30. August 2014

Bibi Blocksberg - Die Hundebabys

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Inhalt:

Bibi verabredet sich gerade mit Marita per Telefon, als sie draußen ein lautes Reifenquietschen hört. Mitten auf der Straße liegt eine Tasche, und darin stecken drei süße Hundewelpen. Bibis Vater vermutet, dass ein Lieferwagen die Tasche verloren hat. Fürs Erste nehmen Bibi und Marita die Welpen auf.

Karla Kolumna soll helfen, den richtigen Eigentümer zu finden. Sie ist gerne bereit, eine Suchannonce in ihre Zeitung zu schreiben. Anschließend versorgen Bibi und Marita die Kleinen und richten es ihnen bei Bibi gemütlich ein.

Mitten in der Nacht werden die Mädchen durch Geräusche geweckt. Tatsächlich streifen zwei Gestalten durch den Garten, doch sie verschwinden, bevor Bibi und Marita sie entdecken. Tags darauf melden sich die angeblichen Eigentümer der Welpen. Bibi, Marita und Karla wollen sie treffen - doch sie sind misstrauisch ...

Bewertung:

Es ist nicht das erste Mal, dass Bibi es mit kleinen Tieren zu tun bekommt - ein paar Folgen zuvor lief ihr das "Schmusekätzchen" zu, das für eine Menge Wirbel und noch mehr "Oh wie süß!"-Ausrufe sorgte. Ähnliches gilt auch für die drei Hundewelpen, die diesmal die Thematik der Handlung bestimmen.

Natürlich sind die drei ausgesprochen niedlich, und diese Tatsache wird oft genug betont. Zu gerne würde Bibi die drei behalten, aber ihr ist von vornherein klar, dass daraus nichts wird - Barbara Blocksberg mag bekanntlich keine Tiere im Haus. Bibis Mutter ist allerdings für ein paar Tage verreist, und so erlaubt es Bernhard Blockberg zumindest, dass die drei Findlinge bei ihnen bleiben, bis die rechtmäßigen Eigentümer gefunden sind. Die kleinen Hunde werden den jungen Hörern natürlich gefallen, und es gibt auch ein paar witzige Situationen. Das gilt vor allem für das Aufeinandertreffen mit Karla Kolumna, die in ihrem Büro etwas pikiert feststellt, dass auf dem Boden eine Pfütze ist, obwohl keine Vase umgefallen ist.

Bernhard Blocksberg, der sonst manchmal ein bisschen zur Strenge neigt, ist in dieser Folge sehr sympathisch. Er zeigt viel Verständnis für Bibi und die kleinen Hunde und geht mit seiner Tochter netterweise einen Deal ein, anstatt zu verraten, dass die Welpen in ihrem Zimmer geschlafen haben. Oft nervt es bei Bibi und Benjamin, dass die mitwirkenden Tiere zunehmend von menschlichen Sprechern übernommen werden. Hier fällt dies ausnahmsweise nicht so störend ins Gewicht, da das mal freudige und mal eher kleinlaute Winseln der Welpen sich recht witzig anhört. Die unterschiedlichen Stimmungen der Welpen werden gut wiedergegeben, was bei realen Tierstimmen kaum möglich wäre.

Die Handlung ist durchaus bemüht, ein bisschen Spannung aufzubauen. Da sind einmal die zwei Gestalten, die ums Haus schleichen und von denen der Hörer schon ahnt, dass sie die Hunde stehlen wollen. Zum anderen hat Bibis Schulkameradin Susi ihren Hund verloren, und es ist klar, dass dieses Thema auch noch aufgegriffen wird.

Allerdings sind die Ereignisse selbst für Kinder sehr vorhersehbar. Es gibt keine überraschenden Wendungen, die zaghaft aufgebaute Spannung nach dem Auftauchen der nächtlichen Gestalten verpufft sogleich wieder, alles entwickelt sich genau wie erwartet. Sogar für die jüngsten Hörer dürfte die Folge nicht wirklich aufregend sein, sie ist unterm Strich auffallend belanglos und bleibt nicht im Gedächtnis haften.

Zudem wurde versäumt, Kindern ein wenig mehr Informationen über Welpen zu geben. Man erfährt im Grunde nur, dass sie noch nicht stubenrein sind und jede Menge Unsinn anstellen. Naheliegend wäre es gewesen, wenn Bibi und Marita die Hunde einem Tierarzt vorgestellt hätten, der erklärt hätte, wie man mit ihnen am besten umgeht. So wird etwa nur gesagt, dass Marita den Hunden einen Brei zubereitet, wobei fraglich ist, um was es sich da genau handelt. Themen wie Impfungen oder Welpennahrung werden nicht angesprochen. Das ist schade, wird doch gerade bei "Bibi und Tina" stets gezeigt, wie gut man Informationen zur Tierpflege in die Hörspielhandlung integrieren kann - beispielsweise als Bibi und Tina dort in der Folge "Die Tierärztin" einen herrenlosen Hund finden.

Ebenso wäre es logisch gewesen, nicht nur eine Zeitungsanzeige aufzugeben, sondern auch das Tierheim über die Findelwelpen zu informieren - schließlich müssen Bibi und Marita damit rechnen, dass der Eigentümer eher dort nachfragt, als in die Zeitung zu schauen. Überhaupt ist es ungewöhnlich, dass Karla Kolumna es bei der knappen Annonce belässt. Typisch für sie wäre ein eigener Artikel, in dem sie dramatisch das Schicksal der drei Welpen schildert, um den Eigentümer aufmerksam zu machen.

Fazit:

Eine sehr durchschnittliche Folge, die nach dem Hören schnell vergessen ist. Spannung will nicht recht aufkommen, die Handlung ist vorhersehbar, die wenigen amüsanten Szenen können da nicht viel herausreißen. Keine der schlechtesten Bibi-Episoden, aber auch in keiner Hinsicht etwas Besonderes.

Sprechernamen:

Bibi Blocksberg: S. Bonasewicz
Bernhard Blocksberg: G. Weber
Marita: U. Hugo
Karla Kolumna: G. Fritsch
Hinki: M. Pan
Pinki: A. Mannkopff
Erzähler: G. Schoß

29. August 2014

Peter Schlemihls wundersame Geschichte - Adelbert von Chamisso

Produktinfos:

Ausgabe: 1984 (Erstausgabe: 1814)
Seiten: 96
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Der Autor:

Adelbert von Chamisso (1781-1838) gilt nicht nur als einer der wichtigsten Dichter der Romantik, sondern war auch ein berühmter Naturforscher. Peter Schlemihl ist sein bekanntestes Werk, daneben verfasste er vor allem Gedichte.

Inhalt:

Gerade von einer Seereise zurückgekehrt, wird der junge Peter Schlemihl von dem wohlhabenden Kaufmann Herrn John zu einer Gartengesellschaft eingeladen. Peter lernt dort einen geheimnisvollen Herrn in Grau kennen, der ihm ein seltsames Angebot macht: Peter soll ihm seinen Schatten verkaufen. Als Preis bietet der Graue ihm ein Glückssäckel, aus dem er so viel Goldstücke hervorziehen kann, wie es ihm beliebt.

Peter willigt gerne ein, da er in seinem Schatten keinen wirklichen Nutzen sieht. Doch schon kurz darauf muss er seine Meinung ändern: Seine Mitmenschen bemerken seine Schattenlosigkeit und ahnen, dass dies nicht mit rechten Dingen zugegangen sein kann - prompt halten sie sich von Peter fern. Sogar Beschimpfungen muss er sich anhören. Nur sein treuer Diener Bendel hält zu ihm und hilft ihm, die Schattenlosigkeit so gut es geht zu verbergen.

Noch schwieriger wird die Lage, als sich Peter in die schöne Mina verliebt. Sie erwidert seine Gefühle, doch er fürchtet stets, dass sie seinen fehlenden Schatten bemerkt. Schließlich verrät ihn auch noch sein zweiter Diener Rascal. Peter hofft, endlich den grauen Herrn wiederzutreffen, um den Handel irgendwie rückgängig machen zu können ...

Tausche Schatten gegen Glückssäckel

Wer hätte es nicht gern, ein Glückssäckel, das unendlich viele Goldstücke bereit hält? Und einen Schatten, wofür braucht man ihn schon - ist das kein ausgesprochen fairer Preis? - Genauso denkt Peter Schlemihl und stürzt sich durch diesen fatalen Handel geradewegs ins Verderben.

