. Sie erinnert sich an glückliche Tage in ihrer Kinderzeit und Jugend - aber auch an dunkle Familiengeheimnisse, die sie längst verdrängt geglaubt hat und die nie wieder an die Oberfläche kommen sollten ...

Bewertung:

Ein abgelegenes Herrenhaus, eine verschrobene Besitzerin und dunkle Familiengeheimnisse - dies sind die bewährten Zutaten, die sich Poppy Adams für ihren Debütroman zurechtgelegt hat.

Spannung auf mehreren Ebenen

Gleich mehrere Fragen fesseln den Leser, sowohl in der Gegenwart als auch im Handlungsstrang, der in der Vergangenheit spielt. Schon früh ist erkennbar, dass Virginia sich zwar über das Wiedersehen mit Vivien freut, dass aber auch Spannungen und viel Unausgesprochenes in der Luft liegen und es womöglich zu einem Streit mit ungewissem Ausgang kommen mag. Nach und nach wird das anfänglich gezeichnete Bild von der Idylle einer wohlhabenden Forscherfamilie zerstört, indem immer mehr Enthüllungen aus der Vergangenheit ans Tageslicht geholt werden. In ihrer Liebe zu Vivi verwickelt sich die junge Ginny in eine verhängnisvolle Aufgabe und man ahnt, dass das Vorhaben der beiden Schwestern ein böses Ende nehmen muss. Auch über dem Tod der Mutter liegt ein Schatten und Ginny muss sich nach all den Jahren mit einer möglichen neuen Ursache auseinander setzen.

Interessante Charaktere

Lange Zeit sind es vor allem die Gegensätze zwischen den Schwestern, die für Faszination sorgen. Da ist die lebhafte Vivien, stets unbekümmert und spontan, die eindeutige Anführerin, obwohl drei Jahre jünger als Virginia. Keine zehn Jahre ist sie alt, als sie beim Spielen von einem Glockenturm stürzt und nur knapp überlebt. Doch anstatt sich zurückzunehmen, bleibt sie ihrer energischen Linie treu, immer die ergebene Schwester im Schlepptau, die gar nicht auf die Idee kommt, der geliebten Vivi einen Wunsch abzuschlagen. Erfreulicherweise ist Virginia trotz dieser Ergebenheit alles andere als langweilig geraten. Schon früh entdeckt sie ihren Forscherdrang und eifert ihrem berühmten Vater nach. Stundenlang beobachtet sie Raupen und Schmetterlinge, katalogisiert sie, tötet sie zu Untersuchungszwecken. Was Vivien mit der Zeit öde wurde, bleibt bis an Virginias Lebensende ihre Leidenschaft. Auch dem Leser wird die bunte Welt der Schmetterlinge nahegebracht, immer wieder lässt sich Ich-Erzählerin Virginia zu kleinen Abschweifungen hinreißen, die nie ins Belehrende gleiten, sondern eindrucksvoll ihre Liebe zu dieser Wissenschaft unterstreichen.

Die Darstellung der Familienverhältnisse ist angenehm vielschichtig geraten. Anfangs erscheint das Bild harmonisch, doch allmählich beginnt es zu bröckeln. Maud Stone greift vermehrt zum Alkohol, was die entsetzte Virginia krampfhaft vor dem Rest der Verwandtschaft verbergen möchte; Vivien verlässt ihr Elternhaus und bricht mit dem Vater. Trotz der teilweise dramatischen Verwicklungen gibt es auch amüsante Szenarien, vor allem im Zusammenspiel mit Arthur, Vivis Freund und späterem Ehemann. Völlig ahnungslos steht er der Schmetterlingsforschung gegenüber und registriert erstaunt, wie intensiv sich sein Schwiegervater in spe mit dem scheinbar staubtrockenen Thema auseinandersetzt - während dieser nur über die naiven Äußerungen des Schwiegersohns müde lächeln kann.

Kleine Schwächen

Ein paar Mankos sind Poppy Adams bei ihrem Debüt dennoch untergekommen. Zum einen vermisst man ein wenig mehr Zeitgeist im Handlungsstrang der Vergangenheit. Die Schwestern werden in den turbulenten Vierzigerjahren geboren, doch von Krieg oder Nachkriegszeit ist nicht viel zu spüren; stattdessen macht die Handlung einen durchweg modernen Eindruck. Zudem kann das Ende nicht ganz die geweckten Erwartungen bestätigen. Die finale Wendung ist zwar schlüssig, lässt aber in der Umsetzung Atmosphäre vermissen und vor allem Virginia erscheint in ihren Handlungen seltsam steril. Aufgrund der vorherigen Enthüllungen und der sich stetig steigernden Spannung erhofft man sich unwillkürlich einen Knalleffekt am Schluss - aber vergebens, denn eine wirkliche Überraschung tritt nicht ein. Dafür verantwortlich ist

Fazit:

Ein solider Debütroman, der eine dramatische Familiengeschichte mit Thrillerelementen verbindet. Die Charaktere sind gut gelungen, die Handlung ist spannend inszeniert. Kleine Abzüge gibt es für das verhältnismäßig unspektakuläre Ende.

Solange du lügst - Sarah Waters

Produktinfos:

Ausgabe: 2003
Seiten: 624
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Die Autorin:

Sarah Waters wurde 1966 in Wales geboren. Sie studierte englische Literatur und schrieb ihre Dissertation über Homosexualität in der Literatur, was ihr häufig als Inspiration für ihre Werke dient. Mittlerweile erhielt sie zahlreiche Preise, z.B. den British Book Awards Author of the Year, den Crime Writers' Association Ellis Peters Historical Dagger, den Sunday Times Young Writer of the Year Award und war für den Booker Prize nominiert. Weitere Werke von ihr sind "Die Muschelöffnerin", "Die Frauen von London", "Selinas Geister" und Der Besucher.

Inhalt:

London um 1865: Die siebzehnjährige Susan Trinder ist eine Waise. Ihr Vater ist unbekannt, ihre Mutter wurde kurz nach Susans Geburt als Raubmörderin gehängt. Seither lebt Susan im Haus von Mrs. Sucksby, die Kinder aufnimmt und zu Dieben ausbildet. Die gestohlenen Wertgegenstände werden vom stillen Mr. Ibbs eingeschmolzen und zu Geld gemacht. Je älter Susan wird, desto offenkundiger wird die scheinbar grundlose Bevorzugung durch Mrs. Sucksby.

An einem Winterabend kommt Gentleman zu Besuch, ein junger Mann, den alle im Haus wegen seines guten Aussehens nur bei diesem Spitznamen kennen. Einmal im Jahr bringt er Diebesgut für Mr. Ibbs, doch diesmal legt er einen außergewöhnlichen Plan vor. Susan soll als Zofe bei der jungen Adeligen Maud Lily arbeiten und Gentleman dazu verhelfen, dass sie ihn heiratet. Die junge naive Frau lebt zurückgezogen mit ihrem alten Onkel und wird nach der Hochzeit ein großes Vermögen erhalten. Anschließend will Gentleman sie in ein Irrenhaus abschieben und das Vermögen mit Susan teilen.

Zögernd willigt Susan ein. Ihre neue Herrin entpuppt sich als scheues Mädchen, das Anwesen als düster, der Onkel als unfreundlich und dominant. Mit der Zeit entwickelt Susan eine Sympathie für Maud. Immer unwohler wird ihr bei dem Gedanken, die junge Frau zu hintergehen. Doch als es schließlich soweit ist, muss Susan erkennen, dass auch sie ein Teil einer Intrige geworden ist und weiß nicht, wem sie noch vertrauen kann ...

Bewertung:


Völlig zu Recht wurde Sarah Waters' Roman für den Booker Prize nominiert und erfüllt auch alle Erwartungen, die mit der Ankündigung einer Mischung aus Charles Dickens und Daphne du Maurier geweckt wurden.

Spannend und wendungsreich

Das viktorianische Zeitalter ist seit jeher prädestiniert für düstere Handlungen voller Geheimnisse und unheimlicher Schauplätze. Der Leser wird zurückversetzt in eine Zeit der riesigen Herrenhäuser mit ihren steifen Herren und den ergeben Dienstboten, in die schmutzigen Straßen von London mit den elenden Armenvierteln, Waisenkindern und Diebesbanden, finsteren Spelunken, Droschken in engen Gassen, in die Zeit menschenunwürdiger Irrenhäuser und zweifelhafter Heilmethoden.

Gefesselt verfolgt man die Schicksale von Susan und Maud Lily: Man fragt sich, ob Susan ihre Rolle als Zofe glaubwürdig spielt oder ob sie vorzeitig als Hochstaplerin entlarvt wird, wie sie auf dem Anwesen von Maud Lily und deren Onkel aufgenommen wird, ob sie tatsächlich wie geplant das Vertrauen ihrer neuen Herrin gewinnen und sie zur Heirat mit Gentleman überreden kann und ob der Plan der beiden Gauner aufgeht, die junge Frau zu entmündigen und an ihr Vermögen zu gelangen. Bald gesellt sich der Zwiespalt von Susan hinzu, der mit der Zeit immer größer wird. Immer schwerer fällt ihr der Gedanke, Maud zu hintergehen, immer unsympathischer wird ihr dagegen ihr Verbündeter Gentleman, doch nach wie vor fühlt sie sich zu der Tat gezwungen, nicht zuletzt, weil sie ihre Ziehmutter Mrs. Sucksby auf keinen Fall enttäuschen will.

Als verspräche diese Handlung nicht ohnehin schon viel Spannung, werden die Ereignisse durch plötzliche Wendungen mehrfach auf den Kopf gestellt. Nach dem ersten Drittel wechselt die Erzählperspektive von Susan zu Maud um im letzten Drittel wieder zu Susan zurückzukehren. Vor allem im zweiten Teil werden viele vorherige Geschehnisse durch die neue Sichtweise relativiert und in ein gänzlich anderes Licht gestellt. Etliche Sätze erhalten eine neue Bedeutung, ebenso Mauds Onkel und seine akribische Bibliotheksarbeit, der Plot scheint sich in eine andere Richtung zu bewegen - doch auch diese ist noch nicht endgültig, wieder wird die Handlung durch eine Wendung gekippt, sodass man bis kurz vor Schluss nicht sicher sein kann, wem man in diesem Werk trauen kann und wer am Ende triumphieren wird. Trotz des kompliziertes Geflechtes, das die Lebensgeschichten der Hauptfiguren Susan und Maud mit einschließt, verliert die Autorin nicht den Überblick, sondern fügt alle Fäden folgerichtig zusammen und zwar so verständlich, dass auch dem Leser keine offenen Fragen mehr bleiben.

