1. November 2015

Bibi und Tina - Der Waldbrand

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Inhalt:

Bibi, Tina und Alex sind mit großem Eifer Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr von Falkenstein. Förster Buchfink betreut die Jugendgruppe und bringt ihnen alles Wichtige rund um Brände, Löschen und Bergen von Personen bei. Am Wochenende steht der Wettbewerb der Kinder- und Jugendfeuerwehr an, bei dem die drei Freunde gegen die Mannschaft von Rotenbrunn antreten darf. Wenn sie erfolgreich sind, erhalten sie die Auszeichnung "Kleine Flamme".

Während sich Bibi und Tina freuen, ist Alex allerdings bedrückt. Der Grund: Am Freitag vor der Prüfung gibt sein Vater ein großes Schlossfest, das bis ins kleinste Detail perfekt sein soll. Alex muss unter der Woche helfen und zahlreiche Erledigungen machen - dabei wird natürlich nicht viel Zeit zum Üben und Lernen für den Wettbewerb bleiben. Unter dem Drängen von Bibi und besonders Tina fragt Alex seinen Vater, ob er ihm Zeit für die Feuerwehr lässt. Doch wie befürchtet, lehnt der Graf ab, denn die Feuerwehr scheint ihm zu unwichtig.

Alex traut sich nicht, Bibi und Tina zu sagen, dass er nicht mehr mitmachen darf. Stattdessen versucht er, alle Aufträge seines Vaters zu erledigen und parallel an den Übungen teilzunehmen. Das sorgt natürlich für Probleme - vor allem aber wird aus Spaß plötzlich Ernst ...

Bewertung:


Lehrreich, unterhaltsam und vorhersehbar - in diesen drei Worten lässt sich die Folge "Der Waldbrand" zusammenfassen. Es sind viele altbekannte Elemente, die hier gemeinsam mit der Feuerwehr-Thematik zu einer neuen Folge verarbeitet werden: Bibi, Tina und Alex trainieren wieder einmal für einen Wettbewerb, auch wenn der sich diesmal nicht ums Reiten dreht, der Graf zeigt sich mal wieder streng, und Tina drängt Alex wie schon so oft dazu, sich dagegen zu wehren.

Auf Kinder warten einige nützliche und durchaus interessante Informationen zum Thema Brandvermeidung. Der Wettbewerb besteht nicht nur aus praktischen Übungen, sondern auch aus einem Theorieteil. Bibi, Tina und Alex müssen beispielsweise wissen, was die Hauptursachen für Brände im Haus und in der Natur sind, welche Vermeidungsmaßnahmen getroffen werden müssen und welche unterschiedlichen Arten von Bränden es gibt. Diese Fragen beantworten sie Förster Buchfink und teilen sie somit zugleich dem Hörer mit. Das Hörspiel macht Werbung für die Freiwillige Feuerwehr und plädiert generell dafür, sich vernünftig und hilfsbereit zu verhalten.

Des Weiteren zeigt sich, was es für Folgen haben kann, wenn man jemanden zu etwas drängt. Alex hängt zwischen den Stühlen: Seine Freundin Tina reagiert genervt auf seine familiäre Verpflichtung und erwartet, dass er sich von seinem Vater Freiraum erkämpft. Der Graf wiederum setzt voraus, dass Alex seinen Pflichten nachkommt, zumal er später einmal selbst solche Feiern auf dem Schloss ausrichten muss und daher jetzt schon dafür lernen soll. Alex hat nun die Wahl, entweder Bibi und Tina oder seinen Vater vor den Kopf zu stoßen oder zu schwindeln und beide Parteien zufriedenzustellen; aus der Not heraus entscheidet er sich für die zweite Möglichkeit. Am Ende sehen sowohl Tina als auch der Graf ein, dass sie Alex zu sehr gedrängt und sich egoistisch verhalten haben. Erfreulicherweise merkt Tina das schnell und verhält sich nicht ganz so zickig wie in früheren Folgen, wo sie Alex oft erhebliche Vorwürfe machte und schnell ins Schmollen kam, während sie sich hier rascher einsichtig zeigt. Ebenfalls erfreulich ist die Tatsache, dass hier noch mal Eberhard Prüter den Grafen in einer größeren Rolle spricht, da er leider im Herbst 2014 verstarb.

Die Geschichte unterhält recht gut, ist jedoch ausgesprochen vorhersehbar. Beispielsweise äußert sich Graf von Falkenstein anfangs auffallend abfällig über die Freiwillige Feuerwehr und tut sie als überflüssige Kinderei ab, sodass dem Hörer sofort klar ist, dass im Laufe der Handlung ein Feuer den Besitz des Grafen gefährden wird. Auch das drohende Gewitter wird deutlich erwähnt, sodass sich jeder Hörer schon früh denken kann, durch was das Feuer ausgelöst werden wird.

Generell wirkt die Geschichte ein wenig wie mit der Brechstange konstruiert, etwa wenn sich Bibi, Tina und Alex so begeistert über die alte Feuerwehrspritze zeigen - Interesse, sie zu sehen, ist nachvollziehbar, aber sie reagieren so aufgeregt und extrem neugierig, dass es aufgesetzt statt realistisch wirkt.

Darüber hinaus ist es schade, dass sich die Folge in die letzten Episoden einreiht, in denen Bibi, Tina und Alex in erster Linie musterhaft agieren. In früheren Folgen erlebten sie häufig Abenteuer oder spielten auch schon mal Streiche auf dem Hof; in den letzten Jahren geht es meist darum, dass sie an Turnieren oder anderen Wettbewerben erfolgreich teilnehmen, und Bibi hext nur noch in allergrößten Notfällen. Die freche, hexische Bibi, die Reiterferien mit Abenteuerflair verbringt, ist etwas untergegangen, während es zunehmend darum zu gehen scheint, dass Bibi und ihre Freunde vorbildhaft agieren und immer wieder schnell neue Dinge lernen (Voltigieren, Lassowerfen) oder Turniere gewinnen - der Lerncharakter der Folgen trifft einfach insgesamt derzeit ein bisschen zu plakativ in den Vordergrund.

Fazit:

Eine solide und insbesondere lehrreiche Bibi-und-Tina-Folge, die allerdings auch sehr vorhersehbar ist. Insgesamt hörenswert, zählt aber gewiss nicht zu den besten Episoden der Reihe.

Sprechernamen:

Bibi Blocksberg: Susanna Bonasewicz
Tina Martin: Dorette Hugo
Alexander v. Falkenstein: Sven Hasper
Frau Martin: Arianne Borbach
Graf v. Falkenstein: Eberhard Prüter
Förster Buchfink: Klaus-Peter Grap
Dagobert: Helmut Gauß
Erzähler: Gunter Schoß

Verdacht ist ein unheimlicher Nachbar - Louise Welsh

Produktinfos:

Ausgabe: 2014
Seiten: 275
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Die Autorin:

Die Britin Louise Welsh, Jahrgang 1965, studierte zunächst Geschichtswissenschaft und verfasste Kurzgeschichten. 2002 erschien ihr erster Roman "Dunkelkammer", weitere Werke sind beispielsweise "Der Kugeltrick" und "Das Alphabet der Knochen".

Inhalt:

Nach sechs Jahren Fernbeziehung zwischen Glasgow und Berlin zieht die Schottin Jane endlich zu ihrer Freundin Petra. Zudem ist Jane im achten Monat schwanger, und die beiden Frauen freuen sich auf ihr erstes gemeinsames Kind. Während Petra als Bankerin beruflich viel eingespannt ist und teilweise ins Ausland reisen muss, erledigt Jane den Haushalt.

Obwohl Jane froh ist, bei Petra zu leben, verunsichert sie die neue Umgebung auch. Außer Petra hat sie in Berlin kaum Bekanntschaften, die finanzielle Abhängigkeit von ihrer Lebensgefährtin setzt ihr zu, sie hat Mühe mit der deutschen Sprache. Zudem missfällt ihr der Nachbar Alban Mann, der hier alleine mit seiner dreizehnjährigen Tochter Anna lebt. Die frühreife Anna liefert sich lautstarke Auseinandersetzungen mit ihrem Vater, Jane entdeckt blaue Flecken im Gesicht des Mädchens.