Es ist das klassische Muster vom Teufelspakt, das Adelbert von Chamisso in diesem romantischen Kunstmärchen präsentiert. Freilich geht es dem "Grauen", wie die mephistophelische Gestalt hier genannt wird, zunächst nur um Peters Schatten und erst später um seine Seele - doch die Folgen sind für Peter kaum weniger schlimm als der übliche Seelenverkauf. Der Schatten mag dem Menschen im Alltag kaum etwas nützen, doch ist er gewöhnlich unveräußerlich und gehört ganz selbstverständlich zu jedem Wesen und Gegenstand. Wer keinen Schatten besitzt, ruft dementsprechend Misstrauen hervor: Peter wird zum Außenseiter, verlacht und verhöhnt und oftmals gar gefürchtet - schließlich liegt es nah, dass sich ein Mensch schwer versündigt haben muss, damit ihm so etwas Selbstverständliches wie der Schatten verlustig geht! Sein Wunsch nach Reichtum und sein vorschnelles, unbedachtes Handeln werden Peter Schlemihl zum Verhängnis.

Die Erzählung ist insofern durchaus lehrreich und warnt vor der Fixierung auf Reichtum; das Schattenmotiv lässt natürlich eine Reihe von Deutungen zu und ist ein dankbarer Diskussions- und Forschungsgegenstand. Das Werk ist dabei aber auch amüsant und unterhaltsam. Der "Graue" ist eine interessante Teufelsfigur, da er zwar einerseits von Beginn an mysteriös erscheint, sich andererseits aber wie selbstverständlich in der Gesellschaft bewegt und ausgesprochen galant auftritt. Seine joviale Art täuscht anfangs über seine wahre Natur hinweg, die im späteren Handlungsverlauf umso eindrucksvoller vor Augen geführt wird. Zu den humorvollsten Szenen der Geschichte gehören jene, die Schlemihl mit seinem abtrünnigen Schatten konfrontieren. Frustriert und bekümmert muss Schlemihl mitansehen, wie herabwürdigend der Graue mit seinem edlen Schatten umspringt. Auch die Jagd auf einen fremden Schatten ist witzig dargestellt, ebenso wie der vornehm-diabolische Habitus des Grauen immer wieder eine gelungene Mischung abgibt. Überhaupt gehört diese Zusammenführung aus witziger und anrührender Atmosphäre zu den größten Stärken der Novelle, die bei allem amüsanten Charme auch stets eine gewisse Melancholie bewahrt.

Kritisieren lässt sich sicherlich, wie rasch der Umschwung bei Schlemihl von Glück zu Unglück herbeigeführt wird. Er hat kaum Gelegenheit, sich seines Glückssäckels zu erfreuen, da er schon fast unmittelbar nach dem Tausch kritische Kommentare zu seinem fehlenden Schatten hört. Peters Ausschluss aus der Gesellschaft und seine Reue über den Handel wachsen nicht allmählich heran, sondern treten fast unvermittelt ein. Reizvoll wäre gewesen, Peter erst nach und nach begreifen zu lassen, was er mit seinem Schattenverkauf angerichtet hat und wie ablehnend die Gesellschaft von nun an auf ihn reagiert. Gegenüber dem Grauen erscheint Peter Schlemihl, dessen Gestaltung in vielerlei Hinsicht an die des Autors Chamisso angelehnt ist, vergleichsweise ein bisschen blass; sicher gibt es viele Werke mit eindrucksvolleren Charakteren, was den Lesespaß aber nicht entscheidend trübt.

Fazit:

Unterhaltsame, märchenhafte Novelle der Romantik, die gleichermaßen durch humorvolle Momente und leise Melancholie überzeugt. Das klassische Motiv vom Teufelspakt wird hier auf originelle Weise umgesetzt und sorgt für vergnügliche und anregende Lektüre.

28. August 2014

Bibi und Tina - Wo ist Felix?

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Inhalt:

Bibi und Tina freuen sich auf ihren Ausritt mit Amadeus und Sabrina, den sie mit einem Picknick verbinden wollen. Als sie aufbrechen wollen, möchte Sabrinas Fohlen Felix unbedingt mitkommen. Frau Martin erlaubt es - allerdings sollen Bibi und Tina nur zur Koppel des Grafen reiten.

Auf der Koppel machen es sich die Mädchen gemütlich. Doch kurz darauf bekommen sie einen Schreck: Felix ist verschwunden! Er ist unbeobachtet durch ein Loch im Koppelzaun geschlüpft und offenbar in den Wald gelaufen. Bibi und Tina nehmen auf ihren Pferden sofort die Verfolgung auf.

Unterwegs begegnet ihnen Sigurd von Strauch mit einem Pferdeanhänger. Die Mädchen kennen Sigurd, den Sohn des reichen Gutsbesitzers Friedhelm von Strauch, und wissen nur zu gut, dass er zu kriminellen Absichten neigt. Daher verdächtigen sie ihn, Felix gefangen zu haben, um ihn zu verkaufen. Doch zu ihrer Enttäuschung befinden sich im Anhänger nur zwei fremde Fohlen. Also setzen die Mädchen ihre Suche nach Felix fort. Allerdings haben sie Sigurd jetzt auf eine finstere Idee gebracht ...

Bewertung:

Nachdem die Geburt von Sabrinas Fohlen Felix seinerzeit das Hauptthema der ersten Bibi-und-Tina-Folge bildete, taucht der kleine Hengst dementsprechend regelmäßig als wichtiger Bestandteil der Geschichten auf. Bereits in den Folgen "Felix reißt aus" und "Eine Freundin für Felix" stand er im Mittelpunkt, und an jene beiden Episoden erinnert auch die Handlung dieser Geschichte - in "Felix reißt aus" mussten sich Bibi und Tina gleichfalls auf die Suche nach ihm begeben; in "Eine Freundin für Felix" ging es um einen Fohlenverkauf, den die Mädchen verhindern wollten, und auch dort war bereits Sigurd von Strauch mit von der Partie.

Die Folge beginnt gemütlich, ausnahmsweise nicht mit einem Wettreiten, sondern mit einem gemächlichen Ritt durch den Wald, da Bibi und Tina Felix bei sich haben. Doch ab dem Picknick auf der Koppel ist es mit der Gemütlichkeit vorbei, und die Handlung setzt auf verschiedene Orte, die abwechselnd beleuchtet werden, und läuft beinah in Echtzeit ab. Für eine gewisse Spannung ist gesorgt, denn es bleibt lange Zeit offen, wohin Felix gelaufen ist.

Gefahrenquellen gibt es eine Menge - er könnte von einem Auto angefahren werden oder sich im Unterholz verletzen. Bibi setzt zwar ihre Hexkraft ein, indem sie Felix' Hufspuren sichtbar macht. Doch Felix hat bereits einen so großen Vorsprung, dass sich die Mädchen trotzdem schwertun, ihn aufzuspüren. Tatsächlich kennt man es bereits aus anderen Folgen, dass Bibi nicht ohne Weiteres eine gesuchte Person oder einen speziellen Gegenstand herbeihexen kann, der Hexkraft sind da gewisse Grenzen gesetzt, und das wird hier positiverweise beibehalten.

Erfreulicherweise taucht hier die alte Trine vom Einsiedlerhof endlich einmal in persona auf, nachdem sie in den Folgen "Der Abschied" und "Das Tierarztpraktikum" bislang bloß erwähnt wurde. Leider ist ihr Auftritt nur sehr kurz und etwas traurig - sie hofft, dass Bibi und Tina sie besuchen kommen, stattdessen müssen die beiden sie vertrösten, da sie erst einmal nur nach Felix fragen. Es wäre schön gewesen, wenn die alte Trine eine etwas größere Rolle erhalten hätte, aber darauf müssen die Hörer wohl noch warten. Irritierend ist jedoch, dass hier vom "Weidenhof" die Rede ist statt vom Einsiedlerhof, da der Weidenhof als Wohnort der Weidenhofbäuerin (aus der Folge "Der Pferdegeburtstag") bekannt ist.

Negativ fällt auf, dass sich Bibi recht zickig verhält. Sigurd wird sofort verdächtigt, auch dem Mühlenhofbauer begegnet sie patzig, obgleich der sich wiederum ungewohnt umgänglich zeigt. Normalerweise ist eher Tina der zickige und schwierige Charakter, hier erscheint es umgekehrt. Zu Beginn der Folge zeigt sich Bibi zudem übertrieben angeekelt von Schnecken auf dem Waldweg - für eine so naturverbundene Person wie Bibi ist das nicht gerade glaubwürdig.