Gelungene Charaktere

Im Mittelpunkt steht die Diebin und Betrügerin Susan, die zwar einerseits Sympathien erweckt, aber alles andere als eine strahlende Heldin ist. Auch wenn sie zunächst zögert, in Gentlemans kaltblütigen Plan einzustimmen, so überwiegt letztlich doch die Verlockung durch die versprochenen dreitausend Pfund, die an sie fallen und ihr ein neues, sicheres Leben ermöglichen sollen. Daran hält sie auch noch lange fest, als sie ihr Opfer näher kennengelernt hat und das Bedürfnis verspürt, die zarte, kindliche Maud zu beschützen. Obwohl Susan eine Betrügerin ist, fiebert der Leser mit ihr, bangt, ob ihre Tarnung standhalten wird oder nicht und ob sich ihre Zweifel ausweiten werden.

Maud Lily ist dagegen ein schwer durchschaubarer Charakter. Im Gegensatz zur abgehärteten Susan erscheint sie elfenhaft und kindlich, ein scheues Reh, das das Haus nicht verlässt und sich vor dem strengen Onkel fürchtet. Erst auf den zweiten Blick, sprich, wenn Maud selbst zu Wort kommt, erkennt man ihre Facetten, die dann umso mehr überraschen. Sie ist beileibe nicht so naiv, wie sie ausschaut, doch ebenso wie bei Susan verschwimmen die Grenzen zwischen Täter und Opfer und machen aus den beiden Figuren faszinierende Charaktere mit Tiefe, ohne an Plausibilität einzubüßen. Auf jeder Seite spürt der Leser die sich immer stärker ausbreitende Hassliebe zwischen den Frauen, schwankt dabei selbst, für wen er Partei ergreifen soll und vermag das Ende der Entwicklung nicht vorauszusehen. Schwer einzuschätzen sind auch die restlichen Charaktere, der düstere Onkel mit seiner Besessenheit für Bücher, der charmante Gentleman mit seinem durchtriebenen Plan, die alte Mrs. Sucksby, in der Susan einen Mutterersatz sieht und die auch so viel doppelbödiger ist, als man glauben mag.

Kaum Schwächen

Will man dem Buch überhaupt etwas ankreiden, dann ist es vielleicht die Komplexität der verschachtelten Handlung, ein Übermaß an überraschenden Wendungen, bei denen eine jede scheinbar versucht, die vorangegangene zu übertrumpfen. Die spektakulären Enthüllungen überschlagen sich gegen Ende beinah, dabei bietet die Handlung ohnehin schon genug unterhaltsamen Stoff. Zudem findet sich im ansonsten hieb- und stichfesten Plan Gentlemans ein kleines Logikloch, da - ohne zu viel verraten zu wollen - zwei Personen als Zeugen theoretisch ihm einen Strich durch die Rechnung hätten machen können. Dass sie nicht konsultiert werden ist eher Glückssache und konnte im Vorhinein nicht ausgeschlossen werden.

Fazit:

Ein durchweg spannender historischer Thriller voller Wendungen und Überraschungen bis zum Schluss. Das viktorianische Zeitalter bietet die perfekte Kulisse für geheimnisvolle Machenschaften und düstere Schauplätze. Die beiden Hauptfiguren faszinieren und überzeugen durch ihre Undurchsichtigkeit und facettenreichen Charakterzüge. Lediglich die übertrieben häufigen Wendungen fallen ein bisschen negativ auf.

Benjamin Blümchen als Zirkusclown

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Inhalt:

In Neustadt gastiert der Zirkus Karawani. Benjamin ist ganz begeistert vom bunten Clown Pippo. Er möchte unbedingt selbst ein Clown werden, denn er findet seine graue Farbe viel zu langweilig. Karla Kolumna hilft ihm dabei, sich zu maskieren. Jetzt trägt Benjamin einen bunten Anzug, einen Hut mit Blume und hat ein geschminktes Gesicht. Ganz begeistert macht sich Benjamin mit Otto auf zum Zirkus.

Clown Pippo lobt Benjamins Kostüm und bietet ihm an, als "Benjamino Blümeroni" an der Kasse die Besucher zu begrüßen. Außerdem lernen Benjamin und Otto die kleine Kaja kennen, die in der Vorstellung als Tanzbär verkleidet auftritt, und auch Karla besucht die Vorstellung.

Benjamin und Otto finden die Zirkusvorstellung klasse. Ganz besonders macht ihnen der Auftritt von Pippo Spaß. Doch dann entdeckt Benjamin etwas, das alle Zirkusbesucher in große Gefahr bringen könnte - und das muss natürlich verhindert werden!

Bewertung:

Es ist nicht das erste Mal, dass ein Zirkus eine wichtige Rolle bei Benjamin spielt, man denke an den Zirkus Peperoni mit seiner großen Elefantenliebe Laila.

Lehrreich und spannend


Erfreulicherweise wird nicht außer Acht gelassen, dass ein kleiner Zirkus wie dieser hier nicht nur Freude bringt, sondern sich auch nur kleine Käfige für die Tiere leisten kann. Benjamin macht das traurig, obwohl er so ein großer Zirkusfreund ist. Auch Kindern gegenüber sollte man nicht verschweigen, dass es für die Tiere nicht gerade schön ist, eingesperrt zu sein, seien es nun Zirkustiere oder Haustiere mit viel zu wenig Auslauf. Daneben macht das Hörspiel Kindern sicher Lust auf eigene Verkleidungen, nicht nur als Clown und nicht nur zur Karneval, sondern einfach immer dann, wenn man mal Lust auf Abwechslung vom Alltag hat.

Für Spannung wird auch gesorgt durch den gefährlichen Zwischenfall während der Vorstellung. Hier muss Benjamin mal wieder den Retter spielen. Ein paar Minuten heißt es bangen, aber die kleinen Hörer wissen natürlich, dass bei Benjamin alles ein gutes Ende nimmt. Dazu lässt sich Benjamin etwas Originelles einfallen, um die Rettung möglichst unspektakulär zu gestalten, damit eine Panik verhindert wird. Dadurch wird die Rettungsaktion aus Sicht der Kinder eher lustig als dramatisch gestaltet.

Humorvolle Stellen


Auch wenn diese Folge recht albern geraten ist, gibt es ein paar witzige Stellen. Den Anfang macht Clown Pippo, der zunächst gar nicht glauben will, dass Benjamin ein richtiger Elefant ist. Stattdessen hält er ihn für einen verkleideten Menschen, der womöglich auch noch Werbung für einen Konkurrenz-Zirkus macht, und will, dass er sich dafür einen anderen Platz sucht. Eine andere witzige Szene ist Karlas Kennenlernen mit Katja, dem Zirkusmädchen, das in einem Tanzbärenkostüm auftritt. Natürlich hält Karla sie zuerst für einen echten Bären und glaubt, Otto, der mit ihr tanzt, sei in großer Gefahr. Nach der Auflösung bedauert sie dann, dass Katja nur verkleidet ist, denn zu schön wäre die Schlagzeilen gewesen, hätte Karla todesmutig den kleinen Otto gerettet ...

Gute Sprecher

Am markantesten ist wohl die Stimme von Wolfgang Ziffer als Clown Pippo. Seine hohe, krächzende Stimme ist prädestiniert für solche Rollen. Bekanntest ist er vor allem als Roger Rabbit, als Chihuahua Tito in "Oliver und Co" sowie als Flugsaurierkind Petrie aus "In einem Land vor unserer Zeit". Bei Bibi Blocksberg kennt man ihn außerdem aus der Märcheninsel-Folge, wo er das Rumpelstilzchen spricht sowie das Kleinkind Micky aus "Bibi als Babysitter". Die Stimme des Zirkusdirektors alias Eric Vaessen kennt man u.a. von Asterix-Hörspielen als Miraculix, als deutscher Sprecher von Ben Matlock, als leicht blasiertes Pferd Sternschnuppe in "Regina Regenbogen" und in ein paar der neuesten Folgen von Benjamin Blümchen als neue Stimme von Herrn Tierlieb.

Mehrere Schwächen

Vor allem in der zweiten Hälfte wird die Folge zunehmend albern. Natürlich ist es nicht leicht, eine Clownvorstellung rein akustisch zu vermitteln. Trotzdem nervt es, dass Pippo vor allem über seine Füße stolpert, was das Publikum bereits zu Lachstürmen veranlasst, und mit hoher Babystimme nach "Schnulli", einem Plastikentchen, ruft. Benjamin mischt sich dann in dieses Spiel ein, ebenso albern, mit einer wasserspritzenden Blume, alles ganz auf Vorschulkinder zugeschnitten. Ein bisschen mehr Mühe mit Pippos Auftritt hätte man sich schon machen können. Für die Handlung wäre außerdem schöner gewesen, wenn Benjamin ganz offiziell beim Zirkus mitgewirkt hätte, das entspricht auch eher den Erwartungen. Hier springt er nur als Ablenkungsmanöver ein, dabei hätte man sein Auftreten als Clown gut ausbauen können.

Fazit:

Eine zwar empfehlenswerte, aber nicht mehr als durchschnittliche Folge. Für Kinder ist der Lernfaktor interessant, und die Kleinsten werden gut unterhalten, für ältere Hörer ist ein Großteil sicher etwas zu albern, vor allem die Zirkusvorstellung selbst hätte man besser gestalten können.

Sprechernamen:


Benjamin Blümchen: E. Ott
Otto: K. Primel
Herr Tierlieb: H. Wagner
Karla Kolumna: G. Fritsch
Zirkusdirektor: E. Vaessen
Pippo: W. Ziffer:
Katja: V. Rückert
Erzähler: J. Nottke

Die drei Fragezeichen - Der Fluch des Drachen

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Inhalt:

Ein Kunde bringt eine auffallend schöne chinesische Vase mit einem weißen Drachen zum Schrottplatz. Mr. Johnson hat Streit mit seiner Verlobten und will ihr zur Versöhnung die Vase schenken, allerdings nicht auf direktem Weg. Stattdessen möchte er mit ihr am nächsten Tag den Gebrauchtwarenhandel besuchen, und dort soll sie die Vase selbst entdecken. Als Justus sie kurz danach Peter und Bob zeigen will, geschieht das Unglück - sie fällt herunter und zerbricht. Um das Missgeschick vor Onkel Titus, Tante Mathilda und Mr. Johnson zu verbergen, bleibt Justus nur eines - die Freunde müssen bis zum nächsten Tag einen identischen Ersatz finden.