Sie bietet ihre Hilfe an, doch sowohl Anna als auch ihr Vater bestreiten, dass Misshandlungen vorliegen. Janes Verunsicherung steigt, als sie das Gerücht hört, Alban Mann habe seine Frau vor Jahren ermordet. Obwohl Petra Jane dazu drängt, sich aus den Angelegenheiten der Nachbarn herauszuhalten, befasst sich Jane immer obsessiver damit ...

Bewertung:

Der deutsche Titel klingt ein wenig abgehoben, simpler und treffender ist da der englische Originaltitel: "The girl on the stairs". Protagonistin Jane ist generell noch nicht heimisch in Berlin und leidet unter gewissen Verunsicherungen; so richtig beginnt ihr Dilemma allerdings erst, als sie dem Mädchen auf der Treppe begegnet. Die dreizehnjährige Anna weckt in der schwangeren Frau starke Beschützerinstinkte. Jane stößt in ihrem Umfeld und bei den Behörden allerdings schnell auf taube Ohren und greift daraufhin zu unkonventionellen und gefährlichen Methoden, um Anna zu helfen.

Es macht den besonderen Reiz des Romans aus, dass der Leser lange Zeit nicht recht einschätzen kann, wie real Janes Ängste tatsächlich sind. Es ist unklar, ob Jane die Ereignisse überinterpretiert oder ob sie tatsächlich in Gefahr schwebt. Es ist gut nachzuvollziehen, dass Jane anhand ihrer Beobachtungen gewisse Schlüsse zieht, dass ihr der Nachbar unheimlich ist und dass sie sich um seine Tochter sorgt. Es besteht jedoch auch immer die Möglichkeit, dass alles harmloser ist, als es sich Jane darstellt - möglicherweise ist Albans Frau wirklich vor ein paar Jahren bei Nacht und Nebel durchgebrannt, möglicherweise hat sich Anna ihre Verletzung in der Tat beim Basketballtraining zugezogen. Der Leser schwankt zwischen Solidarisierung für Jane auf der einen Seite und Verständnis für ihre Umgebung, welche allmählich ungeduldig wird, auf der anderen Seite.

Somit ist der Roman nicht nur ein Thriller, sondern auch ein interessantes Psychogramm einer verunsicherten Frau, die sich mehr und mehr in einer Obsession verliert. Neben dem kriminalistischen Teil steht auch die Beziehung zwischen Jane und Petra im Fokus. Dass die beiden lesbisch sind, wird angenehm unaufgeregt eingebaut und spielt keine wesentliche Rolle.

Wichtiger ist das Gefälle zwischen den beiden, das Jane immer deutlicher bewusst wird. Petra ist eine erfolgreiche Bankerin, die für den Lebensunterhalt der beiden sorgt. In Glasgow hat Jane eine Buchhandlung geführt; diesen Job möchte sie auch in Berlin irgendwann wieder ausüben. Doch vorerst trägt sie das gemeinsame Kind der beiden aus, das durch künstliche Befruchtung entstand. Jane ist aufgrund der Schwangerschaft besonders sensibel und Alban Mann erscheint ihr nicht als die einzige Bedrohung. Sie spürt Petras zunehmende Ungeduld, wenn sie wieder einmal den Nachbarn hinterher spioniert hat; sie reagiert eifersüchtig auf Petras Geschäftskollegen und befürchte eine Affäre mit einer anderen Frau. Besonders schmerzhaft ist der Verdacht, dass Petra sie nicht liebt, sondern nur benutzt, um an ein Kind zu kommen und sie bald nach der Geburt verlassen wird. Der Konflikt mit Alban Mann ist so nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, während Jane grundsätzlich mit ihrem Leben hadert und zunehmend den Halt verliert.

Obwohl Janes Verhalten in vielerlei Hinsicht verständlich ist, reagiert sie manchmal jedoch auch angesichts ihres Zustandes zu unbedacht. Mehrmals begibt sie sich viel zu leichtsinnig in Gefahr und das macht es dem Leser nicht immer leicht, sich mit ihr zu identifizieren. Gewiss wäre der Roman noch stärker, wenn man sich noch intensiver in Jane einfühlen könnte, wenn sie einen nicht bisweilen mit ihren überstürzten Aktionen verärgern würde.

Zum Schluss laufen alle Fäden zusammen, bis dahin offen gebliebene Fragen klären sich. Allerdings erscheint die Wendung, die das alles ermöglicht, auch ein wenig konstruiert. Angesichts der zuvor kreierten düsteren Atmosphäre erscheint das Ende ein bisschen zu zahm und zu harmonisch.

Fazit:

Von kleinen Schwächen abgesehen ein stimmungsvoller und lesenswerter Psychothriller mit einer interessanten Grundthematik.

3. Oktober 2015

Geliebte Angst - Rebekka Knoll

Produktinfos:

Ausgabe: 2015
Seiten: 320
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Die Autorin:

Rebekka Knoll, Jahrgang 1988, studierte Germanistik und Theaterwissenschaft. "Geliebte Angst" ist ihr erster Jugendroman. Weitere Werke: Splittermädchen, Das Kratzen bunter Kreide und Zwischen den Regalen, ein Geheimnis.

Inhalt:

Ein Jahr ist die achtzehnjährige Emilia mit ihrem Mitschüler Marico zusammen und die beiden sind sehr glücklich. Dann jedoch verunglückt Marico eines Nachts mit seinem Auto und ist auf der Stelle tot. Emilia ist geschockt und untröstlich. Ihre beiden besten Freundinnen Tila und Lorena tun ihr Möglichstes, um Emilia zu helfen.

Emilia organisiert eine Feuerwerksbestattung in Maricos Heimat Tschechien, da er Feuerwerke liebte. Auch durch die Unterstützung ihrer Freundinnen fühlt sie sich langsam etwas besser und will wieder zur Schule gehen. Kurz darauf erhält Emilia eine Facebooknachricht - von Maricos Profil. Der Schreiber gibt sich als Marico aus und macht ihr eine Liebeserklärung.

Emilia ist entsetzt und nimmt an, dass irgendjemand Maricos Account missbraucht. Es folgen regelmäßig weitere Nachrichten und auch Sms von Maricos Handy. Der angebliche Marico scheint Emilia ständig zu beobachten. Immer wieder spielt er auf vergangene Erlebnisse der beiden an oder hinterlässt ihr Geschenke. Emilia weiß zwar mit dem Verstand, dass es nicht wirklich Marico sein kann und doch sehnt sie sie sich bald nach neuen Nachrichten. Ihre Freundinnen drängen sie jedoch, sich auf die Suche nach dem Schreiber zu machen, denn sie befürchten einen gefährlichen Stalker dahinter ...

Bewertung:

Liebesgeschichte und Thriller sind die beiden Genres, die sich in diesem Jugendroman vereinen. Er präsentiert zum einen das Schicksal eines Teenagers, dessen erste Liebe jäh durch einen Unfall endet. Emilias Leid, ihr Kummer und ihre allmähliche Rückkehr in den Alltag werden realistisch geschildert und lassen den Leser mit ihr mitfühlen. Für besonderen Reiz sorgen die Entdeckungen, die Emilia nach Maricos Tod macht - Geheimnisse, die er vor ihr verborgen hat und die sie nun enthüllt. Emilias nahezu makelloses Bild von ihrem geliebten Freund erhält Risse, sie erfährt unschöne Dinge. Allzu nachvollziehbar ist ihr Wunsch, sie könnte mit Marico darüber sprechen, die ihr auf der Seele brennenden Fragen loswerden. Dieses Schwanken zwischen Emilias Vermissen und ihrer Wut auf Marico zählt zu den stärksten Momenten des Romans. Das Buch demonstriert, dass der Verlust alleine bereits kaum erträglich ist; noch schlimmer wird es in diesem Fall aber dadurch, dass bestimmte Dinge zwischen Emilia und Marico nie mehr geklärt werden können, dass Emilia auf manche Fragen niemals Antworten erhalten wird und keine Chance mehr hat, Marico zu Rede zu stellen.