Etwas konstruiert erscheint es, wie schnell sich Felix offenbar von der Koppel fortbewegt hat. Obwohl man meinen sollte, dass Bibi und Tina zu Pferd deutlich schneller seien als ein Fohlen, das nun vermutlich auch nicht unbedingt zielstrebig galoppiert, scheint ihnen Klein-Felix nahezu uneinholbar weit voraus zu sein. Des Weiteren fällt störend auf, dass Sigurds Plan allzu naiv ist. Weder braucht es besonderes detektivisches Gespür, um ihn zu durchschauen, noch wirkt es realistisch, wie wenig durchdacht er die Sache angeht, kurz, Sigurd wird hier nicht gerade als ernsthafter Gegenspieler präsentiert.

Fazit:

Eine solide, aber nicht wirklich überdurchschnittliche Bibi-und-Tina-Folge, die an eine Kombination aus Versatzstücken älterer Folgen erinnert. Teilweise kommt durchaus Spannung auf, doch eine Reihe von Kleinigkeiten sorgt für Abzüge beim Gesamteindruck.

Sprechernamen:

Bibi Blocksberg: S. Bonasewicz
Tina Martin: D. Hugo
Frau Martin: E. Meyka
Sigurd v. Strauch: M. Collé
Friedhelm v. Strauch: L. Riedel
Mühlenhofbauer: G. Holtenau
Gerhard v. Halem: O. Feld
Alte Trine: B. Gerlach
Marktfrau: I. Teichmüller
Erzähler: G. Schoß

27. August 2014

Eine amerikanische Tragödie - Theodore Dreiser

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Produktinfos:

Ausgabe: 1925
Seiten: 764

Der Autor:

Theodore Dreiser (USA), 1871-1945, entstammte einer Arbeiterfamilie und arbeitete zunächst als Journalist, bevor er im Jahr 1900 seinen ersten Roman veröffentlichte. Dreiser gehört zu den Hauptvertretern des amerikanischen Naturalismus und wird oft mit Emile Zola verglichen. Weitere Werke sind u. a.: Schwester Carrie, Jennie Gerhardt, Trilogie der Begierde (Der Finanzier, Der Titan, Der Stoiker).

Inhalt:


Kansas City, Anfang des 20. Jahrhunderts: Clyde ist eines von vier Kindern der Straßenprediger Asa und Elvira Griffith. Schon in jungen Jahren ist er unzufrieden mit seiner Herkunft und seinen Lebensverhältnissen. Clyde sehnt sich nach Geld und Unabhängigkeit, aber auch nach Ansehen in der Gesellschaft. Zunächst verdient er sich etwas Taschengeld als Sodawasserverkäufer, ehe er einen Job als Hotelpage antritt.

Der Alltag im luxuriösen Green-Davidson-Hotel fasziniert Clyde, der Verdienst übertrifft seine Erwartungen. Er schließt Freundschaft mit Kollegen und genießt sein neues Leben - bis er in einen Unfall verwickelt wird und aus Angst vor Strafverfolgung die Stadt verlässt. Sein Weg führt ihn über Umwege nach Lycurgus in New York, wo sein ihm bislang unbekannter Onkel Samuel eine Kragenfabrik leitet. Samuel Griffith ist recht angetan vom aufgeweckten Clyde und will ihm eine Bewährungschance geben; Clyde soll die Möglichkeit bekommen, sich in der Firma hochzuarbeiten.

Trotz der feindseligen Haltung seines Cousins Gilbert fühlt sich Clyde wohl in seiner neuen Position. Er lernt fleißig und verliebt sich schließlich in die bescheidene Arbeiterin Roberta. Da Verhältnisse zwischen Angestellten und Arbeiterinnen verboten sind, muss die Beziehung geheim bleiben. Allmählich aber erhält Clyde durch seine reiche Familie auch Eingang in die elitären Kreise. Dort lernt er die hübsche Sondra Finchley kennen, die aus wohlhabender Familie stammt. Weder Roberta noch Sondra ahnen etwas von seinem Doppelspiel. Als Roberta ungeplant schwanger wird, sieht Clyde seine Zukunft gefährdet. Eine Katastrophe bahnt sich an ...

Bewertung:

Ein Kriminalprozess aus dem Jahr 1906 inspirierte den großen Naturalisten Theodore Dreiser einst zu seinem berühmtesten Roman, der auch mehrfach verfilmt wurde. Ein junger Mann will nach oben, sucht seinen "Platz an der Sonne", wie es die Hollywoodverfilmung mit Montgomery Clift und Elizabeth Taylor so schön sagt - und wird dabei zum Opfer seiner Wünsche und Träume, die noch weitere Menschen mit ins Verderben ziehen. Zu Recht wird häufig der Vergleich zu Dostojewskis "Schuld und Sühne" gezogen und wer sich für menschliche Abgründe, psychologische Tiefe und Gesellschaftskritik jener Zeit interessiert, dem sei die "amerikanische Tragödie" als empfehlenswerter Klassiker ans Herz gelegt.

Das Werk präsentiert eine pessimistische Weltsicht, in der der Mensch einen nahezu aussichtslosen Kampf gegen Umwelteinflüsse führt. Die angeborene Herkunft, die kapitalistischen Ideale und die Klassenunterschiede bestimmen den Lauf den Lebens, ergänzt durch unglückliche Schicksalsbestimmungen. Gut sein und ebenso Handeln zu wollen alleine ist nicht ausreichend, das Individuum ist auf günstige Umstände angewiesen, um dies auch realisieren zu können. Clyde Griffith ist dementsprechend kein schlechter Mensch, er hat vor allem schlechte Karten. Seine Eltern sind nicht nur arm, sondern besitzen auch noch eine puritanische, äußerst eingeschränkte Weltsicht. Bescheidenheit und strenge Religiosität sind die Grundkomponenten, die sie vermitteln. Bezeichnenderweise ist auch Clydes Vater Asa wiederum durch seine Umwelt geprägt, wurde er doch vom Vater stets zurückgesetzt. Während Asas Brüder durch ein reiches Erbe ihr Leben erfüllend gestalten konnten, wurden für Asa die Weichen für ein Leben in Armut gelegt, dem auch nun sein Sohn Clyde kaum entfliehen kann.

Zwiespalt des Protagonisten

Clyde schämt sich für die Missionstätigkeit auf der Straße und sehnt sich nach der Erfüllung des amerikanischen Traums - sich hocharbeiten in ein wohlhabendes Leben, auch wenn es Mühe kostet. Eine umfassende Schulbildung durfte Clyde nicht genießen, doch er ist lernbegierig und recht aufgeweckt. Engagiert tritt er seine ersten Jobs an und ist selig, als er endlich eigenes Geld verdient. Die Kragenfabrik seines reichen Onkels und dessen dezentes, aber durchaus wohlwollendes Entgegenkommen scheinen Clyde neue Perspektiven zu eröffnen. Doch nun ist es sein Cousin Gilbert, der ihm äußerlich so gleicht und der gerade deshalb unwillig und ablehnend auf den armen Verwandten reagiert. Auch Clydes Onkel Samuel ist auf Äußerlichkeiten und den Ruf von Familie und Firma bedacht, Gilbert allerdings in noch weit höherem Maße. Clyde erhält keine Chance von Gilbert auf eine freundschaftliche oder familiäre Beziehung, stattdessen nutzt Gilbert jede Gelegenheit, um den unliebsamen Cousin schlechtzureden.

Auch die Liebe zur sanften Roberta vermag nur kurzzeitige, aber keine dauerhafte Erfüllung zu bringen. Die Beziehung muss geheim bleiben, will Clyde seine Stellung nicht verlieren, die ungewollte Schwangerschaft bedeutet eine Katastrophe. Dazu kommt Clydes frisch entflammte Liebe zur schönen Sondra Finchley, deren Kreise all das verkörpern, was sich der junge Mann seit jeher erträumt. Clyde steht nicht nur zwischen zwei Frauen, sondern zwischen zwei Welten - doch wenn er Roberta verlässt, droht sein Doppelspiel aufzufliegen, sodass er beide Frauen verlieren würde. Dieser Zwiespalt, dem Dreiser viele Seiten widmet, übt einen besonderen Reiz auf den Leser aus. Clydes Situation wird immer gefährlicher, immer öfter hat er Mühe, für die Absagen gegenüber Roberta plausible Gründe zu finden. Dazu kommt, dass sein Name bei gesellschaftlichen Ereignissen gelegentlich in der Zeitung genannt wird und Roberta seine Aktivitäten daher nicht geheim bleiben.