Doch obwohl sie stundenlang alle Läden in Rocky Beach abklappern, finden sie keine ähnliche Vase. Als sie entmutigt zurück zum Schrottplatz kommen, fragt sie ein Kunde nach einer chinesischen Vase. Er reagiert sehr unfreundlich, als Justus und Onkel Titus ihm versichern, dass gerade keine solchen Vasen zu verkaufen sind. Am Abend sehen die Freunde zudem Skinny Norris auf dem Gelände herumschleichen, aber er kann entkommen.

Noch verwirrender wird es, als Bob im Internet ein Bild der Vase findet - als Mingvase der Schauspielerin Beverly Leung. Kurzentschlossen passen die drei Detektive den Star beim morgendlichen Joggen ab und erfahren, dass ihre Vase kürzlich gestohlen wurde. Hat die echte Mingvase etwas mit der von Mr. Johnson zu tun ...?

Bewertung:

Sie erinnert ein bisschen an alte Zeiten, diese Folge, denn auch früher stand häufig ein Gegenstand im Mittelpunkt der Geschichten, hinter dem sich weit mehr verbarg, als es zunächst den Anschein hat.

Solide Spannung

Die Handlung beginnt banal, und auch die "Ermittlungen" sind zunächst einfach nur privater Natur. Justus will verhindern, dass der Kunde von seinem Missgeschick erfährt, und rechtzeitig einen gleichwertigen Ersatz auftreiben. Das verspricht schon ein wenig Spannung, schließlich drängt die Zeit, und man drückt Justus die Daumen bei seiner Suche. Dann aber wird es mysteriös: Ein Fremder mit Prinz-Eisenherz-Frisur fragt gezielt nach der Vase, der Erzfeind der drei Detektive, Skinny Norris, schleicht auf dem Gelände herum. Als sie von dem Diebstahl erfahren, fragen sich die drei Jungs sogar, ob das gute Stück etwa die echte Ming-Vase war und nun in tausend Scherben zerbrochen ist. Und dann ist da noch die undurchschaubare Rolle des Kunden Mr. Johnson, der beteuert hat, dass die Vase bloß Liebhaberwert besäße - weiß er mehr über die Zusammenhänge, oder ist er tatsächlich ahnungslos? Die Ermittlungen laufen unter großem Zeitdruck, und dennoch sind die Erkenntnisse kaum vom Zufall abhängig, sondern fügen sich logisch zusammen. Zugegeben, die drei Fragezeichen haben in der Vergangenheit schon weit dramatischere Fälle gelöst - sei es, dass es um Entführungen oder scheinbare Geistererscheinungen ging. Doch es tut der Folge keinen Abbruch, dass es diesmal alles etwas harmloser zugeht, sondern fügt sich als angenehme Abwechslung ein - wäre ja auch übertrieben, wenn es bei den dreien immer nur Extremfälle gäbe.

Viel Humor

Gerade weil es sich um keinen so gefährlichen Fall handelt wie sonst oft, bleibt genug Raum für spaßige Situationen. Es ist ganz witzig, mal den sonst so souveränen Justus in Hektik zu erleben. Als Tante Mathilda ihn einmal nach dem Verbleib der Vase fragt, muss er sich spontan eine haarsträubende Ausrede einfallen lassen. Zu allem Überfluss nimmt Mathilda ihm die nicht nur ab, sondern lobt ihren Neffen auch noch überschwänglich für seine Reife und Umsicht, sodass Peter und Bob sich zu Recht das Lachen kaum verkneifen können. Ganz amüsant sind auch Peters Schwärmereien für die Schauspielerin Beverly Leung. Für kurze Zeit scheint er zu vergessen, dass die drei eigentlich gerade ganz andere Sorgen haben, und himmelt den Hollywoodstar an, was Justus und Bob etwas genervt zur Kenntnis nehmen. Schön für Fans ist die Anspielung "schreckensbleiches Nervenbündel" auf Skinny Norris, die man noch aus der uralten Folge "Das Gespensterschloss" kennt.

Gute Sprecher

Die drei Hauptsprecher machen ihre Sache wie immer hervorragend und so natürlich, dass man ihnen die Rollen voll abnimmt. Nett ist vor allem der kleine Kaugummi-Dialog, bei dem Bob und Peter, während sie ausharren müssen, über ihre Lieblingssorten reden, was beinah wie improvisiert klingt (was nicht auszuschließen ist). Karin Lieneweg spricht perfekt wie immer die resolute und zugleich herzliche Tante Mathilda. Hinter Onkel Titus alias Hans Meinhardt verbirgt sich der Physiker und Musikwissenschaftler Dr. Andreas Beurmann, seines Zeichens Ehemann von Heikedine Körting, der Regisseurin der Serie, der den netten Onkel seit vielen Jahren verkörpert. Lutz Herkenrath, der hier den Kunden Mr. Johnson spricht, hatte bereits in der Folge "Der geheimnisvolle Schlüssel" eine ganz ähnliche Rolle. Neben Auftritten auf der Theaterbühne und in Hörspielen kennt man ihn vor allem als Schauspieler in der Serie "Ritas Welt".

Kleine Schwächen

Es gibt grundsätzlich nur wenig bei dieser Folge zu bemängeln. Zum einen ist der Titel ungünstig gewählt, denn er verspricht etwas völlig anderes. Der Drache kommt nur in Form seines Abbildes auf der Vase vor, und um einen Fluch geht es erst recht nicht - im Gegenteil, der weiße Drache auf jener Vase gilt in China als Glückszeichen, was Mr. Johnson auch als Grund nennt, weshalb er ihn als gutes Omen für die bevorstehende Hochzeit hält. Cover und Titel erwecken auf den ersten Blick aber den Eindruck, es handele sich um eine der dramatischen Folgen wie "Der unheimliche Drache", in der es um Ungeheuer und dergleichen geht - und damit schadet man der Folge nur durch falsche Erwartungshaltung. Zweiter Punkt ist das etwas konstruierte Telefongespräch bei Skinny, das die drei heimlich mithören und aus dem sie falsche Schlüsse ziehen. Skinny macht eine Bemerkung, die eindeutig misszuverstehen ist, die aber im Nachhinein etwas albern und unrealistisch ist. Das Telefongespräch mit dem Töpfer Mr. Grogan ist leider ein bisschen leise und undeutlich geraten im Vergleich zum Rest des Hörspiels. Außerdem ist es etwas schade, dass der Hörer nicht miterlebt, wie Tante Mathilda von dem Missgeschick mit der Vase erfährt, denn genau darauf lauert man die erste Hälfte, letztlich erfährt man es aber nur indirekt über Justus.

Fazit:

Eine gute Folge mit viel Spannung und einigen witzigen Szenen sowie guten Sprechern. Die Folge ist harmloser als andere Episoden, aber dafür gut durchdacht und nur an einer kleinen Stelle ein wenig konstruiert. Irritierend sind allerdings der unpassende Titel und das Cover.

Sprechernamen:

Erzähler: T. Fritsch
Justus Jonas: O. Rohrbeck
Peter Shaw: J. Wawrczeck
Bob Andrews: A. Fröhlich
Tante Mathilda: K. Lieneweg
Onkel Titus: H. Meinhardt
Skinny Norris: A. von der Meden
Beverly Leung: S. Stangl
Thomas Johnson: L. Herkenrath

Die drei Fragezeichen - Das brennende Schwert

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* * * * *
Inhalt:

Onkel Titus wird zu einer Testamentsvollstreckung geladen. Er ist sehr überrascht, denn er hat den verstorbenen Billy Ford kaum gekannt und ihn seit zwanzig Jahren nicht mehr gesehen. Noch seltsamer ist, dass Onkel Titus nur einen Glasstein erhält, den er laut beiliegendem Brief an einen gewissen "Beany" weitergeben soll, dessen Name ihm jedoch nichts sagt. Daher beauftragt er Justus und seine Freunde, diesen "Beany" zu finden.

Am nächsten Tag stößt Bob auf einen Zeitungsartikel, in dem steht, dass in dem Haus des Verstorbenen eingebrochen wurde. Außerdem stellt sich heraus, dass Billy Ford seit über dreißig Jahren einen falschen Namen trug und früher in Afrika lebte - die drei Detektive wittern nun endgültig ein Geheimnis. Über den Notar hoffen sie, die Adressen der beiden anderen Erben herauszufinden. Der jedoch wurde kurz zuvor in seiner Kanzlei überfallen, und ausgerechnet die Akten zu Billy Ford sind verschwunden. Per Telefonlawine finden die drei Detektive die zweite Erbin, die ebenfalls einen wertlosen Gegenstand weitergeben sollte.

Ehe Justus, Peter und Bob zu diesem Benjamin Whitehead fahren können, wird ihnen der Stein aus der Zentrale gestohlen. Mr. Whitehead entpuppt sich tatsächlich als der gesuchte Beany. Er erklärt, dass die drei Gegenstände gemeinsam ein Schwert ergeben, das aus Afrika stammt und keinen großen Wert besitze. Kurz darauf überschlagen sich die Ereignisse, als ein anonymer Anrufer den Aufenthaltsort des Steines nennt und eine gefährliche Sekte ins Spiel kommt, für die das Schwert eine besondere Bedeutung besitzt ...

Bewertung:

Es ist nicht das erste Mal, dass die drei Fragezeichen sich mit einem Testament befassen müssen. Auch in "Die gefährliche Erbschaft" und "Der Fluch des Rubins" haben sie es, wenn auch dort noch in größerem Maße, mit einem außergewöhnlichen Letzten Willen zu tun.

Viele offene Rätsel

Schon allein die Suche nach dem ominösen "Beany" wirft Fragen bei den drei Detektiven auf. Da Onkel Titus sich nicht an ihn erinnern kann, muss es sein sehr flüchtiger Bekannter sein. Auch dass er überhaupt als Erbe bzw. Bote von Billy Ford eingesetzt wurde, ist merkwürdig, schließlich bestand seit vielen Jahren kein Kontakt mehr zwischen ihnen. Noch seltsamer ist, dass der Verstorbene die Gegenstände nicht direkt an Beany vermachte, sondern diesen außergewöhnlichen Weg wählte. Justus, Peter und Bob begnügen sich nicht mit Mr. Whiteheads Begründung, dass Billy Ford einfach ein Spaßvogel war, sondern vermuten einen tieferen Sinn dahinter - und das mit Recht. Auch das Schwert muss eine weitere Bedeutung besitzen, denn ansonsten würden die Gegenstände nicht gestohlen werden.