Der Fokus liegt indessen auf dem Thrillerteil der Handlung. Zu Beginn erscheinen die Nachrichten des angeblichen Marico noch als geschmackloser Scherz. Doch schon bald merkt Emilia, dass der Absender sie auch regelmäßig verfolgt und beobachtet. Er kommentiert ihr Lachen, wenn sie mit ihren Freundinnen unterwegs ist, er kann sie offenbar durch ihr Küchenfenster sehen, er kennt das Unterrichtsgeschehen. Schließlich bestellt er sie gar zu bestimmten Orten und hinterlässt ihr Geschenke - Emilia soll sich beispielsweise an der Kasse melden und erhält ein für sie hinterlegtes und bereits bezahltes Kleid, welches Marico seinerzeit gesehen hatte. Dadurch, dass der Absender die Vorgänge in der Schule kennt, ist klar, dass er zu einer ihrer Kurse gehören muss. Das macht es aber nicht viel leichter, denn es gibt niemanden, der eindeutig als Hauptverdächtiger in Frage kommt und ein gutes Motiv hätte, umgekehrt kann Emilia aber auch kaum jemanden ausschließen. Da der Unbekannte scheinbar rund um die Uhr in ihrer Nähe ist, ist die Handlung durchaus spannend. Einerseits darf gerätselt werden, wer warum sich als Marico ausgibt und andererseits ist ungewiss, wie weit Emilias Stalker noch gehen wird in seinem besitzergreifenden Denken.

Trotz dieser guten Ansätze kann das Werk nicht in allen Punkten überzeugen. So wirkt es etwa seltsam, dass Emilias Eltern keine Rolle spielen. Irgendwann wird beiläufig erwähnt, dass sie viel auf Reisen sind; das allerdings erscheint nicht realistisch, sondern nur wie eine Verlegenheitsbegründung. Die Anwesenheit von Emilias Eltern würde es für den Stalker sicher schwieriger machen, sich Emilia zu nähern und sich beispielsweise im Garten aufzuhalten; dementsprechend wirkt es, als habe man sie aus dem Roman heraushalten müssen, ohne dies aber gut begründen zu können. Zwar ist Emilia vom Alter her quasi erwachsen, doch sie geht noch zur Schule und wohnt zu Hause; zudem hat sie mit dem Verlust ihres Freundes zu kämpfen - angesichts dieser Tatsachen passt es nicht ins Bild, dass ihre Eltern nie da sind und die Abwesenheit auch so gut wie gar nicht thematisiert wird.

Zudem wirkt es bisweilen konstruiert, wie bereitwillig sich Emilia auf den falschen Marico einlässt. Zwar ist es nachvollziehbar, dass sie sich durch die Nachrichten Marico verbunden fühlt - aber manche Szenen sind übertrieben melodramatisch inszeniert. Das gilt insbesondere für die Szene, in der sich Emilia auf Maricos Geheiß Lasagne zubereitet und Alkohol trinkt und schließlich betrunken im Garten einschläft; ebenso für die Szene, in der sie auf Befehl im auffälligen roten Kleid die für Besucher abgesperrte Theaterbühne im Schlossmuseum betritt. Es ist nicht nachvollziehbar, dass sich Emilia zunehmend wie eine Marionette benimmt. Nicht ganz stimmig ist außerdem, dass Emilia und ihre Freundinnen einen verdächtigen Mitschüler erst wahrnehmen, als er schon monatelang in ihre Stufe geht. Bei Emilia, die nach Maricos Tod zunächst nicht in die Schule ging, mag das noch verständlich sein; dass aber auch Tila und Lorena mit Lucas Namen zunächst gar nichts anfangen können und ihren Mitschüler nie bemerkt haben, ist alles andere als realistisch.

Fazit:


Ein nicht uninteressanter Jugendthriller mit einer gewissen Spannung, der sich leicht und zügig lesen lässt. Kann allerdings nicht in allen Belangen überzeugen und ist somit insgesamt recht durchschnittlich.

2. Oktober 2015

Eine perfekte Lüge - Lucie Whitehouse

Produktinfos:

Ausgabe: 2015
Seiten: 384
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Die Autorin:

Die Engländerin Lucie Whitehouse, Jahrgang 1975, studierte zunächst klassische Literatur in Oxford, ehe sie ihren ersten Roman "Als hätten wir alle Zeit der Welt" verfasste. Weiterhin erschien zudem "Dunkle Brandung".

Inhalt:

Hannah und Mark Reilly sind seit ein paar Monaten verheiratet und glücklich, auch wenn Mark als Inhaber einer großen IT-Firma oft verreisen muss, so wie jetzt wieder einmal nach New York. Doch als Hannah ihn dieses Wochenende am Londoner Flughafen abholen will, erscheint er nicht. Zunächst ist er auch telefonisch nicht erreichbar und Hannah macht sich Sorgen.

Tags darauf meldet sich Mark, erklärt die beruflich bedingte Verzögerung und will ein paar Tage später nach Hause kommen. Hannah beschleicht jedoch das Gefühl, dass etwas nicht in Ordnung ist - und nach und nach ergeben sich seltsame Dinge: Seiner Sekretärin und seinem Geschäftspartner scheint Mark erzählt zu haben, er und Hannah verbrächten ein Urlaubswochenende in Rom, zudem ist er nicht in seinem üblichen Stamm-Hotel in Manhattan untergekommen.

Hannah fürchtet, dass er sich mit einer Geliebten trifft und kontrolliert die Kontoauszüge. Entsetzt stellt sie fest, dass Mark seine Konten geplündert und die Hypothek aufgestockt hat - und auch ihre Ersparnisse hat er ohne ihr Wissen abgehoben. Hannah stellt Recherchen an und findet heraus, dass Mark ihr ein düsteres Kapitel seines Lebens verschwiegen hat ...

Bewertung:

Es ist bei weitem nicht nur "eine perfekte Lüge", die Protagonistin Hannah im Laufe der Handlung aufdeckt, sondern ein komplex Geflecht an Lügen, dessen Hintergrund sich nur allmählich klärt und gerade das ist ein Punkt, der größtenteils für den Reiz des Romans verantwortlich ist. Hannah Reilly stößt bei ihren misstrauischen Nachforschungen auf Ungereimtheiten, die ihr Mann schließlich mehr oder weniger überzeugend entkräften kann. In Hannah bleibt jedoch das Gefühl zurück, dass diese Erklärungen nicht ausreichen und prompt stößt sie auf neue Unstimmigkeiten. Immer tiefer dringt sie ein in ein großes Geheimnis, das Mark bislang so erfolgreich vor ihr verborgen hat und nur ganz allmählich werden sowohl ihr als auch dem Leser die Tragweite dieses Geheimnisses klar. Dabei geht es nicht, so viel darf vorweggenommen werden, um eine Affäre, wie Hannah zunächst aus guten Gründen befürchtet; Marks Geheimnis ist für Hannah allerdings kaum weniger folgenreich.

Der Roman präsentiert ein geschickt inszeniertes Katz-und-Maus-Spiel zwischen den beiden Protagonisten: Hannah konfrontiert Mark zwar durchaus mit ihren Nachforschungen und Fragen, behält jedoch manche Erkenntnisse für sich und recherchiert heimlich weiter. Mark wiederum gibt einerseits plausible Erklärungen ab, doch man ahnt, dass es sich dabei nicht um die komplette Wahrheit handelt. Da sich durch Hannahs Nachforschungen immer weitere Fragen und Wendungen ergeben, ist die Handlung durchweg spannend, frei von Längen und Nebenschauplätzen.