Auch gegenüber Sondra kann er nie ganz entspannt sein: Zum einen schwebt stets Roberta wie ein Damoklesschwert über seinem Kopf. Zum anderen hat er gegenüber Sondra und deren Freunden seine Herkunft und seinen Verdienst geschönt dargestellt. Seine Verwandtschaft mit Samuel Griffith sorgt zwar für Anerkennung, doch darf niemand erfahren, wie wenig Kontakt er tatsächlich zur Familie seines Onkels pflegt, dass er sie erst vor Kurzem kennen gelernt hat und wie arm demgegenüber seine Eltern sind. Die ständigen Lügen und Verstellungen gegenüber beiden Frauen weiten sich zum Parforceritt aus, die Schlinge um Clydes Hals zieht sich immer enger zu. Den Höhepunkt seines seelischen Zwiespalts erreicht Clyde im 47. Kapitel, das dank seiner Intensität gewiss die beste Stelle des gesamten Romans darstellt. Puritanisches Gedankengut und Fixierung auf Statussymbole ziehen sich wie ein roter Faden durch die Einstellungen der Figuren und machen eine individuelle Bewährung nahezu unmöglich.

Clydes ungünstige Umstände - seine Herkunft, sein ablehnender Cousin, die Engstirnigkeit der Gesellschaft, die überwiegend nach Abstammung und Vermögen urteilt - sind für einen Großteil der Ereignisse verantwortlich, aber auch sein eigener Charakter trägt sein Quäntchen dazu bei. Clyde ist, insbesondere zu Beginn, keine sehr sympathische Figur. Er ist recht oberflächlich, er denkt viel an seine eigenen Belange, er handelt vorschnell, er gesteht Fehler ungern ein. Allerdings sorgt seine schwierige Ausgangslage auch für Verständnis beim Leser; bewusst stellt Clyde eine Durchschnittsperson dar, die nicht über die überdurchschnittliche Kraft und Stärke verfügt, um sich gegen den Determinismus aufzulehnen.

Überwiegend facettenreiche Charaktere

Die weiteren Figuren sind größtenteils facettenreich angelegt, sieht man von Gilbert Griffith ab, dem jedweder sympathische Zug fehlt. Gilbert ist arrogant und eitel, schon als sein Vater ihm von der Ähnlichkeit zwischen ihm und Clyde berichtet, nimmt er sich vor, den fremden Cousin rundweg abzulehnen. Um es sich nicht mit seinem Vater zu verscherzen, duldet er Clyde in der Firma, ist jedoch stets bemüht, dessen Fähigkeiten in Abrede zu stellen. Differenzierter scheint dagegen Gilberts Vater. Er fühlt zwar keinen großen familiären Bezug mehr zu seinem Bruder Asa, den er seit dreißig Jahren nicht mehr gesehen hat, aber im Stillen erkennt er an, dass Asa ihm gegenüber deutlich benachteiligt wurde; sein Wohlwollen gegenüber Clyde beruht sowohl auf einer grundsätzlichen Sympathie als auch auf dem Gefühl, seines Bruders Familie eine kleine Wiedergutmachung zukommen lassen zu müssen.

Sowohl die reiche Sondra Finchley als auch die arme Roberta sind gelungene Charaktere und erfreulicherweise werden sie nicht als reine Gegenpole gegeneinander ausgespielt. Roberta ist ein einfaches, hübsches, liebenswertes Mädchen, das seiner Familie nah steht und das Clyde von ganzem Herzen liebt. Neben Clydes innerem Zwiespalt gehören Robertas Seelennöte, als sich Clyde allmählich von ihr abwendet, zu den beeindruckendsten Passagen des Werks.

Sondra dagegen stammt aus reicher und angesehener Familie und gilt als strahlende Schönheit, doch ist sie nicht so oberflächlich wie viele andere aus ihrer Schicht. Gewiss glaubt sie zunächst, dass Clydes Vergangenheit etwas nobler ist als in Wirklichkeit der Fall, aber Geld ist für sie nicht alles. Sie schätzt an Clyde weit mehr als sein hübsches Aussehen und seine Zugehörigkeit zur berühmten Griffith-Familie und hat keine Scheu, ihm heimlich immer wieder etwas Geld zuzustecken, damit er sich nicht vor den gemeinsamen Bekannten bloßgestellt fühlt. Sondra ahnt nicht, in welche Probleme Clyde durch die Liebe zu ihr gestürzt wird und wird selbst zu einer Art tragischen Gestalt, da sie unwissentlich Clydes Nöte verstärkt und schließlich Gefahr läuft, ihren eigenen Ruf zu verlieren. Eine weitere wichtige Gestalt ist Clydes Mutter Elvira. Ihr strenger Glaube und ihr engstirniger Moralkodex, der Roberta für deren Unkeuschheit eine erhebliche Mitschuld zuspricht, stehen einer bedingungslosen und aufopferungsvollen Mutterliebe gegenüber, deren Intensität den Leser anrührt.

Kleine Mankos

Dreisers Werk zählt zu den wichtigsten amerikanischen Romanen des 20. Jahrhunderts, indes ist es nicht ganz frei von Schwächen. Grundsätzlich ist sein Stil gewöhnungsbedürftig - oft ausufernd und an vielen Stellen zu erklärend. Figuren werden häufig mit einer expliziten Kurzcharakteristik vorgestellt, statt sie durch ihr Handeln oder ihre Reden indirekt zu beschreiben, was ein bisschen unbeholfen wirkt. Andere Vorstellungen wirken gar unfreiwillig komisch, etwa wenn es über eine Firmenangestellte lapidar heißt: "Sie war klein, dick, hässlich und etwa fünfunddreißig Jahre alt."

Neben Gilbert und vielleicht auch Clydes etwas zu negativer Darstellung fällt vor allem auf, dass Clydes Geschwister sehr kurz kommen. Zu Beginn des Romans liegt noch die Erwartung nah, dass auch sein Bruder und seine beiden Schwestern näher beleuchtet werden. Tatsächlich aber erhält nur Esta etwas Raum, über Julia und Frank erfährt man dagegen so gut wie nichts. Sehr übertrieben erscheint sehr frühes Liebesgeständnis, indem er Roberta bereits nach dem ersten privaten Treffen rundheraus gesteht: "Sie müssen wissen, dass ich rasend verliebt in Sie bin, seitdem Sie hier sind". Gerade da Clyde weiß, dass er seine Stellung damit riskiert, über die er so glücklich ist, ist dieses Verhalten fraglich - schließlich kann er Roberta zu diesem Zeitpunkt wohl kaum bereits so gut einschätzen, dass sie Stillschweigen bewahren wird.

Fazit:

Ein insgesamt sehr lesenswerter Roman, der zu Recht zu den amerikanischen Klassikern zählt. Den Leser erwartet hier ein in weiten Teilen typisch naturalistisches Werk, das sich gesellschaftskritisch mit den Bedingungen des frühen 20. Jahrhunderts und der Illusion des amerikanischen Traums auseinander setzt.

25. August 2014

Benjamin Blümchen - Ottos neue Freundin (Teil 1)

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Inhalt:

Es ist ein regnerischer Abend, als Benjamin und Otto nach der Besucherzeit jemandem im Zoo finden - Stella Stellini, Ottos neue Klassenkameradin. Stella ist neu in der Stadt und hat in der Schule von Ottos angeblichem Freund Benjamin erfahren. Da sie nicht an die Existenz eines sprechendes Elefanten glauben konnte, wollte sie das überprüfen und wurde versehentlich nach Zooschluss eingeschlossen.

Durch den Regen ist Stella ganz durchnässt und zieht sich eine Erkältung zu. Am nächsten Tag liegt sie krank im Bett, sie hat Halsschmerzen und Fieber. Benjamin und Otto besuchen sie, auch Karla Kolumna schaut vorbei. Damit Stella nicht langweilig ist, erzählen Benjamin und Otto ein paar von ihren Abenteuern.