Die Sekte bringt eine besondere Brisanz in den Fall, denn ihre Mitglieder sind höchst gefährlich und schrecken vor kaum einer Möglichkeit zurück, ihre Gegner auszuschalten. Eine besonders nervenaufreibende Situation ergibt sich, als sich die drei Detektive in das Haus der Sekte einschleichen und ständig Gefahr laufen, entdeckt zu werden. Fraglich ist auch, wer hinter dem anonymen Anruf steckt, denn es könnte sowohl jemand sein, der ihnen helfen will, als auch jemand, der sie versucht, in eine Falle zu locken. Die drei Detektive können sich kaum sicher sein, wem zu trauen ist und wie sie sich vor Verfolgern und Beobachtern schützen können.

Überwiegend gute Sprecher

Die drei Hauptsprecher überzeugen mal wieder auf ganzer Länge, aber auch die wichtigen Nebenrollen sind gut besetzt. Das gilt vor allem für Mr. Whitehead, der von Schauspieler Uwe Friedrichsen gesprochen wird und ihm eine ausdrucksstarke, leicht raue Stimme verleiht, der man gern zuhört. Sofern man Friedrichsen nicht als Schauspieler kennt, mag einem seine Stimme als Perry Rhodan in den gleichnamigen Hörspielen begegnet sein. Eine gute Leistung liefert auch Helgo Liebig als Notar Mr. Robinshaw ab. Seine Stimme kennt man u. a. als Sprecher von He-Man in der TV-Serie. Wie immer ideal für ihre Rolle ist Katrin Liebeweg als energische und zugleich liebenswerte Tante Mathilda. Die Rollen der Sektenmitglieder sind dafür weniger gelungen, was allerdings auch an den gestelzten Dialogen liegt.

Ein paar Schwächen


Mit 74 Minuten ist die Folge sehr lang geraten, was man leider auch bei der Umsetzung merkt. Einige Straffungen hätten der Handlung nicht geschadet. Das gilt vor allem für den Schluss. In aller Seelenruhe erklärt Bob seinen Freunden die Hintergründe, extra ausführlich, damit die Hörer einen kompletten Durchblick erhalten. Dabei wäre es aber sehr angebracht gewesen, das Ende ein bisschen zu raffen, allein schon, weil es unrealistisch ist, dass Bob seinen Freunden nicht sofort das Wichtigste erzählt, sondern sich so viel Zeit für eine chronologische Erläuterung nimmt.

Dazu kommt eine detaillierte Rückblende, die zwar für Überraschungen sorgt, aber durch ihren Umfang das Tempo aus der Handlung nimmt. Gerade weil man gespannt ist auf die Wendungen, die eine völlig neue Sicht auf die Geschehnisse werfen, stört es, dass diese Enthüllungen so langsam offenbart werden. Die Handlung an sich hätte man sehr spannend gestalten können, die langen und zahlreichen Dialoge aber bremsen diese Entwicklung immer wieder aus. Ein weiterer Schwachpunkt sind die recht unrealistischen, weil übertrieben inszenierten Sektenmitglieder. Sie sollen gefährlich erscheinen, wirken aber vor allem plakativ und klischeehaft. Auch ihre Sprecher sorgen nicht dafür, diese Schwächen zu überspielen.

Fazit:


Eine solide bis recht gelungene Folge, in der vor allem die erste Hälfte durch Spannung überzeugt. Im zweiten Teil merkt man die etwas ausufernde Länge des Hörspiels, und das Ende wird ebenfalls durch eine ausgedehnte Rückblende unnötig verzögert. Die Sprecher in den Haupt- und wichtigen Nebenrollen liefern eine sehr gute Leistung ab, sodass die Folge insgesamt zu den besseren der Serie gehört.

Sprechernamen:


Justus Jonas: O. Rohrbeck
Peter Shaw: J. Wawrczeck
Bob Andrews: B. Andrews
Onkel Titus: H. Meinhardt
Tante Mathilda: K. Lieneweg
Mr. Robinshaw: H. Liebig
Mr. Whitehead: U. Friedrichsen
Erzähler: M. Fuchs

Die drei Fragezeichen - Haus des Schreckens

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* * * * *
Inhalt:

Das düstere Marriot-Haus auf einer kleinen Insel ist regelmäßig der Schauplatz für schaurig-schöne Krimiveranstaltungen. Dabei verbringt stets eine kleine Gruppe von Besuchern die Nacht auf dem Anwesen und bekommt zunächst einiges über die Legende der Geister dieses Hauses erzählt. Einer der Teilnehmer erfährt, dass er als Täter ausgelost wurde, und einer ist das Opfer. Die Besucher werden über Nacht mit einem Notfallhandy allein gelassen und müssen nach dem fingierten Mord den Fall lösen. Da das Marriot-Haus unzählige verwinkelte Gänge, Zimmer und sogar Geheimgänge hat, in denen man sich verlaufen kann, wartet auf die Besucher eine große Herausforderung.

Justus, Peter und Bob wurden von dem Veranstalter Mr. Lowell engagiert, um stets abwechselnd Mörder und Opfer zu spielen. Dabei ist es ihre Aufgabe, die ganze Veranstaltung durch ihre Erfahrung mit Kriminalfällen noch spannender zu gestalten, ohne dass die restlichen Gäste ahnen, dass sie eingeweiht sind. Diesmal jedoch verläuft alles anders: Bob wird auf dem Weg zu seinem Zimmer hinterrücks niedergeschlagen, und das ihm anvertraute Notfall-Handy wird gestohlen. Irgendjemand hat zudem das Schloss der Eingangstür mit Sekundenkleber verschlossen, sodass alle gefangen sind.

Doch es kommt noch schlimmer: Als die drei Freunde alle Besucher zusammenrufen, fehlt einer der Gäste, der Musikproduzent Mr. Scavenger. Kurz darauf ertönen dumpfe Schläge, und sie sehen durch ein Glasfenster, wie der gefesselte und geknebelte Mr. Scavenger von etwa oder jemandem weggezogen wird. In der Gruppe bricht Panik aus: Stimmen die Geistergeschichten wirklich, oder erlaubt sich hier jemand einen bösen Scherz? Justus, Peter und Bob versuchen, das Rätsel zu lösen ...

Bewertung:

Das "Haus des Schreckens" ist eine Drei-Fragezeichen-Folge, die sowohl traditionelle Elemente der Reihe als auch ungewöhnliche Szenarien vereint. Deutlich anders als gewohnt ist auf jeden Fall der Einstieg in die Handlung. Viele der Geschichten nehmen ihren Anfang auf dem Schrottplatz von Justus' Onkel Titus, zumindest gibt es meist schnell eine Situation, die den dreien ihren neuen Fall zuspielt. Hier aber gibt es keinerlei einführende Informationen, und für Einsteiger ist die Folge daher nur bedingt geeignet. Stattdessen fahren Justus und Bob an der Küste vor, und der Hörer erfährt erst nach und nach, warum sie hier sind, mehr noch: Peter erscheint erst kurz darauf und verhält sich, als würde er seine beiden Freunde nicht kennen, und auch bis man erfährt, dass die drei in diesem Krimispiel eine besondere Rolle spielen und extra engagiert wurden, vergeht noch eine Weile. Der Fall wird den Freunden auch nicht wie sonst meist von außen zugetragen, sondern sie sind selbst unmittelbar beteiligt, da sie wie all anderen gefangen sind. Ganz traditionell ist dagegen das Rätselraten, denn die drei Freunde müssen unter anderem einige Botschaften entschlüsseln, die auf Geheimgänge verweisen, und diese Knobelspiele gab es bereits in den ganz frühen Folgen.

Spannung ist bis kurz vor Schluss gegeben, denn anfangs gibt es keinerlei Hinweise, was diese Geschehnisse bedeuten könnten - und wer dahinter steckt. Außer den drei Fragezeichen gibt es eine bunte Mischung an weiteren Gästen, und jeder von ihnen könnte darin verwickelt sein. Da ist einmal der energische und arrogante Mr. Nolan, der vom Detektiveinsatz der drei Jungen nichts hält, das Ehepaar Parsley mit der nervösen Mrs. Parsley, die einem Nervenzusammenbruch nah ist, der neugierige junge Mr. Kittle und die beiden jungen Frauen Shawne und Jaqueline. Manche von ihnen sind sympathisch, andere unsympathisch, aber eine Garantie gibt es nicht, wer von ihnen in das Verschwinden von Mr. Scavenger möglicherweise verwickelt ist. Auch wenn natürlich von Anfang an klar ist, dass hier keine Geister am Werk sind, ist die Atmosphäre durchaus unheimlich. Immer wieder erklingt ein undefinierbares Stöhnen, und die gruseligen Geschichten, die sich um das Gebäude ranken, tun ihr Übriges dazu. Die Auflösung kann man dann aber doch erahnen, kurz bevor Justus zu seiner Erklärung ansetzt. Auch wer hinter der Entführung steckte, wird noch etwas davor klar, obwohl da noch das Motiv nicht ersichtlich ist. Unwissenheit bis zur Auflösung ist hier also nicht gegeben, und ein bisschen enttäuschend ist das Motiv dann auch - der Aufwand ist ein bisschen zu groß dafür, dass der Initiator sein Ziel sicher auch auf anderem Weg erreicht hätte. Zudem ist es ein bisschen fragwürdig, ob es wirklich realistisch ist, dass Justus mit so wenigen Hinweisen auf die Lösung kommt. Der Titel ist außerdem ein bisschen plakativ und erinnert eher an einen seichten Horrorschocker.

Die Sprecher sind gut besetzt und geben keinen Anlass zur Kritik. Das gilt natürlich stets für die Sprecher der drei Fragezeichen, aber auch für die Nebencharaktere. Carin Abicht passt gut zur ständig zitternden Mrs. Parsley, die von Anfang an mit den Ereignissen überfordert zu sein scheint, Wilfried Hocholdinger spricht überzeugend den überheblichen Alexander Nolan, und Jörg Gillner gibt eine gute Vorstellung von Mr. Parsley, der seine Frau beruhigen muss - seine Stimme hat man auch bereits öfter in kleineren Rollen bei den drei Fragezeichen gehört, was auch für Peter Weis gilt.

Fazit:

Insgesamt eine gute Folge der drei Fragezeichen, die mal an einem anderen Schauplatz spielt und ungewöhnlich beginnt. Die Grundidee ist spannend und ein bisschen unheimlich, die Sprecher sind ausnahmslos gut besetzt. Das Ende kann dann nicht ganz den hohen Erwartungen entsprechen, trübt den prima Gesamteindruck aber nur wenig.