Hannah ist zwar keine auffallend facettenreiche Figur, keiner jener Charaktere, die sich bei der Lektüre nachhaltig einprägen. Aber sie erscheint recht sympathisch und handelt im Großen stets nachvollziehbar. Einerseits will sie ihrem Mann vertrauen und schämt sich anfangs für ihr Misstrauen, andererseits sind ihre Befürchtungen verständlich. Hannah ist ein gebranntes Kind, was Eifersucht angeht; schmerzlich erinnert sie sich an ihre eigene Mutter, die die Familie durch das ständige Hinterherspionieren hinter ihrem Ehemann belastete. Auf keinen Fall möchte Hannah so werden wie ihre Mutter und doch lassen ihr die Ungereimtheiten keine Ruhe.

Ihr Zwiespalt ist nachvollziehbar; überhaupt lädt Hannahs emotionale Lage zum Mitfühlen ein. Vor ihrer Ehe war Hannah eine erfolgreiche Werbeexpertin in New York; in der alten Heimat England hoffte sie, bald in einer neuen Anstellung an diese Zeiten anknüpfen zu können. Doch bislang hat sich für Hannah trotz ihrer Bemühungen kein neuer Job ergeben; sie wird immer frustrierter und leidet darunter, dass sie zuhause sitzt, während Mark alleine das Geld verdient. Folglich ist ihr Selbstbewusstsein ohnehin gerade strapaziert; zusammen mit den Enthüllungen über Marks Leben droht ihr ganzes Leben gerade aus der Spur zu geraten.

Zu bemängeln gibt es an diesem Thriller nicht viel. Die letzte Wendung mag etwas vorhersehbarer als die anderen sein; zumindest ahnt der Leser etwas früher als Hannah, was sich bald darauf noch ergeben wird. Das dramatische Finale wirkt teilweise etwas konstruiert und Marks Verschleierungstaktiken sind ein bisschen inkonsistent, in mancher Hinsicht sehr perfide und in anderen Hinsichten eher naiv und leicht zu durchschauen. Aufgrund dieser Punkte und weil die Charaktere nicht herausstechen ist der Roman kein absolutes Highlight, empfiehlt sich aber dennoch für Freunde des Genres, die nach spannender Lektüre suchen.

Fazit:

Ein unterhaltsamer Thriller über eine Frau, die düstere Geheimnisse in der Vergangenheit ihres Ehemannes entdeckt. Es ist vielleicht kein außergewöhnlich origineller Roman, aber durchaus spannend und lässt sich schnell lesen.

Benjamin Blümchen - Der Drachenflugtag

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Inhalt:

Es ist ein windiger Tag in Neustadt. Benjamin, Otto und Stella nutzen dies, um im Zoo Ottos selbstgebastelten Drachen steigen zu lassen. Dabei bekommen sie nicht nur Besuch von Karla Kolumna, sondern auch der Bürgermeister kommt überraschend vorbei. Die beiden erzählen, dass morgen der Neustädter Drachenflugtag in den Finsterbergen stattfindet. Letztes Jahr hat der Drachen des Bürgermeisters gewonnen - und er beabsichtigt, auch dieses Jahr wieder zu siegen.

Bei dem Wettbewerb sind drei Kriterien entscheidend: Die Phantasie beim Drachenbau, die Schnelligkeit beim Start und die Flugtechnik. Letztes Jahr hat Sekretär Pichler den Drachen für seinen Chef steigen lassen - doch dieses Mal hat Pichler Urlaub und nimmt selbst mit einem eigenen Drachen teil; auch Karla Kolumna ist mit von der Partie. Für Benjamin, Otto und Stella ist sofort klar, dass sie ebenfalls teilnehmen werden.

Für den Bau des Drachen suchen sie Rat bei ihrem Erfinderfreund Eddi Eddison. Der hat gerade ein neues Metall erfunden: das Luftiminium. Es handelt sich um ein ultraleichtes Metall, das natürlich perfekt für den Bau eines Drachen geeignet ist. Die Freunde gehen mit Feuereifer ans Werk. Allerdings werden sie immer wieder von unbekannten Personen ausspioniert. Am nächsten Tag geht es endlich los - und auf die Teilnehmer warten einige Überraschungen ...

Bewertung:

Drachen steigen zu lassen ist ein Klassiker der Kinderbeschäftigungen, vor allem an stürmischen Herbsttagen. Daher war es im Grunde nur eine Frage der Zeit, bis sich auch Benjamin Blümchen mal dem Drachenfliegen widmet.

Das Wettbewerbs-Grundkonzept der Folge ist nicht neu. Ähnliche Episoden sind "Das Walbaby" mit einer Segelregatta, "Benjamin als Ballonfahrer" und "Benjamin und die Autorallye". Die Handlung hier zeigt deutliche Parallelen in der grundlegenden Struktur: Zunächst werden ausgiebig die Vorbereitungen getroffen (der Drachenbau; in den anderen Folgen musste erst ein Benjamin-geeignetes Fahrzeug gebaut werden und auch der Heißluftballon war noch nicht startfertig), es gibt einen Wettkampf und es werden vorwiegend drei Lehren vermittelt: Nicht das Siegen, sondern der Spaß an der Sache sollte bei einem Wettbewerb im Vordergrund stehen, Betrügen dabei ist unfair und Teamwork zahlt sich aus. Benjamin, Otto und Stella gehen beim Drachenflug wie üblich ehrlich vor, jemand anderer aber greift zu betrügerischen Mitteln. Das rächt sich am Ende, während das hilfsbereite Verhalten von Benjamin und seinen Freunden belohnt wird.

Die Lehren werden nicht zu plakativ vermittelt, sondern in eine nicht überragende, aber durchaus unterhaltsame Handlung eingebettet. Es fallen ein paar Hinweise zum richtigen Steuern von Drachen und die Geschichte macht kleinen Hörern sicherlich Lust darauf, selbst auch einmal einen Drachen zu bauen und ihn in den Himmel steigen zu lassen. Dazu gibt es ein paar gelungene witzige Szenen, etwa als sich Benjamin vor der Limousine des Bürgermeisters erschreckt und der Drachen an Balance verliert, woraufhin Otto, Stella und Karla Kolumna wild unterschiedliche Anweisungen durcheinander rufen oder als Karla es mit dem Tischtennis-o-mat von Eddi Eddison zu tun bekommt und von der Maschine mit Bällen bombardiert wird. Erfreulicherweise kommt diese Folge zudem ohne die albernen Ganoven Hinki und Pinki aus, die gerne bei solchen Ereignissen ihr Unwesen treiben.

Bei der Sprecherbesetzung ist hervorzuheben, dass Ulrike Stürzbecher hier ihren dritten Auftritt als Karla Kolumnas neue Stimme hat, nachdem die langjährige Sprecherin Gisela Fritsch leider 2013 verstarb. Es ist nicht zu erwarten, dass Ulrike Stürzbecher eine Gisela Fritsch vollwertig ersetzen kann, aber sie macht ihre Sache soweit gut. Die rasende Reporterin wirkt auch mit der neuen Stimme charmant, quirlig und schlagfertig und kabbelt sich wie gewohnt mit dem Bürgermeister. Ihre Sprecherin ist merklich bemüht, ähnlich wie Gisela Fritsch zu klingen und zwar wie die junge Gisela Fritsch, die in einer höheren Stimmlage als in späteren Folgen sprach; dementsprechend erinnert Ulrike Stürzbecher an Karla Kolumnas erste Auftritte in der Serie.

Die Episode hat jedoch auch ihre negativen Facetten. Störend ist, wie so häufig in den Folgen der letzten Jahre, dass Otto und Stella belehrend auftreten, während Benjamin eher dümmlich dargestellt wird. Früher hat Benjamin oft mehr Dinge gewusst als Otto, beide haben voneinander gelernt; heute ist es fast immer so, dass Otto und Stella als überdurchschnittlich klug und Benjamin als noch begriffsstutziger als früher präsentiert werden. Diese Folge beginnt so auch gleich damit, dass Benjamin sich recht unsicher beim Drachensteigen anstellt, während Otto und Stella ihm alles erklären müssen.