Den Anfang macht die Geschichte, in der Benjamin selbst einmal als Kinderarzt arbeitete. Danach erzählen sie von Benjamins Zeit als Wetterelefant, in der er auch Otto kennenlernte. Schließlich erfährt Stella auch noch die Geschichte von der Eisprinzessin. Und langsam geht es ihr auch etwas besser ...

Bewertung:

100 Folgen Benjamin Blümchen - ein solches Jubiläum lädt natürlich zu einer besonderen Folge ein. Kiddinx hat dementsprechend eine Doppelfolge veröffentlicht, in der erstens mit Stella Stellini eine neue Hauptfigur eingeführt wird und in der zweitens einige frühere Abenteuer Benjamins thematisiert werden. Bei einer Jubiläumsfolge sind die Erwartungen hoch, indes kann diese Episode nichts davon einlösen.

Gewöhnungsbedürftige neue Figur

Ein großer Haken liegt bereits bei der neuen Figur Stella selbst, denn die ist weder auffallend interessant noch besonders sympathisch. Stella soll wohl in erster Linie als cleveres und furchtloses Mädchen porträtiert werden - damit soll dem Vorurteil vorgebeugt werden, dass ein Mädchen als Dritte im Bunde zu empfindlich für Benjamins Abenteuer sein könnte.

Allerdings erscheint Stella eher als vorlaut und dreist, und es fällt nicht gerade leicht, sie als neue zusätzliche Hauptfigur zu akzeptieren. Auf Benjamins überraschte Worte "Ach du liebes bisschen" bei ihrem ersten Auftauchen entgegnet sie patzig "Ich bin kein liebes Bisschen!", auf seinen besorgten Rat, sie müsse ein heißes Bad nehmen, antwortet sie besserwisserisch: "Ein Bad kann doch nicht heiß sein, nur das Wasser darin." Diese für sie typische Haltung führt sie auch fort, als Benjamin ihr zur Aufmunterung die erste Geschichte erzählen will: Stella ist "zu groß für Märchen", wie sie recht abfällig sagt, obgleich bei Benjamin Blümchen und auch Bibi Blocksberg doch gewöhnlich dafür plädiert wird, Märchen nicht zu vergessen. Stella ist grundsätzlich nicht unbedingt unsympathisch, aber auch längst nicht so liebenswert, dass man sie als langjähriger Hörer freudig in der Serie begrüßen würde.

Wenig Handlung, irritierende Neubesetzung

Des Weiteren ist die Handlung nach diesem ersten Kennenlernen recht belanglos. Die Grundkonstellation erinnert stark an die alte Folge "Otto ist krank", in der Benjamin zusammen mit Karla Kolumna und Ottos Mutter seinen Freund durch Lieder und Erzählungen aufmunterte. Hier werden keine neuen Geschichten präsentiert, sondern es werden die drei Episoden "Benjamin als Kinderarzt", "Benjamin als Wetterelefant" und "Die Eisprinzessin" eingebaut. Es werden einige Dialoge aus den jeweiligen Folgen eingespielt, ergänzt durch Kommentare von Benjamin, Otto und Karla, sodass der Hörer eine Kurzfassung dieser Episoden erhält.

In diesen alten Folgen fungierte noch der Ursprungsbenjamin Edgar Ott als Sprecher. Damit nicht zwei unterschiedliche Benjaminstimmen in dieser Folge auftauchen, wurden die alten Dialoge neu eingesprochen - und zwar wurde hier nicht lediglich Edgar Otts Stimme durch die Jürgen Kluckerts ersetzt, sondern auch sämtliche weitere Rollen in diesen Ausschnitten erhielten neue Sprecher, die Folgenausschnitte wurden also komplett neu aufgenommen. Dieses Prozedere kann man durchaus mit gemischten Gefühlen betrachten: Zum einen ist es ein interessantes Experiment, alte Episoden neu zu besetzen. Die neuen Sprecher sind solide bis gut in den Rollen, sie verleihen den (fast immer wörtlich beibehaltenen) Dialogen durch teils andere Betonungen ein leicht verändertes Gewand.

Und doch ist es gerade für traditionsbewusste Hörer letztlich nur ein Abklatsch der ursprünglichen Folgen, und man vermisst die ursprünglichen Sprecher. Wenigstens Wetterhahn Siegfried Simpel hätte man seine Stimme lassen oder ihn alternativ von seinem ursprünglichen Sprecher erneut übernehmen lassen können, schließlich ist Wilfried Herbst regelmäßig als Sekretär Pichler in der Benjamin-Reihe im Einsatz und nicht wie viele andere Sprecher verstorben oder im Ruhestand. Der Sinn hinter der Einflechtung alter Folgen bleibt indes diffus: Wer die Folgen bereits kennt, wird hier gelangweilt, trotz der neuen Stimmen; wer die Geschichten bislang nicht kannte, erfährt hier jeweils auch das Ende und hat somit nicht mehr viel Anreiz, sich nachträglich die Folgen zuzulegen.

Weitaus besser gelungen ist Kiddinx das Konzept der Jubiläumsfolge bei Bibi Blocksberg: Dort sticht die hundertste Episode ebenfalls heraus, da ihr Überlänge verliehen wurde, besonders viele Charaktere der Serie auftauchen und Ereignisse früherer Folgen in die Handlung miteinbezogen wurden. Ähnliches wäre für Benjamin Blümchen gleichfalls machbar gewesen - angeboten hätte sich etwa eine Handlung, in der Stella gemeinsam mit Benjamin und Otto in ein Abenteuer verwickelt wird, wo sie mit den beiden Freundschaft schließt und wo idealerweise, zur Feier des Jubiläums, so viele aus früheren Folgen bekannte Nebencharaktere wie möglich miteingebunden werden. Leider wurde diese Möglichkeit verschenkt - warum auch immer.

Fazit:

Schwache Jubiläumsfolge, die sich nur für Benjaminfans lohnt, die ihre Sammlung vervollständigen möchten. Die neue Hauptfigur Stella erscheint nur bedingt sympathisch, die Handlung ist für Kenner der alten Folgen langweilig. Kann man getrost auslassen.

Sprechernamen:


Benjamin: J. Kluckert
Otto: K. Primel
Stella: M. Bierstedt
Stellas Mama: M. Pukaß
Karla Kolumna: G. Fritsch
Dr. Wunderlich: W. Völz
Erzähler: G. Schoß

23. August 2014

Benjamin Blümchen - Die Wunderblume

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Inhalt:

Benjamin und Otto erhalten im Zoo überraschenden Besuch: Der berühmte Neustädter Botaniker Professor Floribus nimmt an einer Expedition teil und sucht dringend jemanden, der in der Zwischenzeit auf seine wertvolle Orchis stimulancia achtgeben kann. Da sich Benjamin sehr für Blumen interessiert und sich gut damit auskennt, fiel die Wahl des Professors auf ihn.

Benjamin ist natürlich gerne bereit, diese verantwortungsvolle Aufgabe zu übernehmen. Die Pflege der Orchidee ist auch gar nicht schwer: viel Licht und nur ab und zu die Erde befeuchten. Allerdings handelt es sich um eine besondere Blume - ihre Blätter rufen einen außergewöhnlichen Wach-Effekt hervor und vertreiben im Nu jede Schläfrigkeit.

Zur gleichen Zeit treiben sich die beiden Gauner Hinki und Pinki im Zoo herum. Als sie von der Blume erfahren, wittern sie große Beute: Gerade ist der Maharadscha von Rubinistan in Neustadt und hat eine hohe Belohnung ausgesetzt für denjenigen, der ihn von seiner Schlafkrankheit heilt. Sie hecken einen Plan aus, um die Blume zu stehlen ...

Benjamin hütet Blümchen

Wenn die Neustädter Gauner Hinki und Pinki ihr Unwesen treiben, heißt das gewöhnlich nichts Gutes für die Qualität eine Benjamin-Blümchen-Folge - was sich in der "Wunderblume" ein weiteres Mal bestätigt.

Die Schwächen der Episode zeigen sich bereits in den ersten Minuten. Wie so oft seit den Neunzigerfolgen werden die Zootiere unnötig vermenschlicht - die Laute von Nicki Nasenbär und Winni Waschbär klingen sehr aufgesetzt und unnatürlich, ebenso wie die der Mäuse, die im späteren Verlauf der Handlung hinzustoßen. Otto und Benjamin demonstrieren immer wieder ihre nervtötende Angewohnheit, Dinge gleichzeitig auszusprechen. Zudem wirkt Benjamin viel zu dümmlich und reagiert beispielsweise panisch, als der Professor von seiner Ananas-Expedition spricht, da Benjamin "Expedition" mit "Explosion" verwechselt - Otto muss ihm die Wortbedeutung erst erklären, doch am Ende der Folge hat er es ohnehin wieder vergessen.

