9. Januar 2013

Die drei Fragezeichen und der Meister des Todes

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Inhalt:

Die drei Fragezeichen nehmen an einem Schulprojekt teil, das einen Horrorfilm dreht. Zu ihrer Gruppe gehören außerdem Frank, Zack, Mary-Ann und Latona, die die krank gewordene Kelly ersetzt. Der Gruppe fehlt allerdings noch ein geeignetes Haus als gruseliger Drehort. Doch Mary-Ann hat möglicherweise eine Lösung - bei den Proben schlug ihr eine alte Dame namens Mrs. Sciutto vor, ihr leer stehendes Haus an der Steilküste zu nutzen.

Justus, Peter und Bob holen wenig später bei Mrs. Sciutto den Schlüssel für das Haus ab. Dabei erfahren sie von der alten Dame, dass ihr verstorbener Mann ein erfolgreicher Schausteller war und dass seine Marionetten noch im Haus liegen - und dass diese Puppen gefährlich seien. Allerdings könne ihnen im Haus nichts passieren, solange der Bannkreis intakt bliebe. Die drei Fragezeichen bieten der alten Dame daraufhin an, das Rätsel um die angeblich gefährlichen Puppen als Detektive zu untersuchen. Alles hängt mit einem jahrhundertealten Ritual zusammen, wonach es in jeder Generation der Puppenspieler-Familie einen "Meister des Todes" gibt, der nicht stirbt.

Die Gruppe richtet sich in dem alten Haus gemütlich ein. Sie finden auch die antiken Puppen und den Bannkreis. Mitten in der Nacht hören Peter und Bob plötzlich unheimliche Flüsterstimmen. Justus schlafwandelt und schreibt offenbar im Schlaf ein italienisches Zitat aus Dantes "Göttlicher Komödie" an die Wand. Allmählich bricht in der Gruppe Panik aus ...

Bewertung:

Nach dem "Schatz der Mönche" sorgt hier erneut ein Filmprojekt für einen neuen Fall der drei Fragezeichen. Nicht nur der Titel und das unheimliche Cover versprechen Stimmung, auch der Anfang ist sehr verheißungsvoll. Ein abgelegenes Haus mit jahrhundertealten Marionetten, auf denen eine Art Fluch lastet, bietet schließlich viel Potenzial.

Die Geschichte hinter den Puppen ist interessant, und die Geschehnisse sorgen für ein paar unheimliche Szenen - vor dem Einschlafen entfaltet das Hörspiel durchaus eine gruselige Atmosphäre, auch wenn sich die Schockeffekte natürlich bei den drei Fragezeichen immer in Grenzen halten und man auf eine rationale Aufklärung vertrauen darf. Besonderen Reiz hat in doppelter Hinsicht die Szene, in der Justus schlafwandelt. Die nächtlichen, düsteren Flüsterstimmen aus dem Dunkel heraus machen den Anfang, dann stellen Peter und Bob fest, dass Justus nicht in seinem Bett liegt - und als sie Justus dann endlich sehen, wird es auch nicht besser, denn er starrt Peter so seltsam an, dass dieser plötzlich unsicher "Geh weg" sagt und überzeugt ist, dass Justus von den Puppen besessen ist, ein gleichermaßen spannender wie auch witziger Moment, in dem Peters Ängstlichkeit mal wieder auf die Spitze getrieben wird. Sehr positiv ist zudem die Unvorhersehbarkeit der Handlung. Was hinter den Geschehnissen steckt, ist eine ziemlich verzwickte Angelegenheit, und wer alles warum darin verwickelt ist, stellt sich erst am Ende heraus.

Fast ausnahmslos sehr gut sind die Sprecher, allen voran, neben den Hauptsprechern, Gisela Fritsch als Mrs. Sciutto. Als Karla Kolumna spricht sie bei Bibi Blocksberg und Benjamin Blümchen stets mit hoher, hektischer Stimme und versprüht gute Laune, hier dagegen spricht sie heiserer, dunkler und stellt eine vielschichtige Figur dar - anfangs ist Mrs. Sciutto sympathisch und scheint harmlos, doch dann entdecken die drei Freunde, dass sie zumindest in einem Punkt gelogen hat, und ihre Rolle wird unklarer. Die kesse Latona alias Julia Hummer sorgt zudem für ein paar erfrischende Dialoge und versteht es gut, den drei Detektiven Kontra zu geben. Nur Till Huster als Frank Norman kann nicht durchweg überzeugen, seine Stimme ist vor allem gegen Ende etwas zu übertrieben weinerlich. Abwechslungsreich ist die musikalische Untermalung mit vielen geheimnisvollen, atmosphärischen Stücken, die gut zum Thema passen.