Ein bisschen schade ist es des Weiteren, dass Karla Kolumna selbst am Drachenflugtag teilnimmt, anstatt ihn zu moderieren, wie sie es früher bei solchen Events oft gemacht hat; ihre dramatische Moderation hätte der Folge sicher Zusatzpunkte gegeben. Das größte Manko ist allerdings der Schluss. Die Lösung für ein plötzlich auftretendes, schwer wiegendes Problem ist sehr simpel und auch etwas albern. Es ist sehr einfallslos, auf diese Art das Problem zu lösen, als Hörer fühlt man sich um eine auch nur in Ansätzen raffinierte Idee betrogen.

Fazit:

Eine recht unterhaltsame, aber nicht überdurchschnittliche Folge, die für Kinder ein paar nette Lehren bereit hält. Auch für ein paar amüsante Szenen ist Platz und es gibt keinen Ausfall bei den Sprechern. Allerdings gibt es auch einige Schwächen, vor allem das Ende ist recht enttäuschend konstruiert.

Sprechernamen:

Benjamin Blümchen: Jürgen Kluckert
Otto: Katja Primel
Stella: Marie Bierstedt
Karla Kolumna: Ulrike Stürzbecher
Bürgermeister: Roland Hemmo
Sekretär Pichler: Wilfried Herbst
Eddi Eddison: Santiago Ziesmer
Frau Flattermann: Susanne Bredehöft
Erzähler: Gunter Schoß

5. September 2015

Unschuldig (Pretty Little Liars 1) - Sara Shepard

Produktinfos:

Ausgabe: 2009
Seiten: 320
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Die Autorin:

Sara Shepard, Jahrgang 1977, studierte Kreatives Schreiben und arbeitete zunächst als Journalistin. 2006 erschien der erste Band der Reihe "Pretty Little Liars", der inzwischen mehr als 15 Bände umfasst. Eine weitere Buchreihe ist "The Lying Game", die gleichfalls erfolgreich verfilmt wurde.

Inhalt:


Für die Freundinnen Alison, Spencer, Hanna, Aria und Emily sind es die Sommerferien zwischen der 7. und der 8. Klasse. Die fünf bilden die angesagteste Clique der Rosewood High in einem Vorort von Philadelphia. Alison ist die heimliche Anführerin der Mädchen - immer wieder schlägt sie riskante Aktionen vor und bestimmt die Unternehmungen der Freundinnen.

Eines Nachts verschwindet Ali bei einer Pyjamaparty im Wald und taucht nicht mehr auf. Die Medien belagern den Ort, die Ermittler gehen jeder Spur nach, doch Ali bleibt verschwunden. Die Freundschaft der verbliebenen vier Mädchen bricht bald auseinander, Aria geht mit ihrer Familie gar nach Island.

Drei Jahre später: Spencer, Hanna, Emily und Aria sind inzwischen 16 Jahre alt. Jedes Mädchen hat so seine Probleme. Und jedes Mädchen hat auch ein Geheimnis: Spencer flirtet mit dem neuen Freund ihrer Schwester, Hannah leidet unter Bulimie, Emily schwärmt für ein Mädchen und die zurückgekehrte Aria hat eine Affäre mit ihrem jungen Englischlehrer. Alle vier erhalten Sms und Mails von einer geheimnisvollen Person, die sich "A." nennt und die offenbar all ihre Geheimnisse kennt. Mit "A." hat stets Alison unterzeichnet - doch Alison kann doch unmöglich dahinterstecken ...?

Bewertung:

Man mixe ein bisschen "Beverly Hills 90210" mit Thrillerelementen und einem Hauch Mystery und erhält "Pretty Little Liars", eine mittlerweile sechs Staffeln umfassende Jugendserie. Der TV-Erfolg, der vor allem bei den "Teen Choice Awards" regelmäßig ausgezeichnet wird, basiert auf der gleichnamigen Buchreihe von Sarah Shepard, die sich von ihrer eigenen Jugend in einem Vorort von Philadelphia inspirieren ließ.

Der erste Band präsentiert zunächst die Ausgangslage mit Alisons Verschwinden, ehe sich die Kapitel abwechselnd den vier verbliebenen Mädchen der ehemaligen Clique widmen. Eine herausstechende Hauptfigur gibt es nicht, alle vier erhalten die gleiche Aufmerksamkeit.

Jede von ihnen schleppt Probleme mit sich herum: Spencer leidet seit sie denken kann unter ihrer älteren und scheinbar stets etwas erfolgreicheren Schwester Melissa. Egal wie sehr sich Spencer um gute Noten, um ehrenamtliche Ämter und um sportliche Auszeichnungen bemüht, es gelingt ihr nie, Melissas Erfolge zu erreichen. Dazu passt natürlich, dass Melissa nun den sympathischen und attraktiven Medizinstudenten Wren als Freund hat. Aus Spencers Frust wird jedoch Freude, als sie merkt, dass Wren ihr mehr Zeit und Aufmerksamkeit schenkt als nötig - allerdings fürchtet sie zugleich eine familiäre Katastrophe, wenn dies auffliegen sollte.

Aus der pummeligen Hanna ist ein gertenschlanker Teenager in stylischen Klamotten geworden. Außer der verschwundenen Alison weiß jedoch niemand, dass Hanna ihre Abnahme durch regelmäßiges Übergeben erreicht hat. Auch jetzt wird Hanna bisweilen von Fressanfällen mit anschließender Erleichterung überfallen, nicht zu vergessen ihre Ladendiebstähle, von denen niemand auf Rosewood High erfahren darf. Emily ist eine erfolgreiche Schwimmerin, die aber gerade die Lust am täglichen Training verliert. Das allein ist schon schwierig für sie, da ihre Eltern Wert auf ihre Schwimmkarriere legen; zu allem Überfluss fühlt sie sich nun auch noch zu Maya hingezogen, die in Alisons altes Haus gezogen ist. Und dann ist da noch Aria, die sich gleich nach ihrer Rückkehr in die USA in Ezra verliebt und kurz darauf erfährt, dass er ihren Englischkurs unterrichtet.

Die vier Rosewood-Mädchen bewegen sich in einer Welt, die von Prada-Taschen, Gucci-Sonnenbrillen, Ralph-Lauren-Handtüchern, Tiffany-Armbändern und Fenzi-Geldbörsen bestimmt wird; doch hinter der gestylten Nobelfassade verbergen sich Probleme und Abgründe. Vor allem Spencer und Hanna haben mit ihrem Selbstwertgefühl zu kämpfen, Spencer, weil sie sich immer an der großen Schwester misst und sich von ihren Eltern zu wenig beachtet fühlt, und Hanna, weil sie immer noch oft an ihre Vergangenheit als pummelige, unansehnliche Dreizehnjährige denkt. Die Charakterisierung der Hauptfiguren bleibt zunächst etwas oberflächlich, ehe die einzelnen Mädchen in der zweiten Hälfte an Kontur gewinnen und jede für sich auf ihre Art sympathisch wirkt. Überhaupt zieht sich das erste Drittel ein wenig, bis zu dem Punkt, an dem die Geschichte durch die ersten Nachrichten von "A." an Spannung gewinnt.

Für Spannung sorgen in erster Linie drei Elemente: Dominant im Raum steht die Frage, wer hinter den ominösen Nachrichten steckt, der sich offenbar als Alison ausgibt. Als zweites darf gerätselt werden, was mit Alison in jener Nacht geschah - ist sie freiwillig weggelaufen, oder wurde sie entführt? Als drittes gibt es immer wieder kleine Andeutungen, dass die Clique damals gemeinsam mit Alison ein großes Geheimnis teilte. Ein Streich der Freundinnen führte bei einem Mädchen namens Jenna zu einem Unfall mit schlimmen Folgen; Ali hatte ihnen anschließend abverlangt, niemals mit jemandem darüber zu sprechen. Was genau bei jenem Streich passierte, bleibt in diesem Band noch im Dunkeln; es ist allerdings offenkundig, dass dieses Geschehnis im weiteren Verlauf noch an Bedeutung gewinnen wird. Das Buch endet mit einem Paukenschlag und weckt Neugierde auf den nächsten Band, der ganz im Zeichen der Suche nach "A.s" Identität steht.