Die Folge ist an vielen Stellen übermäßig konstruiert gestaltet. Vor allem wirkt es sehr gezwungen, dass sich ausgerechnet zu der Zeit ein schlafkranker Maharadscha in Neustadt befindet, in dem Benjamin eine Wunderblume mit wachmachenden Eigenschaften anvertraut wird. Dadurch bedingt ist die Handlung auch sehr vorhersehbar - der Hörer weiß nicht nur die ganze Zeit, wer die Diebe sind, sondern natürlich auch, wohin die Blume gebracht wird. Auch für Benjamin und Otto ist es naheliegend, wirkliche Detektivarbeit ist hier hinfällig. Konstruiert erscheint ebenfalls, dass Benjamin plötzlich als Spezialist für Blumen gilt. Grundsätzlich mag Benjamin Blumen natürlich, aber sein Name hat damit weniger zu tun, denn schließlich weiß man aus der Folge "Benjamin in Afrika", dass bereits seine Großeltern diesen Nachnamen trugen. In der Folge "Rettet den Zoo" fragt Otto Benjamin gar, ob er Blumen möge und damit als Gärtner arbeiten könne - wäre Benjamin ein solcher Experte, wie es hier dargestellt wird, würde sein bester Freund wohl diese Frage nicht stellen. Grundsätzlich ist es fragwürdig, dass der Botanikprofessor keinen geeigneteren Pfleger für seine kostbare Blume kennt, es sollten doch genug fachkundige Kollegen in Frage kommen, die erfahrener sind als Benjamin.

Hinki und Pinki schließlich sind in erster Linie nervige Charaktere, vor allem der begriffsstutzige Pinki, den Andreas Mannkopff - sonst zweifellos ein guter Sprecher - mit übertrieben hoher Clownsstimme spricht. Die beiden sind weder clever noch raffiniert, speziell dieser Plan ist sehr durchschaubar, kein Vergleich etwa zum gerissenen Schlawiner Herrn Schmeichler, der sich auch schon oft bei Bibi Blocksberg und Benjamin auf Kosten anderer bereicherte. Letztlich wirft es auch Fragen auf, warum Hinki und Pinki, wie der Erzähler sagt, ihre Zeit am liebsten am Zoo verbringen und woher sie das Geld dazu haben - schließlich dürften die beiden Gauner finanziell eher schlecht dastehen.

Die Sprecher geben wie üblich ihr Bestes; Hans Teuscher und Klaus-Dieter Klebsch haben kleine, aber prägnante Auftritte als Maharadscha und Botaniker. Der Running Gag mit den Mäusen und ihre Rolle darin ist recht niedlich, aber das war es im Grunde auch schon mit den positiven Aspekten.

Fazit:

Eine eindeutig unterdurchschnittliche Benjamin-Folge, die in erster Linie albern und vorhersehbar ist. Spannung will kaum aufkommen, die Gauner Hinki und Pinki nerven, es gibt Logikschwächen und sehr konstruierte Elemente - alles in allem eine der schlechtesten Episoden.

Sprechernamen:

Benjamin Blümchen: J. Kluckert
Otto: K. Primel
Karla Kolumna: G. Fritsch
Herr Tierlieb: E. Vaessen
Floribus: D. Klebsch
Maharadscha: H. Teuscher
Assistent: U. Schenk
Hinki: M. Pan
Pinki: A. Mannkopff
Erzähler: G. Schoß

22. August 2014

Mystic River - Dennis Lehane

Produktinfos:

Ausgabe: 2005
Seiten: 656
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* * * * *
Der Autor:

Dennis Lehane (USA), geboren 1965, arbeitete in diversen Jobs, ehe er einen Kurs im Kreativen Schreiben besuchte und daraufhin seinen ersten Roman verfasste. Seit den neunziger Jahren widmet er sich hauptberuflich dem Schreiben von Krimis und Thrillern, die teilweise auch erfolgreich verfilmt wurden. Bekannte Werke sind u. a. Absender unbekannt, Kein Kinderspiel und Shutter Island.

Inhalt:

Jimmy Marcus, Sean Divine und Dave Boyle sind als Kinder befreundet, ihre Väter sind Arbeitskollegen. Gemeinsam wachsen sie in einem rauen Bostoner Arbeiterviertel auf. Als sie elf Jahre alt sind und gerade mal wieder zusammen spielen, entführen zwei Männer mit einem Autor Dave und missbrauchen ihn mehrere Tage lang, ehe er fliehen kann. Nichts ist mehr wie vorher: Dave ist verstört, seine Mutter schirmt ihn ab, Jimmy und Sean haben Gewissensprobleme.

25 Jahre später: Jimmy, Sean und Dave leben immer noch in Boston, haben aber kaum noch Kontakt zueinander. Jimmy führt nach einer Verbrecherkarriere einen Laden und ist glücklich in zweiter Ehe und mit seinen drei Töchtern. Sean ist Polizist geworden, Dave ist verheiratet und hat einen Sohn. Eines Nachts kehrt Daves neunzehnjährige Tochter Katie nicht vom Feiern nach Hause. Am nächsten Tag findet die Polizei ihre Leiche im Park - Katie wurde erschossen.

Sean übernimmt die Ermittlungen und wird dadurch wieder mit seinen alten Freunden konfrontiert. Jimmy verliert vor Verzweiflung fast den Verstand und will um jeden Preis den Mörder seiner Tochter finden. Zur gleichen Zeit verhält sich Dave auffallend seltsam, zudem besuchte er in der Tatnacht die gleiche Bar wie Katie und hat seitdem eine Handverletzung. Allmählich wächst in Jimmy der Verdacht, dass sein einstiger Freund etwas mit ihrem Tod zu tun haben könnte ...

Der Junge, der den Wölfen entkam


"Mystic River" war der Roman, der Thrillerexperte Dennis Lehane 2001 zum internationalen Durchbruch verhalf, unterstützt durch Clint Eastwoods nicht minder erfolgreiche Verfilmung, in der Sean Penn, Kevin Bacon und Tim Robbins in den Rollen der drei Freunde brillieren.

Fraglos ist Lehanes Werk einerseits ein spannender Thriller, zugleich aber auch ein bewegendes Melodram, das Themen wie Freundschaft, Schicksal, Verlust und die Frage nach richtigen und falschen Entscheidungen und ihren Konsequenzen in den Fokus rückt. Im Mittelpunkt stehen die drei ehemaligen Freunde Jimmy, Sean und Dave, die in vielerlei Hinsicht grundverschieden sind. Jimmy ist der Exgangster, der schon mit achtzehn raffinierte Beutezüge in Boston durchführte, der allerdings der Verbrechenskarriere abgeschworen hat und sesshaft geworden ist. Nach dem frühen Krebstod seiner Frau oblag ihm die Verantwortung für seine Tochter Katie, die für den Ex-Häftling eine nahezu fremde Person darstellte. Aus dem anfänglich etwas befangenen Verhältnis entwickelte sich eine intensive Vater-Tochter-Beziehung und Jimmy Marcus ist mit Mitte dreißig ein glücklicher Mann: Glücklich mit seinem Laden, glücklich mit seinen drei Töchtern, glücklich mit seiner zweiten Frau, der toughen Annabeth. Der Mord an Katie bringt alles ins Wanken und für Jimmy ist es keine Frage, dass er bereit ist, den Mörder seiner Tochter zu töten, wenn er ihn vor der Polizei findet. Jimmy ist hart und sensibel zugleich und für den Leser wie für die Romanfiguren ein unberechenbarer Charakter, der zu vielen Dingen fähig ist.

Sean Divine ist der zuständige Ermittler, der mit gemischten Gefühlen in seine Vergangenheit eintaucht. Der Tod von Jimmys Tochter berührt ihn schmerzlich, ebenso unangenehm ist die Erinnerung an Daves Entführungsschicksal. Während Seans Kollege nüchtern Daves als Verdächtigen ins Visier nimmt, schwankt Sean zwischen seinen freundschaftlichen Gefühlen, Mitleid und dem Bemühen, objektiv zu bleiben. Zu seinen eigenen Dämonen zählt die Trennung von seiner Frau, die ihn seit acht Monaten regelmäßig anruft, ohne ein Wort zu sagen und von der er immer noch hofft, dass sie eines Tages zu ihm zurückkehrt.