Die Folge hat allerdings auch ihre Schwächen und gehört nicht zu den absoluten Highlights der Serie, auch wenn sie so vielversprechend beginnt. Der eigentliche Filmdreh ist nach dem Beginn kaum noch Thema, was man zwar früh ahnt, was aber doch etwas schade ist. Am Ende offenbaren die beteiligten Personen ein bisschen zu bereitwillig, was sie bezweckten, und diese Geständnisse wirken etwas unmotiviert und daher aufgesetzt. Peter muss sich in eine gefährliche Situation begeben, die für die Verhältnisse der Serie außergewöhnlich brenzlig ist, was generell für viel Spannung sorgt - letztlich ist aber ein bisschen geschönt, wie gut er diese Situation übersteht. Im Grunde gibt es in dieser Folge zwei separate Geheimnisse aufzuklären, die beide etwas für sich haben - das erste wirkt allerdings auch ein wenig konstruiert, und vor allem ist die Begründung, warum die drei Detektive bewusst dort hineingezogen wurden, weit hergeholt.

Fazit:

Alles in allem eine ordentliche Folge mit recht viel Spannung und einigen atmosphärischen Szenen. Die Sprecher sind grundsätzlich sehr gut, die musikalische Untermalung ist gelungen. Das Ende könnte allerdings noch besser sein.

Sprechernamen:

Erzähler: Thomas Fritsch
Justus Jonas: Oliver Rohrbeck
Peter Shaw: Jens Wawrczeck
Bob Andrews: Andreas Fröhlich
Zack Martin: Christian Stark
Mary-Ann Leigh: Manuela Bäcker
Latona Johnson: Julia Hummer
Frank Norman: Till Huster
Mrs. Robinson: Heidi Berndt
Angela Sciutto: Gisela Fritsch
Federico Sciutto: Rainer Fritzsche
Frau: Konstanze Ullmer
Kind: Undine Ullmer

1. Januar 2013

For the Thrill of It: Leopold, Loeb, and the Murder That Shocked Chicago - Simon Baatz

Produktinfos:

Ausgabe: 2008
Seiten: 560
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Der Autor:

Simon Baatz studierte zunächst Physik, entschied sich dann aber für eine Karriere als Historiker. Er unterrichete als Geschichtsprofessor und verfasste mehrere Bücher über Geschichte und Wissenschaften. www.simonbaatz.net

Inhalt:

Chicago, 1924: Der 19-jährige Nathan Leopold und der 18-jährige Richard Loeb sind ein recht ungleiches Freundespaar: Nathan ist ein scheuer, gedrungener, nicht besonders hübscher junger Mann, Richard dagegen attraktiv, offen und charmant. Die beiden vereint allerdings sowohl ihre reichen Elternhäuser als auch vor allem ihre enorme Intelligenz: Nathan spricht rund zehn Sprachen, ist ein Experte für Ornithologie und hat bereits das College mit Glanznoten abgeschlossen, Richard ist der jüngste Absolvent der Universität Michigan und kaum weniger begabt.

Ihre außergewöhnliche Intelligenz macht die beiden seit frühester Jugend zu Außenseitern. Philosophische Diskussionen über Nietzsches These über die "Übermenschen" inspirieren sie allmählich zu dem Glauben, sie seien etwas Besseres und stünden außerhalb der moralischen und gesetzlichen Grundsätze. Richard entwickelt früh die Sehnsucht danach, ein "perfektes Verbrechen" zu begehen.

Die beiden beschließen, einen Menschen umzubringen und zu beseitigen und erhoffen sich durch eine solche Tat eine besondere Befriedigung. Ihr zufälliges Opfer wird der vierzehnjährige Bobby Franks, Richards Nachbar und Cousin. Nathan und Richard töten den Jungen, verstecken die Leiche und fordern als Ablenkungsmanöver Lösegeld. Doch der Plan geht nicht auf ...

For the thrill of it - just for the thrill


Leopold und Loeb, dieses leicht von den Lippen gehende Namenspaar ist in Deutschland vielleicht lange nicht so populär wie die Namen anderer Mörder, doch gehört ihr Fall und vor allem der nachfolgende Prozess mit zum Spektakulärsten, was die amerikanische Justizgeschichte zu bieten hat. Hitchcock verfilmte ein davon inspirierte Theaterstück mit James Stewart als "Cocktail für eine Leiche", auch "Mord nach Plan" mit Ryan Gosling und Sandra Bullock sowie "Der Zwang zum Bösen" mit Orson Welles basieren auf dem Fall.