Fazit:


Was zunächst als durchschnittlicher Teenieroman um Liebe und Alltagsprobleme beginnt, entwickelt sich zum spannenden Auftakt einer mit Thriller- und Mysteryflair gespickten Jugendbuchreihe. Kein absolutes Highlight, weckt aber Neugier auf die nächsten Bände und unterhält gut.

12. August 2015

Bibi Blocksberg und die kleine Elfe

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Inhalt:

Bibi erwacht nachts aus einem lustigen Traum und betrachtet anschließend den Sternenhimmel. Auf einmal sieht sie ein seltsames Licht umherschweben. Sie spricht einen Hexspruch, um herauszufinden, was sich dahinter verbirgt - daraufhin wird eine kleine Elfe sichtbar. Die liebe Elfe stellt sich als "Pling" vor. Sie bringt vielen Menschen Nacht für Nacht mit Hilfe ihres Elfenstabes deren Träume - auch Bibi.

Bibi ist begeistert und möchte unbedingt dabei sein, wenn Ping jemanden einen Traum schenkt. Die beiden fliegen gemeinsam zu den Kindern Ninni und Daniel. Dabei merkt Pling, dass ihr Elfenstab an Kraft verloren hat. Er kann nur noch den Wunsch des Schlafenden erkennen, aber nicht mehr den Traum ermöglichen. Glücklicherweise kann Bibi mit einer Hexerei einspringen.

Danach ist es Zeit für Pling, wieder in ihren Elfenwald zurückzukehren. Das geht nur im unsichtbaren Zustand, also will Bibi sie wieder unsichtbar hexen - doch der Spruch funktioniert nicht. Das ist schlimm für Pling, denn ausgerechnet morgen Nacht findet das alljährliche Brunnenfest statt. Auf dem Fest tauchen die Elfen ihre Stäbe in das Traumwasser des silbernen Brunnens und erneuern damit die Kraft der Stäbe. Bis morgen Nacht muss Bibi also dringend einen Weg gefunden haben, wie Pling wieder unsichtbar wird. Dabei können ihr nur die erwachsenen Hexen helfen ...

Bewertung:


Eine Elfe in Neustadt - das wäre in den frühen Jahren der Bibi-Reihe wohl undenkbar gewesen, waren die Hexen doch mehr oder weniger die einzigen magischen Wesen, die in der Serie auftraten; so waren beispielsweise die Spukgestalten in der Folge "Die Schlossgespenster" lediglich herbei gehext. Im Orient schließt Bibi dann allerdings Freundschaft mit einem Flaschengeist, in Folge 61 tritt ein "Geisterkater" auf den Plan, auch mit einem Einhorn bekam Bibi es schon zu tun und nun eben mit einer Elfe im traditionellen Tinkerbell-Stil. Es ist zugegeben ein bisschen gewöhnungsbedürftig, wie selbstverständlich die Elfe von den Blocksbergs als real akzeptiert wird; hier wird wohl dem aktuellen Bedürfnis von Kindern nach phantastischen Figuren in Literatur und Hörspiel Rechnung getragen.

Zudem ist die Folge in erster Linie auf die jüngsten Hörer zugeschnitten und bietet ihnen durchaus solide Unterhaltung: Es handelt sich um eine vergleichsweise ruhige und harmlose Folge. Es gibt, im Unterschied zu manch anderen Folgen, keine Gefahrenmomente. Die Handlung ist simpel gehalten: Bibi freundet sich mit einer Elfe an, die Träume bringt, und muss einen Weg finden, dass Pling wieder unsichtbar wird. Natürlich sind die Themen Elfen und Träume sehr gut für kleine Hörer im Vorschulalter geeignet, und die Folge bietet sich daher ideal zum Einschlafen an. Am Rande geht es auch ein wenig lehrreich zu - Bibi hat mal wieder etwas übereifrig gehext, indem sie Pling sichtbar gemacht hat; beim Nachblättern im Hexenbuch stellt sich nämlich heraus, dass Hexereien mit Wesen aus anderen magischen Welten verboten sind, daher funktioniert bei Pling auch keiner der Rückhexsprüche.

Zudem ist es positiv, dass die Althexen eingebunden werden. Zunächst wird Barbaras beste Hexenfreundin Amanda herbeigerufen (vielmehr herbeigehext - Amanda ist froh, dass sie nicht gerade unter der Dusche stand). Amandas Großmutter war einst mit einer Elfe befreundet und daher kann sie Hinweise geben, wie man Pling wieder unsichtbar machen kann. Dafür werden bestimmte Zutaten gebraucht, die Bibi wiederum zu der uralten Mania und zu der Oberhexe Walpurgia führen. Sowohl Mania als auch Walpurgia begegnen Bibi nachsichtig, es ist also keine der Folgen, in denen ein Fehlverhalten Bibis ausgiebig thematisiert wird.

Trotz dieser guten Ansätze kann das Hörspiel in anderen Bereichen weniger überzeugen. Gewöhnungsbedürftig ist die Stimme Plings. Julia Stöpel verfügt ohnehin über eine recht hohe Stimme, die hier allerdings noch weiter verstellt wird - eventuell zusätzlich noch mit einem akustischen Effekt versehen -, um die kleine Elfe besonders niedlich und lieb klingen zu lassen. Das hört sich auf Dauer allerdings etwas penetrant an, weil es sehr gekünstelt klingt. Überhaupt ist die Elfe etwas sehr klischeehaft geraten, angefangen beim Namen "Pling" bis hin zu ihrer durchweg lieben und süßen Art; es hätte durchaus seinen Reiz gehabt, sie ein bisschen frecher zu gestalten.

Leider wurde das Potenzial der Handlung bei weitem nicht ausgeschöpft. Es hat zunächst den Anschein, als sei es sehr schwierig, die Zutaten für die Unsichtbarkeitswandlung Plings zu beschaffen. Die Lösungen für die Probleme sind indessen extrem einfallslos, sie lösen sich wie von selbst in Wohlgefallen auf. Dabei hätte es sehr interessant werden können, wie Bibi eine Dinosaurierträne und Elfenstaub beschafft, zumal es ja mit "Dino" schon mal einen Dinosaurier in der Serie gab.

Dass Mania und Walpurgia nicht mit gewohnter Strenge reagieren, kann noch positiv aufgefasst werden; sehr untypisch ist allerdings, dass auch Bernhard Blocksberg so unkompliziert reagiert. Gewöhnlich macht es ja gerade seinen Charme aus, dass er sich nach wie vor nur schwer mit den Hexereien seiner Frau und seiner Tochter abfinden kann. Hier akzeptiert er die Existenz einer Elfe allerdings problemlos. Bisweilen wirkt er gar ein wenig kindisch, wenn er sich übertrieben über seinen von Pling geschenkten Traum freut, in dem er Lokführer sein durfte.

Letztlich ist das Ende nicht besonders logisch: Pling und Bibi verabreden sich für den nächsten Abend zum Spielen, allerdings bleibt offen, wie das funktionieren soll, wenn Pling dabei unsichtbar bleibt - zumindest an eine der benötigten Zutaten kann Bibi nicht noch einmal auf diese Weise zugreifen, es ist also fraglich, wie das Treffen vonstatten gehen soll.

Fazit:


Eine durchschnittliche Bibi-Folge, die sich vor allem an die jüngsten Hörerinnen der Serie richtet. Die Handlung ist unaufgeregt und harmlos und bietet einige positive Aspekte, allerdings wird das Potenzial der Geschichte leider absolut nicht ausgeschöpft.

Sprechernamen:

Bibi Blocksberg: S. Bonasewicz
Barbara Blocksberg: G. Streichhahn
Bernhard Blocksberg: B. Wolf
Amanda: D. Strietzel
Walpurgia: H. Sasse
Mania: L. Lunow
Pling, die kleine Elfe: J. Stöpel
Erzähler: G. Schoß

11. August 2015

Die Entführung der Delia Wright - Lyndsay Faye

Produktinfos:

Ausgabe: 2015
Seiten: 464
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* * * * *

Nach Der Teufel von New York eine hervorragende Fortsetzung der Reihe um den ersten Ermittler der New Yorker Polizei, die erneut die Abgründe New Yorks beleuchtet und facettenreiche Charaktere präsentiert, auf deren Wiedersehen man sich freut.
Mehr dazu auf der Histo-Couch ...

