21. Juni 2013

Das Geheimnis des goldenen Salamanders - Reneé Holler

Produktinfos:

Ausgabe: 2013
Seiten: 299
Amazon
Bestellmöglichkeit

* * * * *

Herzlichen Dank an den Bloomoon-Verlag und Blogg dein Buch für das Rezensionsexemplar. 

Die Autorin:

Renée Holler, Jahrgang 1956, wuchs in München auf und studierte zunächst Ethnologie und Geografie und bereiste viele Teile der Welt. Neben ein paar Büchern für Erwachsene schreibt sie vor allem Kinder- und Jugendbuchromane. Sie veröffentlichte zahlreiche Bände in den Kinderkrimi-Reihen "Tatort Geschichte", "Tatort Erde" und "Tatort Forschung". Mittlerweile lebt sie in Oxford.

Inhalt:

England, 1619: Die zwölfjährige Alyss steckt in großen Schwierigkeiten, nachdem ihr geliebter Vater von einer Schiffsreise in die Neue Welt nicht zurückgekehrt ist. Als Vormund wurde ein entfernter Verwandter bestimmt, der nur Interesse am Erbe hat. Zufällig belauscht das Mädchen ein Gespräch und erfährt, dass ihr Onkel sie einem Kinderhändler ausliefern will. Sein Ziel ist ein kleiner goldener Salamander, der aus Alyss unbekannten Gründen sehr wertvoll ist.

Genau jenen Salamander gab ihr ihr Vater vor seiner Abreise. Wenn sie in Schwierigkeiten sei, solle sie bei seinem Freund Sir Christopher in London Hilfe suchen - und den Salamander als Erkennungszeichen vorweisen. Als Junge verkleidet tritt Alyss die Flucht nach London an.

Doch zu ihrem Unglück wird ihr das Schmuckstück in der Stadt gestohlen. Täter ist der gleichaltrige Straßenjunge Jack, Mitglied einer Bande von Taschendieben. Mit Hilfe einer Gruppe von Zirkusleuten kann Alyss ihn zwar finden, doch der Salamander hat bereits den Besitzer gewechselt. Zudem ist Alyss Onkel ihr bereits auf den Fersen und Sir Christopher ausgerechnet jetzt verreist. Jack hat unterdessen selbst Probleme - sein kleiner Bruder Ned ist spurlos verschwunden. Notgedrungen tun sich Alyss und Jack zusammen und versuchen, sowohl den Salamander als auch Jacks Bruder zu finden ...

Unterhaltung im Dickens-Style

Eine Diebesbande aus Kindern, ein Wanderzirkus mit Kuriositätenkabinett, das turbulente und schmutzige London des 17. Jahrhunderts, Bösewichte und Intrigen bilden den Hintergrund für diesen spannenden Kinder- und Jugendroman, in dem sich die Protagonisten Alyss und Jack behaupten müssen. Ganz gewiss hat sich Autorin Renée Holler dabei von Charles Dickens inspirieren lassen - nicht umsonst wird auf ihrer Homepage damit geworben, dass sich das Buch "an alle Fans von Oliver Twist" empfiehlt. So sind es denn auch sehr bewährte Zutaten, auf die sie in ihrem Werk zurückgreift, die nichtsdestotrotz für vergnügliche Unterhaltung sorgen.

Wirklich tiefgehende Charakterisierungen bieten sich dem Leser zwar nicht, aber dennoch ist Hauptfigur Alyss auf Anhieb sympathisch. Das Schicksal meint es auch alles andere als leicht mit dem Mädchen: Nach dem frühen Tod der Mutter waren ihr Vater und die großväterlichen Gutsverwalter Thomas und Beth ihr Halt - doch nun ist ihr Vater spurlos verschwunden und höchstwahrscheinlich tot. Thomas und Beth wurden vom gemeinen Onkel Humphrys entlassen. Alyss einzige Chance ist Vaters Freund Sir Christopher - doch der ist erstens verreist und zweitens braucht sie den goldenen Salamander, um sich ausweisen zu können. Die straff gespannte Handlung dreht sich im Wesentlichem um das Rätsel, weshalb der goldene Salamander für Onkel Humphrys so wichtig ist, ob Alyss ihn wiederfindet, ob Sir Christopher ihr helfen kann und schließlich auch, was mit Jacks kleinem Bruder geschehen ist, der womöglich in die Hände gefährlicher Kinderfänger gefallen ist. Jacks Charakter entspricht dem typischen kindlichen Dieb, der unter einer rauen Schale durchaus ein weiches Herz besitzt. Sein Leben ist hart und auf den ersten Blick hat er nicht viel mit der begütert aufgewachsenen Alyss gemeinsam, doch das Schicksal schweißt sie zusammen.

Liebenswerte Nebencharaktere finden sich beim Wanderzirkus, insbesondere der angebliche Kannibale Sassa und die kleinwüchsige Aurelia. Abschweifungen erlaubt sich die Handlung nicht, ständig passiert etwas Neues; mehrfach glaubt Alyss, in Sicherheit zu sein, um dann doch wieder in eine brenzlige Lage zu kommen. Humor und Dramatik halten sich die Waage; gerade für junge Leser ab etwa zehn Jahren wird zwar einiges an Nervenkitzel geboten, doch witzige und auch rührende Momente gleichen das wieder aus und sorgen dafür, dass Kinder nicht überfordert werden. Eine gelungene Ergänzung bilden die detaillierten Bleistiftzeichnungen, die sich sich teilweise bis auf die zweite Seite erstrecken.

Zu den kleinen Schwächen gehört sicherlich der Eindruck, die Geschichte setze sich vorwiegend aus altbewährten Versatzstücken zusammen. Nicht nur an Charles Dickens, auch Werke wie "Die wunderliche Reise von Oliver und Twist", Hannah Tintis "Die linke Hand" oder "Tom Sawyer" kommen unweigerlich in den Sinn, auch wenn sie sicher nicht unbedingt bewusst Pate gestanden haben. Eine kleine Unlogik stört zwischendrin den Lesefluss: Alyss lässt den Zettel mit Sir Christophers Anschrift zuhause und prägt sich die Daten lediglich ein, ohne dass eine genaue Begründung dafür gegeben wird - im Gegenzug findet ihr Onkel den Zettel und kommt ihr damit natürlich auf die Spur, was recht gekünstelt wirkt. Alyss fragt sich daraufhin, wie sie so dumm sein konnte und dem Leser ergeht es ähnlich. Zudem hätte der Beginn des Buches noch ein bisschen geschickter gestaltet werden können: Die Handlung steigt in medias res ein und erst nach und nach erfährt der Leser, in welchen Verhältnissen Alyss lebt und was mit ihrer Familie passiert ist. Der Rückblick zu ihrem verschwundenen Vater und den entlassenen Gutsverwaltern wirkt etwas gedrängt und die Bedeutung dieser Ereignisse kommt nicht so recht zur Geltung. Zeitweise wird der Zufall ein bisschen überstrapaziert, etwa wenn Figuren nur durch glückliche Umstände heimlich wichtige Gespräche belauschen und gewarnt sind. Alles in allem halten sich diese Schwächen aber sehr in Grenzen.

Fazit:

Ein insgesamt sehr überzeugender Kinderroman ab etwa zehn Jahren, der sich auch für Jugendliche und Erwachsene gut lesen lässt. Die Handlung liest sich kurzweilig und überzeugt durch Spannung und Humor. Trotz kleiner Schwächen sehr lesenswert und ideal für alle, die Lektüre à la "Oliver Twist" mögen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.