Die Faszination dieses Verbrechens liegt in mehreren Punkten begründet: Zum einen ist es zunächst schwer zu verstehen - wenn auch bei näherer Betrachtung gar nicht mehr unlogisch -, dass zwei wohlhabende, äußerst talentierte Studenten aus gutem Elternhaus zu Mördern werden, zwei junge Männer, vor denen glanzvolle Karrieren lagen. Zum anderen ist nicht leicht zu begreifen, dass das einzige Motiv darin lag, den Nervenkitzel zu erleben und die scheinbare Übermacht auszuleben. Die 10.000 Dollar Lösegeld waren eher ein Ablenkungsmanöver und eine nette Beigabe, auch das Opfer hätte jeder andere Junge sein können - tatsächlich entschieden Leopold und Loeb erst Minuten vor der Tat, dass der vierzehnjährige Bobby Franks das Opfer werden sollte, nachdem sich mit anderen Schuljungen keine passende Gelegenheit ergab. Dass Richard mit Bobby verwandt war, machte die ganze Angelegenheit nur noch etwas einfacher, da sie ihn sehr leicht in ein Gespräch verwickeln und ins Auto lotsen konnten. Richard konnte Bobby nicht besonders gut leiden, hatte allerdings keine Hassgefühle - er war einfach das passende Opfer, das ihnen an diesem Tag über den Weg lief. Diese enorme Kaltblütigkeit, in der die beiden das Opfer zu einem Statisten in ihrem "Experiment", wie Nathan den Mord nannte, machten, ist schockierend und ungewöhnlich. Während Chicago und der Rest der USA zum einen nach der Todesstrafe schrie, fragten sich die Leute auch, wie die beiden jungen Männer zu solchen Mördern werden konnten.

So unterschiedlich Nathan Leopold und Richard Loeb auch waren, beide hoben sich durch ihre Intelligenz schon im Kindesalter von Gleichaltrigen ab. Im Fall von Nathan kam noch seine eher scheue Art hinzu, die es ihm sehr schwer machte, Freundschaften zu schließen. Der gutaussehende, extrovertierte Richard faszinierte ihn sofort und die beiden schlossen sich als Teenager zusammen. Bald verbanden sie auch sexuelle Experimente und Nathan begehrte Richard so sehr, dass er nahezu alles tat, um seine Gunst nicht zu verlieren. Es liegt nah, sich Nathan als willigen Handlanger vorzustellen, der Richard bei dem Mord in blinder Verehrung Beihilfe leistete. Nathan allerdings teilte Richards Ansichten und lehnte moralische Maßstäbe oder Mitleid ab. Einmal gefasst und überführt, beschuldigten sich die beiden gegenseitig, der Initiator gewesen zu sein und den Mord ausgeführt zu haben, während der jeweils andere nur der Fahrer im Wagen gewesen sein will. Das Verhältnis zwischen den beiden ist interessant, weil durchaus sehr ambivalent. Einerseits steht dort die enge Bindung, die beiden verbrachten den Großteil der freien Zeit zusammen und machten, obwohl beide ansonsten eher an Frauen interessiert, sexuelle Erfahrungen miteinander, Nathan war Richard sogar so verfallen, dass er wegen ihm die Uni wechselte und ihm nach Michigan folgte. Auf der anderen Seite schien Richard die Abhängigkeit Nathans gerne auszunutzen und beide zögerten schließlich nicht, den jeweils anderen der eigentlichen Mordtat zu bezichtigen - und jeweils zu betonen, dass der andere die Ursprungsidee zu der Tat hatte.

Autor Simon Baatz liefert unzählige Zitate aus den Verhören und dem Prozess - nicht nur von Leopold und Loeb, sondern auch von Familienangehörigen, Polizisten, Ärzten, Anwälten und weiteren Beteiligten. Schwarz-Weiß-Fotos, Skizzen und Karten illustrieren die Ereignisse zusätzlich. Sehr erfreulich ist zudem, dass Baatz hunderte von Quellenbelegen liefert, die an den Hauptteil angegliedert sind. Etwas seltsam ist allenfalls, dass er in der Mordbeschreibung der Version Nathan Leopolds folgt, ansonsten gibt es so gut wie nichts zu bemängeln. Das Buch liefert nicht nur detaillierte Einblicke in die Biographien der Täter, sondern auch in die amerikanische Justiz und Kriminalarbeit jener Zeit. Clarence Darrow, der 67-jährige Anwalt der beiden, wurde mit seinem zwölfstündigen Schlussplädoyer zu einer Legende der Rechtsgeschichte - heute noch zählt er zu den berühmtesten Anwälten und Bürgerrechtlern und seinem Einsatz ist es zu verdanken, dass er die beiden vor der Todesstrafe bewahrte. Während Nathan Leopold tatsächlich nach vielen Jahren entlassen wurde und als rehabilitiert galt, wurde Richard Loeb im Gefängnis von einem Mitgefangenen im Kampf getötet. Ein Rätsel bleiben diese beiden Männer bei allen Recherchen dennoch - ein Rätsel, das noch lange nach der Lektüre nachhaltig beschäftigt.

Fazit:

Ein höchst interessantes Werk über einen der spektakulärsten Mordfälle der USA, der noch heute verstört und bewegt. Sehr fundiert recherchiert, flüssig geschrieben, mit Bildern und Karten untermalt - leider bislang nicht auf Deutsch erhältlich.