Dave Boyle ist auf seine Art nicht weniger komplex gestaltet als Jimmy Marcus. Nach außen hin scheint sich sein Schicksal ins Positive gewendet zu haben, schließlich geht er einem Job nach, ist seit acht Jahren glücklich verheiratet und hat einen kleinen Sohn, den er innig liebt. Und doch haben die "Wölfe im Auto" ihre Spuren hinterlassen. Dave hat seine düsteren Seiten, seine Frau ertappt ihn immer wieder bei kleinen Lügen und für den Leser ist offensichtlich, dass seine Version von der Tatnacht nicht stimmt: Dave hat zweifellos in der Nacht von Katies Tod irgendetwas Dramatisches erlebt, das er vor seiner Frau und der Polizei verbergen will - doch um was es sich dabei genau handelt, bleibt lange Zeit unklar.

Katie Marcus darf der Leser nur kurz vor ihrem Ableben kennenlernen. Doch diese Eindrücke genügen, um das Bild eines lebenshungrigen neunzehnjährigen Teenagers an der Schwelle zur Frau zu zeichnen, der einen letzten glücklichen Abend mit Freundinnen verbringt und bei aller Liebe zu ihrem Vater, ihrer Stiefmutter und ihren kleinen Schwestern auch Geheimnisse birgt. Nicht ganz überzeugen kann unter den Charakteren nur Jimmys zweite Frau Annabeth. Porträtiert wird sie grundsätzlich als starke Frau, die Jimmy in jeder Hinsicht unterstützt und dabei auch ungesetzliche Handlungsweisen in Kauf nimmt. Ihre Souveränität, die sie vor allem gegen Ende präsentiert, wirkt jedoch nicht mehr realistisch; überhaupt bleibt Annabeth eine recht kühle, unnahbare Figur, der der Leser nicht wirklich nah kommt.

Zu den besonderen Stärken des Romans gehört die sich ganz allmählich anbahnenden Auflösung, die sorgfältig vorbereitet wird. Eine Handvoll Verdächtige kommen für den Mord an Katie in Frage, aus den unterschiedlichsten Motivationen heraus. Das Risiko ist gering, dass der Leser frühzeitig mit Sicherheit den Täter und sein Motiv nennen kann, doch ebensowenig wird die Lösung überraschend aus dem Hut gezaubert. Es passt zum Tenor des Romans, dass die Tat selbst ebenfalls von Verzweiflung geprägt ist und dahinter weder eine Zufallstat noch ein Sexualverbrechen stehen. Freilich darf der Leser hier keinen besonders temporeichen Roman erwarten, in dem sich ständig neue Wendungen ergeben und in dem Cliffhanger eingesetzt werden. Trotz der gegebenen Grundspannung nimmt sich das Werk seine Zeit, um die Handlung zu entwickeln und rückt die Emotionen der Charaktere in den Vordergrund.

Fazit:

Gelungene Mischung aus Thriller und Psychodrama mit fast ausnahmslos überzeugenden Charakteren.

13. August 2014

Fünf Freunde - Abenteuer im Ballon

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Inhalt:

Die Fünf Freunde verbringen ihre Ferien bei George in Kirrin und langweilen sich - sie fürchten, dass nichts Spannendes mehr passieren wird. Doch als sie mit den Fahrrädern unterwegs sind, schießt plötzlich ein Laster an ihnen vorbei, der erst von einem Heuschober gestoppt wird.

Im Laster sitzen die nette Französin Denise und ihr erwachsener Sohn Philipp. Aus irgendeinem Grund versagten Bremsen das Autos, doch zum Glück sind die beiden unverletzt geblieben. Die Fünf Freunde erfahren, dass Denise und Philip einen Heißluftballon im Laster transportieren. Das Ballonfahren ist ihre Leidenschaft und nun wollen sie an einer Ballonwettfahrt zwischen Frankreich und England teilnehmen. Da ihnen jedoch noch das Startgeld fehlt, möchten sie zuvor Rundfahrten mit dem Ballon in Kirrin anbieten.

Die Fünf Freunde helfen nur zu gerne bei den Vorbereitungen. Dabei treffen sie auf einen mysteriösen Franzosen, der Denise und Philipp offenbar kennt und der die Freunde misstrauisch macht. Schließlich explodiert eine Gasflasche, der Ballon reißt sich los und treibt Richtung Meer - mit George, Dick und der bewusstlosen Denise im Korb ...

Bewertung:

Für gewöhnlich stolpern die Fünf Freunde in ihren Ferien regelmäßig über Verbrechen, die sie engagiert und mutig aufklären. Hier hingegen liegt der Fokus nicht auf einem Kriminalfall, sondern auf einem anderweitigen Abenteuer - das derweil leider nicht besonders gelungen ist.

Die wenigen positiven Aspekte des Hörspiels sind schnell aufgezählt: Kinder erhalten nebenbei ein paar interessante Informationen zum Thema Ballonfahrt. Denise und ihr Sohn Philipp erklären auf einfache Weise das Funktionsprinzip eines Heißluftballons. Es braucht kein weiteres technisches Verständnis, um ihren Ausführungen folgen zu können; auch Kinder im Grundschulalter werden begreifen, auf welche Weise ein Heißluftballon funktioniert; auch auf die Erfinder, die Gebrüder Montgolfière, wird kurz eingegangen. Dabei fällt allerdings störend auf, dass immer wieder vom "Fliegen" die Rede ist, obwohl ein Heißluftballon bekanntlich fährt. Denise und Philipp sind sympathische Nebencharaktere; vor allem Jocelyne Boisseau-Endemann spricht ihre Rolle sehr authentisch, was natürlich dadurch unterstützt wird, dass sie tatsächlich Französin ist und hier keinen Akzent imitieren muss. Gänzlich ohne Spannung ist die Folge auch nicht; es kommt eine gewisse Dramatik auf, wenn der Ballon davon schwebt. Zum einen stellt sich die Frage, ob Denise rechtzeitig aus ihrer Ohnmacht erwacht, um den Ballon steuern zu können; zum anderen ist der Ballon beschädigt, was eine zusätzliche Gefahr darstellt.

Davon abgesehen aber bleibt die Episode doch deutlich unter dem Durchschnitt zurück. So aufregend ein "Abenteuer im Ballon" auch klingt, an die Folgen, in denen die Fünf Freunde ein Verbrechen aufklären, reicht dieser Handlungsverlauf in der Umsetzung nicht heran. Zunächst wird mit dem Versagen der Bremsen des Lasters und einem beschädigten Gasventil die Erwartung aufgebaut, dass hier, wie in der Serie üblich, kriminalistische Aspekte in den Fokus rücken. Stattdessen aber verpufft die Wirkung dieser beiden Ereignisse schnell. Der Hintergrund dazu ist leicht zu erahnen und recht banal, Spannung kommt in dieser Hinsicht kaum auf. Unpassend ist teilweise Georges Verhalten im abtreibenden Ballon - sie bleibt phasenweise viel zu ruhig und verlässt sich darauf, dass Julian und Anne schon rechtzeitig für rettende Hilfe sorgen. So entpuppt sich der vermeintliche Höhepunkt der Handlung als weniger überzeugend als gedacht und die Folge bleibt insgesamt belanglos und vorhersehbar.

Auch das Ende ist unspektakulär, der Schluss wird auf fast schon alberne Weise auf humorvoll getrimmt. Grundsätzlich wirkt Timmys Einbindung in das Hörspielgeschehen oft etwas überzogen in der Serie, hier ist dies besonders intensiv der Fall: Ständig wird durch sein Jaulen oder Bellen an seine Präsenz erinnert, auch scheint er schlechte Absichten von Menschen stets frühzeitig zu ahnen, was sehr konstruiert wirkt.

Fazit:


Eine unterdurchschnittliche Fünf-Freunde-Folge, die nur kurzzeitig Spannung zu bieten hat. Die Handlung ist vorhersehbar, die üblichen kriminalistischen Anteile fallen sehr spärlich aus; Gründe, die Episode anzuhören, gibt es demgegenüber kaum.

