14. September 2013

Verhext - Edith Wharton

Produktinfos:

Ausgabe: 2010
Länge: 65 Minuten
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Die Autorin:

Edith Wharton, 1862-1937, wuchs in einer aristokratischen Familie auf. Ihre Erziehung lieferte die Basis für viele ihrer späteren Werke, die sich kritisch mit den Gesellschaftsstrukturen auseinandersetzen. Zu ihren bekanntesten Werken gehören "Der flüchtige Schimmer des Mondes", "Das Haus der Freuden", "Das Riff" und "Zeit der Unschuld".

Inhalt:

New England, um 1890: Mitten im tiefsten Winter in Hemlock County bittet die als eigenbrötlerisch bekannte Mrs. Prudence Rutledge drei Dorfbewohner auf ihr Anwesen. Sowohl der junge Orrin Bosworth als auch Diakon Hibben und der Farmer Sylvester Brand sind verwundert über diese unerwartete Einladung und rätseln, was wohl der Grund sein mag.

Mrs. Rutledge empfängt ihre Gäste kühl und weigert sich zunächst, den genauen Grund für ihre Bitte zu nennen. Schließlich spricht sie von einem Fluch, der auf ihrem Mann Saul laste. Als Saul Rutledge nach einer Weile hinzukommt, sind die Gäste entsetzt: Saul sieht nicht mehr aus wie ein vierzigjähriger Mann, sondern wirkt mindestens doppelt so alt.

Das Ehepaar erklärt, dass Saul Rutledge von einer Hexe verflucht wurde - und diese Hexe sei Ora Brand, Sylvester Brands verstorbene Tochter. Vor seiner Heirat war Saul Rutledge kurze Zeit mit Ora liiert, ehe sie sich auf Drängen ihres Vaters trennten und Ora an Tuberkulose starb. Immer wieder soll der Geist der toten Ora Saul seitdem zu einer Hütte gelockt und ihm dann dort nach und nach das Leben ausgesaugt haben. Mrs. Rutledge verlangt, dass die Verstorbene gepfählt wird, um endgültig vernichtet zu werden. Während der Diakon und Orrin zwischen Unglauben und Unsicherheit schwanken, reagiert Mr. Brand empört auf die Behauptung und Forderung. Dennoch beschließen die drei Männer, die Hütte aufzusuchen, um nach dem angeblichen Geist Ausschau zu halten ...

Bewertung:


Pulitzer-Preis-Trägerin Edith Wharton ist vor allem für ihre gesellschaftskritischen Romane bekannt, aber auch auf dem Gruselsektor hat sie sich betätigt. Das Hörspiel setzt wie so viele andere Folgen der Gruselkabinett-Reihe vor allem auf Atmosphäre und eine nur langsam fortschreitende Handlungsentfaltung.

Es ist Winter, der Großteil der Handlung spielt auf einer abgelegenen Farm, und nur ganz allmählich wird offenbart, weshalb die drei Männer von Prudence Rutledge zusammengerufen wurden. Dabei geht von Mrs. Rutledge eine besondere Faszination aus. Ihre kalte, bestimmende Art macht sie nicht gerade sympathisch, aber ein wenig Verständnis kommt doch auf, als man die Hintergründe erfährt - schließlich muss sie anscheinend nicht nur um das Leben ihres Mannes bangen, sondern sich auch mit einer toten Rivalin herumschlagen. Saul Rutledge wiederum erscheint zunächst als hilfloses Opfer eines dämonischen Geistes, dem er sich nicht widersetzen kann. Ähnlich zwiespältig wie Prudence Rutledge ist die Figur des Sylvester Brand. Der aufbrausende Farmer zeigt zwar kaum Mitleid für Saul Rutledges Leiden, andererseits ist nachvollziehbar, dass er das Andenken seiner verstorbenen Tochter schonen und verhindern will, dass ihr Leichnam gepfählt und als Hexe gebrandmarkt wird. Orrin Bosworth, der phasenweise auch als Erzähler fungiert, ist der Sympathieträger der Geschichte und bietet sich dem Hörer als Identifikationsfigur an.

Wirklich unheimlich wird die Folge nie, aber die melancholische bis beklemmende Atmosphäre hat ihren Reiz, ab der zweiten Hälfte entwickelt die Handlung Spannung, und die Sprecher sind exzellent besetzt. Besonders eindrucksvoll ist die Leistung von Susanne Uhlen, die der undurchschaubaren Prudence Rutledge die nötige Kälte in die Stimme legt. Aber auch die anderen Sprecher, etwa Jochen Schröder als verunsicherter Diakon, Frank Schaff als redlicher Orrin Bosworth und Ernst Meinke als leidender Saul Rutledge, machen ihre Sache ausgezeichnet.

Generell besticht die Gruselkabinett-Reihe durch vorwiegend subtile Vorlagen, die den Hörer durchaus auch zum Nachdenken anregen. Diese Folge allerdings ist, entsprechend der zugrundeliegenden Geschichte, für sicherlich viele Geschmäcker ein bisschen zu offen und uneindeutig geraten. Am Ende bleiben einige Fragen, die der Hörer auf unterschiedliche Weise beantworten kann. Wer hier wen verhext hat, wer die Wahrheit sagt und wer ein falsches Spiel treibt und letztlich auch, wie viel an übernatürlichen Kräften hier überhaupt zum Tragen kommt, ist alles andere als eindeutig. Wer am Schluss des Hörspiels klare Antworten haben möchte, wird mit dieser Folge sicher weniger glücklich werden - Zielgruppe sind eher Gruselfans, die Spekulationen lieben und an Mehrdeutigkeiten ihre Freude haben.

Zudem ist der Beginn der Geschichte ein bisschen übertrieben langgezogen gestaltet, es dauert ein wenig zu lange, bis die Handlung an Fahrt gewinnt. Leicht übertrieben wurde auch bei der akustischen Darstellung, wenn die "Hexe" über Saul Rutledge herfällt, denn das intensive Stöhnen und Seufzen erinnert weit mehr an einen Softporno als an ein dämonisches Szenario. Also besser das Hörspiel nicht in hoher Lautstärke bei offenem Fenster hören, wenn man sich blöde Kommentare vom Nachbarn ersparen will.

Fazit:

Eine insgesamt hörenswerte, weil sehr atmosphärisch und mit sehr guten Sprechern besetzte Folge, die allerdings ein wenig langsam in die Gänge kommt und am Ende viel Platz für Spekulationen lässt. Es gibt eindeutig bessere Folgen innerhalb der Reihe, reizvoll ist sie aber ohne Frage.

Sprechernamen:


Erzähler: Hasso Zorn
Prudence Rutledge: Susanne Uhlen
Saul Rutledge: Ernst Meincke
Orrin Bosworth: Frank Schaff
Diakon Hibben: Jochen Schröder
Sylvester Brand: Uli Krohm
Ora Brand: Annina Braunmiller
Loretta Bosworth: Reinhilt Schneider
Lucille Bosworth: Bettina Weiß

1 Kommentar:

  1. Danke für die Rezension!
    Habe das Hörspiel eben gehört und wollte sichergehen, ob ich nicht irgendendtwas überhört habe. Na ja jetzt weiß ich es :)

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