25. Juli 2015

Nele fährt ans Meer - Usch Luhn

Produktinfos:

Ausgabe: 2014
Seiten: 24
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* * * * *
Die Autorin:

Usch Luhn, Jahrgang 1959, studierte zunächst Germanistik und Publizistik und arbeitete beim Radio und Kinderfernsehen. Mittlerweile hat sie mehrere Dutzend Jugendbücher verfasst, z. B. die Reihen "Ponyherz" und "Meerprinzessin Pimpinella".

Inhalt:

Es sind Sommerferien. Die kleine Nele fährt gemeinsam mit ihrem größeren Bruder David und ihren Eltern ans Meer, auf eine Nordseeinsel. Nele ist aufgeregt, denn sie wird zum ersten Mal das Meer sehen.

Zunächst fahren sie mit dem Auto an die Küste, wo sie auf eine Fähre gelangen. Nele und David genießen die Überfahrt, doch sie sind auch froh, als sie endlich auf der Insel anlegen. Ihr Ferienhäuschen liegt direkt hinter den Dünen. Nele kann es kaum erwarten, an den Strand zu kommen. Dort baut sie eine Sandburg und erlebt zum ersten Mal die Gezeiten.

Aber der Urlaub hat noch mehr aufregende Dinge zu bieten, wie etwa eine Fahrt aufs Meer mit einem Krabbenkutter und den Besuch eines Leuchtturms ...

Bewertung:


Die Nele-Reihe für Kindergartenkinder im Bilderbuchformat ist eigentlich eine Art Spin-Off - in der ursprünglichen Nele-Reihe ist die Protagonistin acht Jahre alt, und ihre Geschichten richten sich an Leser dieser Altersklasse; um auch Kleinkinder in den Genuss ihrer Abenteuer zu bringen, gibt es nun auch die entsprechende Reihe, angepasst an Vorschulkinder mit einer etwa vierjährigen Nele, weniger Text und mehr Bildern.

Geschichten über Ferien sind sicher das ganze Jahr über interessant, am schönsten aber gewiss kurz vor der eigenen Urlaubszeit, um sich angemessen darauf einzustimmen. Neles erster Urlaub am Meer führt sie an die Nordsee. Es wird zwar nicht gesagt, um welche Nordseeinsel es sich handelt, aber das schadet nicht, denn die genannten Erlebnisse lassen sich auf alle Inseln übertragen. Schön ist vor allem, dass Nele nicht nur am Strand spielt, sondern mit der Krabbenkutterfahrt und dem Leuchtturmbesuch auch nicht ganz alltägliche Dinge erlebt. Erklärt wird dabei auch beispielsweise, dass der Ausdruck "achtern" in der Seemannssprache so viel wie "hinten" bedeutet und was ein Leuchtturm mit seinem Signal für eine Aufgabe hat. Natürlich fallen auch die Begriffe "Ebbe" und Flut". Neles Vater erläutert ihr, dass sich das Wasser bei Ebbe zurückzieht und dass man die Phänomene als Gezeiten bezeichnet. Was fehlt, ist eine Begründung dafür, wodurch die Gezeiten entstehen - allerdings ist es zugegeben wohl auch schwierig, eine für Vorschulkinder adäquate Erklärung zu präsentieren, die sowohl korrekt als auch verständlich ist.

Die Sprache ist einfach gehalten und eignet sich auch gut für Leseanfänger der ersten oder zweiten Klasse, um sich ein bisschen in der Lektüre zu üben. Die Zeichnungen sind liebevoll und farbenfroh gestaltet; der Strand mit seinen kleinen Muscheln, dem tiefblauen Meer, den Möwen vor Himmel sieht sehr einladend aus und macht bei kleinen Kindern Lust auf einen solchen Urlaub. Ansonsten ist die Geschichte aber für diese Altersklasse (Schulkinder) gewiss zu simpel gestaltet. Die Handlung gibt letztlich auch lediglich den Anfang der Ferien wider; es wird nicht geschildert, wie die Familie wieder heimfährt. Hier werden nur die angenehmen Seiten eines Urlaubs gezeigt - gerade bei Familien mit Kindern kann es durchaus zu Konflikten kommen, etwa wenn die Geschwister unterschiedliche Vorstellungen von den Unternehmungen haben oder wenn das Wetter nicht mitspielt und somit somit das Schwimmen ausfällt. Komplex ist diese Geschichte somit nicht, aber wer eine einfach gehaltene Erzählung über die Möglichkeiten eines Nordseeurlaubs sucht, wird hier seine Freude haben.

Fazit:

Ein nettes Buch für Vorschulkinder mit schönen Illustrationen, das kindgerecht von einem Urlaub auf einer Nordseeinsel erzählt. Macht Lust auf Urlaub, lässt sich aber das ganze Jahr über (vor-)lesen.

23. Juli 2015

Geheimnis um ein gestohlenes Bild - Enid Blyton

Produktinfos:

Ausgabe: 2000
Seiten: 164
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Die Autorin:

Enid Blyton, geboren 1897 und gestorben 1968, war eine der erfolgreichsten Kinderbuchautorinnen der Welt. Sie arbeitete zunächst als Lehrerin, begann aber schon früh mit dem Schreiben. 1922 erschien ihr erstes Buch, im Laufe ihres Lebens sollten es mehr als 700 Werke werden. Zu ihren bekanntesten Buchreihen gehören "Hanni und Nanni", "Die fünf Freunde", "Dolly" und "Geheimnis um".

Die sechs Spürnasen der "Geheimnis um"-Reihe sind fünf Kinder und ein Hund, die im kleinen Örtchen Peterswalde wohnen und gemeinsam in jeden Schulferien ein Verbrechen aufklären. Ihr Anführer ist Dietrich Kronstein, wegen seines leichten Übergewichts immer nur Dicki genannt, der sowohl intelligent als auch schlagfertig ist und später ein großer Detektiv werden will. Außerdem besitzt er ein erstaunliches Talent darin, sich zu maskieren. Zu seinen Freunden gehören zwei Geschwisterpärchen, Rolf und Gina sowie Flipp und Betti. Der brummige Dorfpolizist Herr Grimm ist nicht gut auf die Kinder zu sprechen, die sich immer in seine Fälle einmischen und sie oft früher lösen als er. Sein Vorgesetzter Jenks hingehen ist sehr angetan von den Leistungen der Nachwuchsdetektive und ermahnt Herrn Grimm zu dessen Frust oft, sie nicht zu unterschätzen. In späteren Bänden kommt noch Herrn Grimms Neffe Ern dazu, der die Ferien bei seinem Onkel verbringt. Ern leidet oft unter dessen Strenge, ist ein bisschen begriffsstutzig, dichtet in seiner Freizeit mäßige Gedichte und ist ein großer Bewunderer von Dicki.

Inhalt:

Rolf, Gina, Flipp und Betti wollen am Bahnhof ihren Freund Dicki abholen, der als Letzter zu der Clique stößt, um die Winterferien in Peterswalde zu verbringen. Am Bahnhof gibt es jedoch einen Zwischenfall, als das Ehepaar Lorenzo mit einer Pudeldame ankommt und Dickis aufgeregter Purzel für Trubel sorgt. Die Lorenzos wollen sich zunächst bei Polizist Grimm beschweren, doch zum Glück für die Spürnasen reicht die Zeit nicht vor der Zugabfahrt.

Tags darauf hören die Freunde eine sensationelle Neuigkeit: Ein wertvolles Gemälde wurde gestohlen und die Lorenzos werden dringend als Diebe verdächtigt und international gesucht. Es stellt sich heraus, dass sie ihren Pudel Püppi dem älteren Hausverwalterehepaar Larkin überlassen haben, die in einem Häuschen beim Lorenzo-Anwesen wohnen. Da Frau Lorenzo sehr an ihrem Hündchen hängt, geht man davon aus, dass sie versuchen werden, ihn früher oder später heimlich abzuholen.