Sprechernamen:


Erzähler - Lutz Mackensy
Julian - Marco Kraft
Dick - Jannik Endemann
Anne - Theresa Underberg
George - Alexandra Garcia
Philipp - Jona Mues
Denise - Jocelyne Boisseau-Endemann
Marc - Jacky Nonnon
Marie - Gabriele Hartmann

2. August 2014

Sherlock Holmes - Das Geheimnis der Gloria Scott

Produktinfos:

Ausgabe: 2008
Label: Maritim-Verlag
Länge: ca. 60 Minuten
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Der Autor:

Sir Arthur Conan Doyle, geboren 1859 in Edinburgh und gestorben 1930 in Sussex, ist einer der erfolgreichsten und bekanntesten britischen Schriftsteller. Er studierte zunächst Medizin und praktizierte als Arzt, ehe ihm 1887 der literarische Durchbruch mit "Eine Studie in Scharlachrot" gelang. Seine Figur Sherlock Holmes wurde zum berühmtesten aller Detektive. Es folgten zahlreiche weitere Erzählungen und Romane wie "Der Hund von Baskerville" und "Das Tal der Angst". Daneben verfasste er auch noch andere, weniger populäre Erzählungen und befasste sich stark mit Okkultismus.

Inhalt:


Dr. Watson ärgert sich über Holmes' Unordnung und will Ordnung schaffen, als dabei ein Brief aus einem Buch fällt. Holmes erklärt, dass es sich dabei um einen besonderen Brief handele - er ermöglichte es Holmes nämlich, einst seinen ersten Fall zu lösen: Das Geheimnis der Gloria Scott. Neugierig lauscht Watson der Schilderung von Holmes' erstem Fall als Detektiv.

Im Sommer 1877 freundet sich der junge Sherlock Holmes auf dem College mit seinem Studienkollegen Victor Trevor an. In den Ferien lädt Victor seinen neuen Freund auf seinen Familiensitz ein, wo er ihm seinen Vater vorstellt. Friedensrichter Trevor ist sehr beeindruckt von Holmes' Kombinationsvermögen und rät ihm, seine Fähigkeiten als Detektiv einzusetzen.

Ein paar Tage später trifft überraschend Besuch für Richter Trevor ein. Es handelt sich um einen ungehobelten und frechen Mann namens Hudson, der dem Richter offenbar bereits vor dreißig Jahren begegnet ist. Obwohl sich Hudson ausgesprochen dreist benimmt, stellt der Richter ihn als Gärtnergehilfen ein. Nachdem Holmes abgereist ist, erreicht ihn einige Wochen später ein Telegramm von Victor, der ihn dringend um Hilfe bittet. Als Holmes bei ihm eintrifft, erfährt er die beunruhigenden Neuigkeiten: Richter Trevor erhielt einen Brief von einem alten Freund, der ihn so schockierte, dass er einen Schlaganfall erlitt. Kurz darauf stirbt er. Der Brief ist seltsamerweise völlig unverständlich. Holmes soll Victor helfen, die Umstände zu klären - und stößt dabei auf ein dunkles Geheimnis des Richters ...

Bewertung:

"Das Geheimnis der Gloria Scott" behandelt ausnahmsweise keinen aktuellen Fall des Meisterdetektivs, sondern präsentiert seinen ersten Fall, der Holmes überhaupt erst dazu inspirierte, sein Leben der Verbrechensaufklärung zu widmen. Wie bereits in der dritten Folge "Das Musgrave-Ritual" geraten Holmes und Watson in einen kleinen Konflikt über Holmes Unordnung und um davon abzulenken, erzählt der Detektiv einen alten Fall.

Es ist natürlich reizvoll, Sherlock Holmes einmal als jungen Collegestudenten zu erleben. Genau wie Dr. Watson ist auch der Hörer gespannt darauf, zu erfahren, wie sich jener erste Fall abspielte und als wie geschickt sich Holmes schon damals in jungen Jahren erwies. Tatsächlich nimmt bereits der junge Holmes viel von den Eigenheiten des Charakters vorweg, den man aus seinen aktuellen Fällen kennt: Er ist hochintelligent, beobachtet sorgfältig, kann erstaunlich schnell seine Schlüsse ziehen, ist ein Einzelgänger und bewahrt auch in dramatischen Situationen Ruhe. Recht amüsant wird der Beginn der Freundschaft zwischen Holmes und Victor geschildert: Victors sonst so verträglicher Bullterrier verbeißt sich in Holmes' Knöchel, woraufhin Victor sich in den nächsten Tagen um ihn kümmert. Anfangs ist es vor allem das schlechte Gewissen, das ihn dazu bringt, doch schon bald freunden sich die beiden an und so kommt selbst der unleidliche Sherlock Holmes zu einem Collegefreund, wie auch Watson neckend feststellt.

Überhaupt ist hier das Zusammenspiel zwischen dem alten Fall und der Gegenwart gut gelungen. Nach dem im Gegensatz zur Vorlage leicht abgewandelten Vorgeplänkel, in dem sich Watson über Holmes' Unordnung ärgert, gibt es immer mal wieder kurze Zwischenspiele, in denen sich Watson über die gerade vernommenen Ereignisse äußert. Für Watsons Geschmack schreitet Holmes ein bisschen zu umständlich und zu langsam in seinem Bericht voran, denn es ist lange Zeit unklar, um wen oder was es sich bei "Gloria Scott" überhaupt handelt. Watson wagt immer wieder Spekulationen über den weiteren Verlauf der Geschichte, die Holmes nüchtern negiert. Holmes wiederum macht sich einen Spaß daraus, auf Watsons Überlegungen immer wieder mit einem rätselhaften "Ja ... und Nein" zu antworten, was Watson zunehmend entnervt, obgleich sich Holmes' zweideutige Antworten im Nachhinein tatsächlich als treffend erweist. Die Folge ist unterm Strich durchaus spannend, denn auch den Hörer drängt es, zu erfahren, warum der Brief den Richter so schockierte und was das seltsame Kauderwelsch darin zu bedeuten hat. Und schließlich ist da noch der ominöse Hudson, der sich laut Victor wochenlang arrogant und impertinent aufführte, ehe er ihn vor die Tür setzte - es ist offensichtlich, dass jener Hudson den Richter mit irgendeiner Sache erpresste, doch die genauen Hintergründe ergeben sich erst spät.

Sehr überzeugend sind die Sprecherleistungen, an denen es nichts zu bemängeln gibt. Christian Rode gibt wie üblich souverän und bedächtig den Meisterdetektiv, Peter Groeger den liebenswerten Watson. Holmes Collegefreund Victor Trevor wird durch Reent Reins sehr sympathisch dargestellt und es ist schade, dass sich Victor und Holmes mehr oder weniger aus den Augen verloren haben. Hervorzuheben ist noch Klaus Dittmann, dessen hämischer, rauer Tonfall ideal zum heruntergekommenen Seemann Hudson passt.

Zu den Schwächen des Hörspiels, die auch schon in der Vorlage verankert sind, gehören die wenig raffinierten Auflösungen und Zusammenhänge. Die Verschlüsselung des Briefs erweist sich als sehr unspektakulär und Holmes muss nicht wirklich viel von seinem Können einsetzen, um ihn zu dechiffrieren. Überhaupt entpuppt sich die Vergangenheit des Richters zwar als interessant, aber Holmes muss wenig dafür tun, um sie zu enthüllen. Stattdessen entdecken er und Victor ein Geheimfach mit einem Brief des verstorbenen Richters, in dem dieser die entscheidenden Ereignisse erzählt. Somit klären sich die Hintergründe fast von allein, kriminalistisches Gespür ist hier wenig gefragt. Holmes' erster Fall ist daher zwar aus nostalgischer Sicht interessant, aber in Sachen Ermittlungsarbeit gibt es weit ausgefeiltere Fälle.

Fazit:

Eine insgesamt recht unterhaltsame Folge um Holmes' allerersten Fall, der vor allem durch die gute Sprecherbesetzung und die amüsante Rahmenhandlung überzeugt. Der Fall selbst hat seinen Reiz, klärt sich aber in erster Linie von selbst, sodass Holmes weniger als sonst dazu beitragen muss.

Sprechernamen:


Sherlock Holmes - Christian Rode
Dr. Watson - Peter Groeger
Victor Trevor - Reent Reins
Henry Trevor - Gerd Baltus
Hudson, Seemann - Klaus Dittmann
Jack Prendergast - Raimond Krone
Francis Evans - Sascha Schiffbauer
Dienstmädchen - Pia Werfel
Arzt - Helmut Krauss