Sprechernamen:

Erzähler - Thomas Fritsch
Justus Jonas - Oliver Rohrbeck
Peter Shaw - Jens Wawrczeck
Bob Andrews - Andreas Fröhlich
Lloyd Scavenger - Stephan Benson
Jack Lowell - Siegfried Kernen
Alexander Nolan - Wilfried Hocholdinger
Jaqueline Williams - Henrike Fehrs
Ian Parsley - Jörg Gillner
Mary Parsley - Carin Abicht
Jasper Kittle - Peter Weis
Shawne Davison - Susanne Lothar

19. Juli 2012

Wirbel im Internat - Marie Louise Fischer

Produktinfos:

Ausgabe: 1971
Seiten: 102
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* * * * *

Die Autorin:

Marie-Louise Fischer, 1922-2005, zählt zu den bekanntesten Autorinnen Deutschlands. Sie studierte zunächst Germanistik, Kunstgeschichte und Theaterwissenschaften, ehe sie als Dramaturgin in Prag arbeitete. Mit 29 Jahren erschien ihr erster Roman. Seitdem verfasste sie mehr als hundert Bücher, vorwiegend Gesellschafts- und Frauenromane. Vor allem ihre meist mehrbändigen Mädchenromane wurden zu Klassikern innerhalb der Jugendbuchliteratur, z.B. die Reihen "Ulrike", "Klaudia" und "Michaela".

Inhalt:

Nach den Sommerferien kehren die Schülerinnen des vornehmen Mädcheninternats Schloss Hohenwartau in Bayern zurück. Für große Aufregung sorgt die Neuigkeit, dass ein neuer Lehrer angekommen ist. Dr. Herbert Jung ist ein attraktiver junger Lehrer, der Deutsch und Englisch unterrichten wird. Vor allem die Schülerinnen der 12. Klasse, die ihn in Deutsch bekommen, sind hingerissen und schwärmen für ihn. Seine Vorliebe für Tweedjacken bestimmt seinen Spitznamen - von nun an heißt er nur noch "Tweedy" bei den Mädchen.

Besonders stark erwischt hat es die hübsche Yvonne, die zuhause sehr verwöhnt wird und sehr selbstbewusst ist. Ihre beste Freundin Helga ist das genaue Gegenteil von ihr: Sie stammt aus einer kinderreichen Familie, die längst nicht so wohlhabend ist. Dafür ist Helga vernünftig und klug und trotz ihrer Gegensätze sind die Mädchen beste Freundinnen. Während Yvonne felsenfest davon überzeugt ist, dass Tweedy in sie verliebt ist, schwärmt Helga heimlich für ihn. Mit dem Verstand weiß sie zudem, dass sie wohl kaum eine Chance hat.

Helga bekommt allerdings Hoffnung, als Tweedy eines Nachmittags mit ihr spazieren geht und sich offensichtlich sehr für sie interessiert. Yvonne kontert mit einer Herausforderung zum Tennismatch, wo sie eine Annäherung versucht. Noch brisanter wird es, als Tweedy Helga am Heimfahrtswochenende mit dem Auto nach München fährt. Die einstige Freundschaft zwischen Helga und Yvonne bricht und es kommt zu einem heftigen Streit ...

Bewertung:


Im Gegensatz zu den meisten Internatsbüchern von Marie Louise Fischer stehen hier nicht 12-14-jährige Mädchen im Mittelpunkt, sondern 17-jährige Fast-Abiturientinnen, die im nächsten Band sogar volljährig sind. Dementsprechend ist auch der Tenor der Handlung nicht mehr ganz so unschuldig, sondern es geht eindeutig um Liebeleien und teilweise auch Interesse an Sex, wenngleich das Buch für heutige Verhältnisse immer noch recht brav daherkommt.

Helga ist sicherlich eine sehr sympathische Hauptfigur, wenn auch fast schon etwas zu perfekt. Sie hängt sehr an ihrer Familie mit den fünf jüngeren Geschwistern, ist fleißig und intelligent und bildet sich gleichzeitig nicht viel darauf ein. Wenn der Leser es einem der Mädchen gönnt, tatsächlich bei Tweedy Erfolg zu haben, dann gewiss ihr. Da Tweedys Verhalten nicht eindeutig ist, ist auch für Spannung durchaus gesorgt. Mal scheint es, als habe er mehr Interesse für Helga als es einem Lehrer zusteht, dann wieder verhält er sich völlig neutral. Die Freundschaft zwischen Yvonne und Helga bröckelt zusehends und junge Leserinnen bekommen hier demonstriert, dass man sich nicht in eine Schwärmerei hineinsteigern sollte wie Yvonne und es erst recht unsinnig ist, eine langjährige Freundschaft deswegen zu kündigen.

Allerdings verzeichnet das Buch auch einige Mankos, die es sogar schwächer als die Fortsetzung "Im Internat gibts keine Ruhe" machen. Dass die Afro-Amerikanerin Babsy wie selbstverständlich als "Negermädchen" bezeichnet wird, ist angesichts der Entstehungszeit nicht ungewöhnlich oder despektierlich gemeint. Störend ist aber der mehr oder weniger unterschwellige Rassismus, den manche Figuren ihr gegenüber haben und der zwar als negativ dargestellt, aber viel zu sehr übergangen wird. Da sind einmal Yvonnes Eltern, die es alles andere als gern sehen, dass ihre Tochter freudig ihre Klassenkameradin in der Oper begrüßt. Auch wenn sie Babsys Eltern als große Künstler anerkennen, ist eine "Negerin" nicht der Umgang, den sie sich für Yvonne wünschen und sie fühlen sich unwohl, in der Öffentlichkeit mit ihr gesehen zu werden. Hier wäre eine Szene nicht schlecht gewesen, in der Yvonne die Äußerungen ihrer Eltern mitbekommt und Babsy verteidigt, anstatt dass man die Bemerkungen einfach so stehen lässt. Beinah noch schlimmer ist die Reaktion der Erzieherin Fräulein von Zirpitz, "die Zirpe" genannt, die in die Prügelei zwischen Helga und Yvonne stößt. Sie missinterpretiert Babsys Versuch, die Mädchen zu trennen und ereifert sich, dass es sie am allerwenigsten wundere, ausgerechnet Babsy darin verwickelt zu sehen - offenbar hat sie eine grundlose heftige Abneigung gegen Babsy, die sich auf deren Hautfarbe bezieht. Und obwohl sicher niemand von Babys anwesenden Freundinnen so eine Bemerkung gutheißen kann, gibt es keine Reaktion von Seiten der Mädchen.

Erschreckend sind zudem manche Regeln im Internat. Als Helga nachts ihrer schlaflosen Freundin Yvonne ein Glas Wasser bringt und dazu kurz über den Flur ins Bad huscht, taucht gleich darauf die Erzieherin auf und durchleuchtet das Zimmer mit der Taschenlampe - man fragt sich unwillkürlich, ob es tatsächlich verboten ist, nachts auf Toilette zu gehen oder sich etwas zu trinken zu holen. In der Szene danach würde sich Helga gern zum Trost aufs Bett zu ihrer traurigen Freundin setzen - aber sie wagt es nicht, denn wer sich auf das Bett einer Kameradin legt oder auch nur auf deren Bettkante setzt, wird sofort aus dem Internat entlassen. Und so wagt es Helga selbst mitten in der Nacht nicht, sich auch nur für wenige Sekunden auf Yvonnes Bettkante zu setzen, da sie sonst erwischt werden und fliegen könnte, was auch angesichts der siebziger Jahre erschreckend prüde ist.

Zu guter Letzt ist das Verhalten der Mädchen, auch im direkten Vergleich zu anderen Charakteren der Internatsserien, zu übertrieben. Die immerhin fast erwachsenen Mädchen steigern sich von Anfang an extrem schnell in ihre Schwärmereien hinein. Sie wissen kaum etwas über den neuen Lehrer und träumen schon davon, von ihm als Partnerin erwählt zu werden. Eher komisch als realistisch sind ihre Aktionen, etwa wenn die immerhin verlobte Margot ein heimlich geknipstes Foto im Medaillon bei sich trägt oder Uschi einen Faden aus Tweedys Jacke stibitzt und als Reliquie aufbewahrt. "Tweedy" selbst verhält sich wiederum für einen Lehrer reichlich naiv und trägt durch sein Verhalten dazu bei, dass sich die Schwärmereien noch verstärken.

Fazit:

Ein recht schwaches Buch aus einer der vielen Internatsserien von Marie Louise Fischer, das ausnahmsweise vom Nachfolgeband übertroffen wird. Die Figuren sind zwar teilweise sympathisch und die Handlung ist überwiegend lehrreich. Allerdings gibt es auch zahlreiche übertriebene und unrealistische Stellen, vor allem in den Verhaltensweisen der Charaktere. Ein Buch, das man als Fan solcher typischer Mädchenromane ruhig lesen kann, das aber qualitativ hinter vielen anderen Büchern der Autorin zurücksteht.

Ohne jede Spur - Lisa Gardner

Produktinfos:

Ausgabe: 2011
Seiten: 544
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Die Autorin:

Lisa Gardner, Jahrgang 1971, schrieb zunächst eine Reihe von Liebesromanen, ehe sie auf das Thrillergenre umschwenkte. Sie lebt mit ihrer Familie in New Hampshire. Zu ihren Werken zählen u.a. "Der Schattenmörder", "Lauf, wenn du kannst" und "Kühles Grab".

Inhalt:


Sandy Jones und ihr Mann Jason sind auf den ersten Blick ein sehr adrettes Paar. Die junge und hübsche Sandy arbeitet als Lehrerin und ist bei Schülern wie Kollegen geschätzt und beliebt. Ihr Mann Jason ist Journalist, zusammen haben sie die süße Tochter Ree, die die Vorschule besucht. Als Jason frühmorgens von der nächtlichen Arbeit nach Hause kommt, ist Sandy spurlos verschwunden.

Die Polizei stellt sofort Untersuchungen an und die Ermittlerin Sergeant D.D. Warren stößt dabei auf einige merkwürdige Dinge: Das Haus ist übertrieben gegen Einbrüche gesichert und wirkt wie eine Festung. Jason Jones verhält sich seltsam teilnahmslos und verweigert die Kooperation. Obwohl die Joneses eine so ideale Familie zu sein scheinen, haben sie keine näheren Freunde.

Da keine Entführungsspuren gefunden werden, wird nicht ausgeschlossen, dass Sandy freiwillig verschwunden ist. Andererseits scheint es undenkbar, dass sie ihre kleine Tochter zurück gelassen hat. Die Polizei verfolgt mehrere Theorien - hat Jason Jones seine Frau ermordet? Oder ist der sexuell vorbestrafte Nachbar in das Verschwinden verwickelt? Und was hat die kleine Ree in der Nacht gesehen ...?

Bewertung:

Eine junge schöne Frau verschwindet spurlos - das hat man schon sehr oft im Thrillergenre erlebt. Lisa Gardner gelingt mit "Ohne jede Spur" eine recht originelle Umsetzung dieses Themas, denn hier ist nichts so, wie es zunächst erscheint.

Lange Zeit tappt der Leser im Dunkeln, ob es sich um eine Entführung, einen Mord oder ein freiwilliges Verschwinden handelt, wen man verdächtigen soll und was hinter allem steckt. Im Gegensatz zu den Ermittlern weiß der Leser dann recht früh zumindest, dass Jason seine Frau nicht ermordet hat und ihren Aufenthaltsort nicht kennt. Das allerdings nimmt kaum Spannung aus der Handlung heraus - denn zugleich erfährt man, dass Jason dennoch einige Geheimnisse hütet. Sehr reizvoll sind die immer wieder kursiv geschriebenen kurzen Passagen, in denen Sandra Jones rückblickend über ihre Ehe sinniert. Bald wird klar, dass die schöne Fassade der glücklichen Ehe wirklich nur ein Schein ist. Jason hat auch vor seiner Frau sehr große Geheimnisse, sie weiß nichts aus seiner Vergangenheit und er ist ihr in vielerlei Hinsicht ein Fremder. Obendrein wird angedeutet, dass Sandra auf dem Computer auf einen Hinweis gestoßen ist, dass ihr Mann in schreckliche Dinge verwickelt sein könnte. Was genau sie entdeckt hat, wird erst sehr spät verraten und hinter Jasons Geheimnisse kommt man ebenfalls erst am Schluss. Für den Leser ergibt sich ein ständiger Zwiespalt, wer von den Charakteren zu den guten und wer zu den bösen Figuren gehört - und allmählich wird immer deutlicher, dass man in diesem Roman vielleicht gar keine genaue Trennung zwischen Gut und Böse ziehen kann. Jason verhält sich ungewöhnlich teilnahmslos, was Sandys Verschwinden betrifft.

Andererseits scheint ihm seine kleine Tochter Ree alles zu bedeuten und sie schenkt ihm offenbar volles Vertrauen. Eine zwielichtige Gestalt ist auch der vorbestrafte Sexualtäter aus der Nachbarschaft - ein junger Mann, selbst kaum erwachsen, der Sex mit einer Vierzehnjährigen hatte und jetzt auf einer Stufe mit Pädophilen steht. Interessant sind die Einblicke in den Umgang mit vorbestraften Sexualtätern, über die strengen Auflagen bis hin zum Resozialisierungsprogramm. Es ist zwar klar, dass er nichts mit Sandys Verschwinden zu tun hat, aber man fürchtet zu Recht, dass er dennoch enorme Schwierigkeiten deswegen bekommen wird.

Bei allem Bemühen, den Thriller originell zu gestalten, ist die Autorin allerdings auch ein wenig über das Ziel hinausgeschossen. Zum einen erscheint es ziemlich unglaubwürdig, dass sich Sandy jahrelang damit zufrieden gibt, ihren Mann so wenig zu kennen - und das auch dann, wenn man in Betracht zieht, dass es keine klassische Liebesheirat zwischen ihnen war. Zum anderen ist das Ende recht hanebüchen geraten und wirkt ein bisschen wie ein actionlastiger Hollywoodblockbuster, der Glaubwürdigkeit ignoriert und stattdessen auf Effekte setzt. Der Schluss ist zu einfach und ein wenig zu konstruiert. Dazu kommt, dass die kleine Ree immer wieder zu reif für ihr Alter zu sein scheint, ein typisches Problem in solchen Romanen - wie andere Kinderfiguren auch nimmt Ree das Verschwinden ihrer Mutter zu gelassen und wirkt nur in seltenen Momenten wie ein kleines Mädchen. Man vermisst außerdem ein bisschen eine Identifikationsfigur. Jason Jones ist zu undurchsichtig; man weiß nicht, welche dunklen Geheimnisse er hütet und schwankt daher, ob man ihn sympathisch finden soll oder nicht. Auch die Ermittlerin D.D. Warren ist keine Figur, mit der man wirklich warm wird: Zu klein ist ihre Rolle, obgleich es bereits ihr dritter Fall in der Reihe ist und ihre ständigen Anspielungen auf ihre sexuelle Unbefriedigtheit nerven. Ein bisschen irritierend ist zudem die mehrfache Verwendung des Wortes "Päderast", wenn offenkundig "Pädophiler" treffender wäre.

Fazit:


Ein durchaus interessanter Thriller, der vom gängigen Schema abweicht und sich um Originalität bemüht. Er lässt sich leicht lesen und unterhält unterm Strich gut. Allerdings ist das Ende zu unglaubwürdig und aufgesetzt und es fehlt an einem Charakter, mit dem man sich wirklich identifizieren kann.

Nachtprinzessin- Sabine Thiesler

Produktinfos:

Ausgabe: 2011
Seiten: 576
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Die Autorin:

Sabine Thiesler studierte Germanistik und Theaterwisenschaften und arbeitete als Bühnenschauspielerin, ehe sie Schriftstellerin wurde. Neben "Der Kindersammler" verfasste sie auch einige Theaterstücke und schrieb Drehbücher für Fernsehserien wie "Tatort" und "Polizeiruf 110". Andere Werke sind "Hexenkind" und "Die Totengräberin".

Inhalt:

Matthias von Steinfeld führt in Berlin nach außen hin das beneidenswerte Leben eines erfolgreichen Immobilienmaklers. Er verdient sehr gut und stammt aus angesehener Familie, hat ein enges Verhältnis zu seiner alten Mutter und tritt selbstsicher und weltgewandt auf - dass er geschieden ist und zu seinem halbwüchsigen Sohn ein etwas schwieriges Verhältnis hat, scheinen die einzigen negativen Punkte zu sein.

Zur gleichen Zeit treibt ein Serienmörder in Berlin sein Unwesen. Seine Opfer sind junge Männer, die sich offenbar auf homosexuelle Spielereien einlassen und dann mitten im Akt grausam von ihrem Liebhaber ermordet werden. "Nachtprinzessin" nennt sich der Täter, der seine Opfer qualvoll mit einem teuren Seidenschal stranguliert.

Niemand ahnt, dass die "Nachtprinzessin" die düstere Seite des eleganten Matthias von Steinfeld ist. Als seine Mutter einen Schlaganfall erleidet und ins Pflegeheim muss, gerät sein Leben aber aus den Fugen. Es zieht ihn in die Toskana, wo er in einem abgelegenen Dorf Ruhe und Erholung sucht. Doch auch hier tötet die Nachtprinzessin wieder, was sie begehrt und zu lieben glaubt ...

Bewertung:

Mit "Nachtprinzessin" wandert Sabine Thiesler in ihrem neuesten Roman auf bewährten Pfaden: Wieder einmal spielt die Handlung sowohl in Deutschland als auch zu großen Teilen in der beschaulichen Toskana, wieder einmal weiß der Leser sehr früh, wer der Täter ist und kennt das Motiv und wieder einmal ist auch der italienische Inspector Neri als sympathische Randfigur mit von der Partie. Obwohl die Werke der Autorin alle unabhängig voneinander zu lesen sind, gibt es doch kleine Querverbindungen und interne Anspielungen - und hier werden einmal ganz konkret drei Morde angesprochen, die in den vergangenen Bänden thematisiert wurden. Für Kenner aller Bücher ist das amüsant, wer die anderen Werke nicht kennt, dem wird hier allerdings ein bisschen zu viel verraten.

"Nachtprinzessin" ist sicher nicht das beste Werk von Sabine Thiesler, vor allem an den beklemmenden Krimi-Erstling "Der Kindersammler" reicht dieser Roman bei Weitem nicht heran. Zunächst aber zu den positiven Aspekten: Wie alle Werke Thieslers liest sich auch dieser Roman trotz des nicht unerheblichen Umfangs sehr flott. Auch bei Lesepausen findet man sehr schnell wieder in die Handlung hinein und muss sich auch nicht sonderlich konzentrieren, um allen Strängen folgen zu können. Auf dem Kriminalbuchsektor ist es sicherlich immer noch eher ungewöhnlich, den Leser den Mörder von Anfang an kennen zu lassen (wenn sich dies in den letzten Jahrzehnten auch zunehmend häuft). Spannungsarm ist das Buch dennoch nicht, aus mehreren Gründen: Es ist nicht unbedingt vorhergesagt, dass der Mörder am Ende gefasst und bestraft wird, Sabine Thiesler wählt mitunter durchaus ungewöhnliche Ausgänge für ihre Werke. Generell ist es recht interessant zu verfolgen, wie die Ermittlungen verlaufen und wie die Polizei möglicherweise Matthias von Steinfeld auf die Spur kommt. Auch wer alles zu seinen Opfern gehören wird, ob vielleicht endlich einer der jungen Männer entkommen kann ist eine Frage, die sich der Leser stellt. Wie üblich sympathisch ist Inspector Neri, der auch in anderen Thiesler-Krimis auftauchte. Neri leidet unter seiner zänkischen Schwiegermutter und den Vorwürfen seiner Ehefrau Gabriella, die sich nicht damit abfinden kann, dass ihr Mann aus Rom in die Provinz versetzt wurde. Typisch für Neri ist, dass er fleißig und scharfsinnig an den Fällen arbeitet und dass dann doch andere die Lorbeeren dafür einheimsen - man darf gespannt sein, wie es sich diesmal verhält. Zudem wird in diesem Roman sein Privatleben stärker als sonst thematisiert.

Das alles kann aber nicht dauerhaft von den Schwächen ablenken. Vor allem die Hauptfigur Matthias von Steinfeld ist nicht wirklich überzeugend gelungen. Er ist keine Sympathiefigur und das nicht nur wegen seiner Morde. Zugleich ist er auch nicht wirklich charismatisch oder faszinierend, wie vielleicht ein Hannibal Lecter, was fehlende Sympathie vielleicht ausgleichen könnte. Es wird auch nie so ganz durchleuchtet, wie er sich zu diesem Serienmörder entwickeln konnte. Es gibt zwar ausführliche Rückblicke in seine Kindheit und Jugend, aber das schwierige Mutter-Sohn-Verhältnis erklärt zwar die Hass-Liebe zwischen den beiden, aber nicht, warum er junge Männer zu Tode quält. Generell sind die Täterfiguren in früheren Romanen interessanter und überzeugender gewesen und haben auch phasenweise Sympathie oder Mitleid beim Leser erwecken können, was hier fast komplett ausbleibt. Ein bisschen ärgerlich ist auch, dass er selbst wegen seiner Egozentrik sehr nachlässig agiert und absichtlich Spuren hinterlässt. Kurz darauf erkennt er sein Tun natürlich als viel zu leichtsinnig, was noch deutlicher macht, wie unrealistisch sein Verhalten war. Das Ende ist dann auch ein bisschen zu gerafft und komprimiert, als habe man schnell zum Schluss kommen müssen.

Fazit:


Im Vergleich zu den anderen Krimis der Autorin ein doch eher schwacher Roman, der vor allem an der zu oberflächlichen Hauptfigur krankt. Als leichte Unterhaltung geht das Werk in Ordnung, zumal es flüssig geschrieben und zwischendrin immer wieder recht spannend ist.

17. Juli 2012

Benjamin Blümchen als Müllmann

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Inhalt:

Wärter Karl ist völlig erschöpft. Die Zoobesucher haben mal wieder so viel Müll weggeworfen, dass er mit dem Sammeln kaum nachkommt. Dabei hätte Karl genug andere Arbeiten zu erledigen. Auch Benjamin und Otto sind empört, als sie sehen, was die Leute alles wegschmeißen, denn dazu gehören auch Lebensmittel und Dinge, die man noch reparieren könnte.

Benjamin beschließt zu handeln. Er lässt sich einen Overall schneidern und geht als Müllmann durch den Zoo. An seinen Seiten hängen Taschen, in die die Leute ihren Müll werfen können, alles fein säuberlich sortiert. Anschließend stellen sie erfreut fest, dass man viele Essensreste noch für die Zootiere gebrauchen kann.

Aber Benjamin kann natürlich nicht durch ganz Neustadt wandern und Müll einsammeln. Trotzdem muss man die Leute dazu bewegen, dass sie ihren Müll trennen und nicht alles wegwerfen, was man vielleicht noch gebrauchen kann. Da kommt Benjamin eine tolle Idee ...

Bewertung:

Niemand soll sagen, dass sich Benjamin nur an außergewöhnliche "Berufe" wie Ritter oder Pirat heranwagt - auch für den Job eines Müllmanns ist er sich nicht zu schade.

Sehr lehrreiche Handlung

Müllmann ist ein Beruf, den jedes Kind kennt, über den die meisten aber wahrscheinlich nicht näher nachgedacht haben. Ein Traumberuf ist es sicher nicht, und gerade deswegen ist es schön, dass Benjamin für ihn eine Lanze bricht - denn wichtig ist er allemal. Das sieht auch Karla ein, die sich zuerst ekelt, als sie von Benjamins neuem Beruf hört. Doch er macht ihr klar, dass Müll nun einmal beseitigt werden muss und dieser auch meist erst dann wirklich eklig wird, wenn er zu lange herumliegt. Benjamin bringt den kleinen Hörern obendrein den Recycling-Gedanken nah. Er entwickelt eine Idee, wie Mülltrennung mit einem kleinen Spaß versehen wird, sodass vor allem Kinder Interesse daran bekommen. Zudem wird darauf aufmerksam gemacht, dass man längst nicht alles wegwerfen muss, was man nicht mehr braucht. Besser ist es, Dinge zu tauschen oder anderen zu verschenken, die sie noch reparieren können. Daher ruft Benjamin nicht nur zur Mülltrennung, sondern auch zu einer Art Flohmarkt auf, damit niemand unnötig viel wegwerfen muss.

Viel Humor


Wie immer geht es lustig zu bei Benjamin und seinen Freunden. Das fängt an mit Wärter Karl, der sich über den vielen Müll beklagt, der ihn davon abhält, die wichtigeren Dinge im Zoo zu erledigen - nämlich so niedliche Aufgaben, wie die Krokodile mal wieder zu kraulen und dem Nilpferdbaby die Zähne zu putzen. Benjamins Verfressenheit wird aufs Korn genommen, als er gierig den Rüssel in die gesammelten Abfälle steckt, weil Karl gerade erwähnte, dass jemand Pommes-Frites weggeworfen hat. Auch der Bürgermeister ist wieder einmal für eine witzige Szene gut, als die erbosten Bürger ihn, der gerade auf Benjamins Rücken steht, zum "Zurücktreten" auffordern. "Aber dann falle ich ja runter", gibt er verwirrt zu Bedenken, ehe Otto vorsichtig darauf hinweist, dass mit der Aufforderung womöglich etwas anderes gemeint sei. "Das ist aber gemein", sagt der Bürgermeister daraufhin trotzig, "ich geb mir so viel Mühe ..." Überhaupt wird in dieser Folge die Politik sehr aufs Korn genommen. Typisch für den Bürgermeister mit seinem monarchischen Gehabe ist, dass er zunächst ankündigt, bei der nächsten Rathaussitzung in fünfzehn Wochen das Thema Müllbeseitigung anzusprechen, womit er natürlich nur Buhrufe erntet. Die Verzögerung bei der Lösung der Müllproblematik begründet er floskeltypisch mit der "politisch angespannten Lage".

Sehr gute Sprecher


Neben den Hauptsprechern überzeugen wie üblich auch die Darsteller der Nebenrollen. Regisseur Ulli Herzog ist, wie so häufig, in der Rolle eines Passanten zu hören. Die Stimme von Frau Schneider kennt man u.a. als ängstliche Kassiererin Frau Krause in "Benjamin als Ritter" und als zunächst missgünstige Köchin in "Benjamin als Butler" und nicht zuletzt als Madame Pottine in der Disney-Verfilmung "Die Schöne und das Biest". Auch Christine Schnell-Neu und Margitta Scheerbarth sind sehr oft bei Bibi und Benjamin als Passantin zu hören, meist als Mutter eines Kindes. Entsprechendes gilt ebenso für Joachim Ulmann, der manchmal auch etwas größere Rollen besetzt, so beispielsweise als Bonbonverkäufer in "Benjamin als Detektiv" und als Museumsführer in "Benjamin in der Steinzeit".

Kaum Mängel

Gegenüber den Folgen, in denen Benjamin ein Abenteuer erlebt, ist diese Episode natürlich recht unspektakulär. Keine Gefahrensituation, nur ein Alltagsberuf, den Benjamin den Hörern etwas näher bringt, das aber auf so liebevolle und lehrreiche Weise, dass die geringe Spannung nicht so stark ins Gewicht fällt. Etwas antiquiert ist allerdings die Vorstellung, dass Recycling in Neustadt etwas Bahnbrechendes sein soll. Die Umsetzung, die das Recycling interessant macht, ist originell, aber Mülltrennung an sich ist inzwischen natürlich schon seit weit verbreitet.

Fazit:

Eine gelungene Berufefolge mit Benjamin, in der die Kinder sehr viele Dinge über Mülltrennung und Umweltschutz erfahren. Die Sprecher machen ihre Sache sehr gut, und es gibt viele humorvolle Stellen. Leicht störend fällt nur auf, dass kaum Spannung vorhanden ist und dass das Thema Recycling heute nicht mehr so sensationell ist wie in der Folge dargestellt.

Sprechernamen:

Benjamin Blümchen: E. Ott
Otto: K. Primel
Herr Tierlieb: H. Wagner
Wärter Karl: T. Hagen
Karla Kolumna: G. Fritsch
Frau Schneider: I. Wellmann
Bürgermeister: H. Giese
Sekretär Pichler: W. Herbst
Erzähler: J. Nottke

15. Juli 2012

Bibi Blocksberg - Das geheimnisvolle Schloss

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Inhalt:

Bibi und ihre Freundinnen Schubia, Flauipaui und Arkadia sind von Manias strengem Hexen-Unterricht genervt. Vor allem stört es sie, dass sie alle möglichen Sprüche auswendig lernen müssen, die sie sowieso nie brauchen werden. Sie machen Mania den Vorschlag, lieber auf praktische Weise etwas zu lernen, anstatt über den Büchern zu sitzen. Als die Mädchen weg sind, überlegt sich Mania, ihnen für den nächsten Tag eine besondere Aufgabe zu stellen.

Am nächsten Tag finden die Mädchen Manias Häuschen leer vor. In ihrer Hexenkugel hat sie eine Nachricht hinterlassen: Heute gibt es mal praxisorientierten Unterricht, so wie sie es sich gewünscht haben. Die Aufgabe lautet, Mania mit Hilfe von Hexereien zu finden - und dem Sieger winkt einen Monat lang Hausaufgabenbefreiung.

Bibi und ihre Freundinnen sind begeistert und machen sich auf die Suche. Bald schon stoßen sie auf ein Schloss, in dessen Turm sich Mania vermutlich versteckt hält. Doch der Weg dorthin ist mit allerlei Fallen gepflastert. Nicht nur, dass die Mädchen schwere Hexsprüche brauchen, im Schloss gibt es auch noch Geister ...

Bewertung:

Zur Abwechslung bietet Folge 92 mal wieder ein Junghexenabenteuer, das sich ganz auf Bibi, ihre Hexenfreundinnen und die alte Mania konzentriert, fern vom Neustädter Alltag.

Lehrreich für Kinder

Immer nur aus Büchern lernen, vor allem immerzu Hexsprüche, die man vermutlich sowieso nie braucht, ist natürlich mit der Zeit langweilig. Das können die kleinen Hörer nur zu gut nachvollziehen. Die Folge zeigt auf spielerische Weise, dass "Learning by doing" sehr effektiv ist und mehr Spaß macht, als wenn man immer nur in der grauen Theorie verweilt. Gleichzeitig erinnert das Hörspiel aber auch daran, dass man nicht unterschätzen soll, was einem alles im Leben noch mal helfen kann. Viele Sprüche, die sie bei Manias Prüfung dringend brauchen, haben die Junghexen nie richtig gelernt, weil sie sie für überflüssig hielten. Kinder lernen hierdurch, dass so ziemlich jedes Wissen einmal hilfreich sein kann und es nicht reine Schikane ist, wenn Lehrer scheinbar nutzloses Wissen abverlangen. Daneben propagiert die Folge wie so oft für Teamarbeit. Zwar will anfangs jede Hexe am liebsten selbst diejenige sein, die die Hausaufgabenbefreiung gewinnt, aber sie sehen schnell ein, dass sie am weitesten kommen, wenn sie zusammenhalten, anstatt sich als Konkurrenz zu betrachten.

Spannung und Humor

Die alte Mania hat sich einiges einfallen lassen, um ihre Schülerinnen tüchtig zu fordern. Das Schloss ist alles andere als leicht zu erklimmen, denn ein schlagkräftiger Baum, der auch noch sprechen kann, wehrt die Mädchen ab, und Treppen und Bücken brechen zusammen. Falsche Hexsprüche werden bestraft, etwa indem sich das Teichwasser in grünen Schleim verwandelt. Dramatisch wird es, als Schubia und Flauipaui von Bibi und Arkadia getrennt werden, indem sie in das Burgverlies stürzen. Hier machen sie Bekanntschaft mit der sprechenden Ratte Rudi, der Flauipauis Ausruf "Iih, eine Ratte!" genauso entsetzt mit "Iih, Mädchen!" erwidert. Rudi spricht ihnen gut zu, doch heraushexen müssen sich die beiden selbst - und für jeden falschen Spruch öffnen sich bloß neue Räume ohne Ausgang. Bibi und Arkadia bekommen es dagegen mit einem Gespenst zu tun, das zwar sehr klein, aber dafür umso frecher ist. Natürlich sind die Mädchen nie in ernsthafter Gefahr, das Ganze ist ja nur ein Spiel, aber es ist doch recht spannend, zu verfolgen, ob sie sich befreien können und wer von ihnen das Rennen macht.

Überwiegend gute Sprecher

Es ist bemerkenswert, dass achtzehn Jahre nach ihrem ersten Auftreten die Junghexe Arkadia von der gleichen Sprecherin wie damals gesprochen wird. In der Folge "Der Hexengeburtstag" hat Arkadia einen Kurzauftritt beim Wetthexen. Marina Krogull sprach sie damals mit einer sehr markanten, kieksend-heiseren Stimme, die zwar witzig, aber comichaft-penetrant war. Hier dagegen spricht sie Arkadia zwar immer noch etwas kieksend, aber viel gemäßigter und damit angenehmer anzuhören - sie spricht hier genauso wie in ihrer Rolle als Cornelia in "Das Reitturnier". Auffallend ist wie immer auch Santiago Ziesmer, der hier Rudi Ratte spricht. Seine hohe Stimme hat wohl jeder schon einmal gehört, sei es als Spongebob, Steve Urkel oder Trick aus "Duck-Tales". Bei Bibi tritt er ab und zu als Erfinder Eddi Eddison in Erscheinung. Melanie Hinze, auch bekannt als Synchronstimme von Holly Marie Combs (Picket Fences, Charmed) und Jennifer Love Hewitt in "Ghost Whisperer", passt mit ihrer mädchenhaften Stimme zur zaghaften Flauipaui.

Kleine Schwächen

Wie immer ein bisschen nervtötend ist die Punkerhexe Schubia, die Bibi meist lapidar mit "Blocksberg" anredet und Flauipaui mit "Blumenpott", was sich sehr schnell abnutzt. Auch ihre "Ey"s und "Boah"s fallen nicht gerade positiv auf, aber insgesamt ist ihre Präsenz erträglich. Bei Flauipaui stört ihr oft etwas weinerliches Gehabe, beispielsweise wenn ihre Haare durcheinander geraten. Und Luise Lunow bemüht sich zwar, kann aber definitiv nicht die frühere Mania mit Tilly Lauensteins Stimme ersetzen, die viel markanter war und den sarkastischen Charakter der Althexe wunderbar verkörperte. Eine kleine Schwäche ist außerdem, dass die Handlung eher aus lose aneinandergereihten Ereignissen besteht, anstatt einem roten Faden zu folgen. Die Geschehnisse sind recht beliebig, interessanter wäre vielleicht eine Art Schnitzeljagd als Aufgabe gewesen, bei der die Mädchen Hinweise finden und befolgen müssen, als sich einfach nur ins Schloss zu hexen.

Fazit:

Eine sehr solide Bibi-Folge, die sich ganz um Mania und die Junghexen dreht. Die Handlung ist recht spannend und witzig und für Kinder obendrein lehrreich. Zwar nervt Schubia mit ihrer penetranten Art zwischendurch ein wenig und die Handlung könnte ausgefeilter sein, unterm Strich ist die Episode aber durchaus hörenswert.

Sprechernamen:


Bibi Blocksberg:
Schubia: G. Al-Akel
Flauipaui: M. Hinze
Arkadia: M. Krogull
Mania: L. Lunow
Ratte Rudi: S. Ziesmer
Erzähler: G. Schoß

Bibi Blocksberg - Maritas Geheimnis

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Inhalt:

Bibi schenkt Marita ein Freundschaftsarmband zum Zeichen, wie wichtig sie ihr ist. Marita freut sich sehr und verspricht Bibi, mit ihr die Matheaufgaben zu erledigen. Auf dem Schulhof treffen sie Stefan aus der Parallelklasse. Er lädt beide zu einem Konzert am Abend ein, wo er selbst auftritt.

Seit dieser Begegnung benimmt sich Marita irgendwie seltsam. Sie schreibt im Unterricht einen Zettel, den sie Bibi nicht zeigt, spricht heimlich mit Stefan und hat plötzlich keine Zeit mehr, um mit Bibi Mathe zu üben.

Bibi ist sauer und spioniert Marita hinterher. Als sie sieht, dass sich Marita mit Stefan trifft, platzt sie fast vor Eifersucht. Sie ist überzeugt davon, dass Marita sich verliebt hat und das ihrer besten Freundin verheimlicht. Bibi ist schwer enttäuscht. Oder kann es doch noch eine andere Erklärung geben ...?

Bewertung:

Auch in Bibis Freundschaften gibts mal Probleme, da kann selbst die Hexenkraft nichts ändern.

Sehr lehrreich

Eifersucht ist ein Thema, das nicht zum ersten Mal bei Bibi auftaucht und im Gegensatz zum "Blauen Brief" beispielsweise ist es hier Bibi selbst, die davon betroffen ist. Alles deutet darauf hin, dass Marita ihrer besten Freundin etwas Wichtiges nicht anvertraut - und das ausgerechnet, kurz nachdem Bibi ihr ein Armband geschenkt hat, das die Freundschaft symbolisieren soll. Für Bibi ist der Fall klar, Marita muss verliebt sein, und sie kann den eigentlich sehr netten Stefan plötzlich gar nicht mehr ausstehen. Floris Beschwichtigungen schenkt sie keine Beachtung, Oma Grete vertraut sie sich nicht an, und stattdessen steigert sie sich immer weiter in ihre Vorstellungen hinein. Kinder lernen hieraus, dass man nicht vorschnell andere verdächtigen soll, denn manchmal erscheinen die Dinge ganz anders, als sie tatsächlich sind.

Humorvolle Szenen

Die lustige und unkonventionelle Oma Grete, Barbaras Mutter, vertritt in dieser Folge Bibis Eltern (die jetzt aus Altersgründen demnächst gegen neue Sprecher eingetauscht werden) und probiert hier ein paar Hexensprüche in fremder Sprache aus, um sich vom Ergebnis überraschen zu lassen. Florian darf ihr dabei Gesellschaft leisten, ist aber verständlicherweise sehr misstrauisch, was Oma Grete da herbeihexen mag. Das verrückte Ergebnis sind Gardinengespenster, die durch die Luft fliegen und immer wieder "Wir sind die lustigen Gardinengespenster" in Chipmunk-Stimmen vor sich hin plärren. Mag es auch sehr albern sein, es ist wiederum so absurd, dass man es schon wieder urkomisch finden kann, wie Bibi verzweifelt ihr Leid klagt und im Hintergrund die "lustigen Gardinengespenster" fröhlich vor sich hin jubeln. Zweiter Humor-Höhepunkt ist das Hexduell zwischen Bibi und Oma Grete. Während Oma Grete dem verhexten Stefan seine menschliche Gestalt wiedergibt, macht ihn Bibi sofort wieder zu einem Eichhörnchen - und das im munteren Wechsel, mit dem armen Stefan als Spielball.

Einige Schwächen

Zunächst mal ist es eine unschöne Veränderung, dass Bibi und ihre Freundinnen sich vermehrt wie klischeehafte Teenager verhalten. Immerhin ist Bibi trotz all der Jahre, die es die Serie schon gibt, immer noch süße dreizehn Jahre alt und die Zielgruppe sogar noch ein paar Jahre jünger. Während es früher ganz normal war, dass sich Jungs und Mädchen ohne Hintergedanken unterhalten haben, zieht Marita ihre Freundin hier anfangs damit auf, dass Bibi Stefan nett findet. Und umgekehrt ist es normalerweise untypisch für Bibi, dass sie sofort daran denkt, dass Marita verliebt ist, wenn man bedenkt, wie blind sie in "Der blaue Brief" für diese Dinge war.
Das Geheimnis erahnt der Hörer übrigens sehr viel schneller als Bibi, eigentlich schon im ersten Viertel. Das Ende ist dann ein bisschen kitschig geraten und erinnert fast an "Nur die Liebe zählt", das hätte wirklich nicht sein müssen. Außerdem fragt man sich, warum ausgerechnet Marita die "beste Freundin" ist - schließlich ist da noch Moni, und auf dem Martinshof ist Tina Bibis engste Freundin, für die Bibi sogar einmal in "Der Abschied" Neustadt ganz verlassen wollte. Bei Oma Grete fällt negativ auf, dass es unrealistisch ist (wenn auch witzig), wie sorglos sie Hexereien in fremder Sprache ausprobiert, ohne zu wissen, was sie da womöglich anrichtet und das mit einem "Wer nicht wagt, der nicht gewinnt" abtut. Und letztlich ist es sehr schade, dass inzwischen auch die Sprecher von Marita und Florian ausgewechselt wurden, vor allem Maritas Stimme klingt wirklich völlig anders als die von Tatjana Buschenhagen/Gessner.

Fazit:

Eine gerade durchschnittliche Bibi-Geschichte, die man nur als richtiger Fan zu haben braucht. Die Lehre ist ansprechend, und es gibt einige witzige Stellen, allerdings ist die Handlung zu pubertär, die neuen Stimmen können nicht den Charme der alten ersetzen und es gibt ein paar Unstimmigkeiten in Sachen Logik.

Sprechernamen:

Bibi Blocksberg: S. Bonasewicz
Oma Grete: I. Sommer
Florian: G. Schmidt-Foß
Marita: U. Hugo
Stefan: D. Turba
Erzähler: G. Schoß