Da trifft es sich wunderbar für die Spürnasen, dass ihr Freund Ern, Herrn Grimms Neffe, zu Besuch in Peterswalde ist. Seine Tante Frau Whoosh wohnt ausgerechnet neben den Lorenzos, sodass Ern das Anwesen beobachten kann. Für die Freunde beginnen aufregende Zeiten - haben die Lorenzos das Bild gestohlen, werden sie sich in Peterswalde blicken lassen und wissen die Larkins mehr, als sie zugeben ...?

Bewertung:

Der zwölfte Band der Geheimnis-um-Serie vereint grundsätzlich die bekannten Stärken der Kinderkrimireihe: Ein Diebstahl mit Tatverdächtigen, Beschattungen der Örtlichkeiten durch die Spürnasen, Konflikte mit dem Dorfpolizisten Herrn Grimm und Dickis unnachahmliche Maskierungen.

Vor allem die Maskierungen sorgen in diesem Band für viel Unterhaltung, denn gleich zweimal kommen sie zum Einsatz. Dicki besitzt bekanntlich ein Arsenal an Utensilien, das einem Theaterschauspieler würdig wäre, dazu kommt sein Talent, sich in Sachen Gang, Stimme und Mimik täuschend echt zu verstellen. Zunächst verkleidet sich Dicki aus Spaß als indischer Student, stilecht mit Turban, um Herrn Grimm, der das Lorenzo-Anwesen beobachtet, ein wenig in die Irre zu führen. Dicki gibt sich gegenüber Larkin als Mr. Hoho-Ha aus Bong Castle aus, angeblich ein Freund der Lorenzos. Anschließend lässt er sich bereitwillig von Herrn Grimm durch Peterswalde verfolgen, ehe er in seinem eigenen Haus verschwindet und es dem verwirrten Polizisten überlässt, dort nach einem mysteriösen Inder zu fragen. Beim zweiten Mal verkleidet sich Dicki gar als der alte Larkin, was durch widrige Umstände dazu führt, dass Herr Grimm in der Nacht plötzlich auf dem Lorenzo-Anwesen mit zwei Larkins konfrontiert wird und an seinem Verstand zweifeln muss.

Dem Roman kommt zudem zugute, dass Herr Grimms Neffe Ern wieder einmal mit von der Partie ist; es ist das dritte von insgesamt fünf Malen, dass er die Ferien zusammen mit den Spürnasen in Peterswalde verbringt. Die Clique mag Ern, allerdings ist er auch teilweise recht naiv. Er bewundert den schlagfertigen und intelligenten Dicki restlos; in einem pathetischem Moment nimmt er sich gar vor, ihm treu zu sein "bis in den Tod". Daneben erweist sich Ern hier aber auch als nützliches Teammitglied dank seiner Beobachtungen und erfährt sogar selbst mal Bewunderung: Seine beiden jüngeren Nichten Liz und Glad himmeln ihn an, seit er ihnen ein Baumhaus gebaut hat, übernehmen für ihn bereitwillig Beobachtungsaufträge und laden ihn zum Picknick ein.

In kriminalistischer Hinsicht überzeugt der Band in erster Linie durch das clevere Ende, bei dem sich Überraschungseffekt ergibt. Ansonsten verläuft die Handlung in Sachen Ermittlungen doch eher betulich ab. Es gibt weit weniger Verdächtige als in anderen Bänden und zudem kaum Ortswechsel. Alles konzentriert sich auf das Anwesen der Lorenzos, während in anderen Bänden mehrere Örtlichkeiten beschattet werden und es beispielsweise heimliche Verfolgungen von Verdächtigen gibt. Überhaupt gibt es in anderen Abenteuern häufiger kleinere Aufträge, die einzelne Spürnasen übernehmen; hier dagegen sind es eigentlich nur Dicki und Ern, die sichtbare Ermittlungsarbeit leisten.

Des Weiteren ist es sehr konstruiert, dass Erns Tante ausgerechnet neben den Lorenzos wohnt. Dadurch erledigt sich das Problem der Spürnasen, wie sie das Grundstück vor allem nachts beschatten sollen, ganz von allein. Gerade als die Freunde fürchten, dass sie bei dem Geheimnis nicht weiter ermitteln können, schneit Ern als deus ex machina mit der frohen Botschaft herein, dass er die Ferien in Nachbarschaft zum Lorenzo-Anwesen verbringen wird. Eine geschicktere Alternative wäre etwa gewesen, die Freunde einfach auf einer Wiese nah dem Anwesen zelten zu lassen - freilich dürfte der Band dann natürlich nicht in den Winterferien spielen. Schade ist auch, dass man nicht mehr Lorenzos erfährt, die zu Beginn noch als sehr interessant dargestellt werden: Man erzählt sich, dass sie gerne mit Freunden frivole Partys feiern, etwa Nacktbaden bei Mondschein im Fluss und Verkleidungen mit Tierkostümen. Die Lorenzos erscheinen dadurch auf spannende Weise exzentrisch und hätten gut als charismatische Figuren inszeniert werden können, doch im weiteren Verlauf wird nur noch der Bilddiebstahl thematisiert.

Zudem sind einige Äußerungen des Chefinspektor Jenks nicht wirklich überzeugend. Es ist zwar bekannt, dass Herr Grimm nicht zu den cleversten Ermittlern gehört; dennoch ist es unpassend, dass er den Dorfpolizisten gegenüber Dicki als Dummkopf hinstellt und gleichzeitig den Jungen dazu ermutigt, die Ermittlungen zu übernehmen - bei aller Klugheit dürfte Dicki nicht älter als 14 Jahre alt sein. Normalerweise nimmt der Inspektor die Hinweise der Spürnasen gerne entgegen, aber es ist eher ungewöhnlich, dass er Dicki so offen beauftragt.

Fazit:

Ein solider und durchaus lesenswerter Band aus der Geheimnis-um-Reihe, der aber nicht zu den besten Bänden zählt. Das Buch hat seine witzigen Momente und eine recht originelle Auflösung; indessen ist die kriminalistische Handlung ansonsten wenig abwechslungsreich und teilweise konstruiert.

20. Juni 2015

Totes Meer - Brian Keene

Produktinfos:

Ausgabe: 2010
Seiten: 383
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* * * * *
Der Autor:

Brian Keene (USA, Jahrgang 1967), erhielt gleich für seinen Debütroman "Auferstehung" im Jahr 2001 den Bram Stoker Award, der alljährlich für außergewöhnliche Horrorliteratur verliehen wird. Weitere Werke sind u. a. Stadt der Toten und Kill Whitey.

Inhalt:


Lamar Reed führt in Baltimore ein durchschnittliches und teils unglückliches Leben. Als homosexueller Schwarzer hat er gleich doppelt mit Vorurteilen zu kämpfen, er kommt aus armen Verhältnissen und hat vor Kurzem seinen Job verloren. Das alles spielt jedoch keine Rolle mehr, als eine Seuche über der Stadt und nach und nach über der ganze Welt ausbricht:

Infizierte Ratten greifen die Menschen an und verwandeln sich nach ihrem Tod in Zombiewesen. Wer von ihnen gebissen wird oder infizierte Körperflüssigkeit in Schleimhäute oder Wunden bekommt, stirbt kurze Zeit später und kehrt ebenfalls als Untoter zurück. Die Zombies scheinen ohne jeden Verstand, nur darauf gepolt, die Lebenden zu fressen. Ausschalten kann man sie nur, indem man ihr Gehirn zerstört.

In Baltimore wird das Kriegsrecht ausgerufen. Immer mehr Menschen fallen der Seuche zum Opfer, die Überlebenden verbarrikadieren sich oder nehmen einen verzweifelten Kampf auf. Lamar begegnet auf seiner Flucht den beiden Waisenkindern Tasha und Malik, die er rettet. Gemeinsam mit dem lässigen Waffenspezialisten Mitch flüchten sie sich zum Hafen. Zusammen mit rund zwanzig anderen Überlebenden fahren sie auf einem ehemaligen Schiff der US-Küstenwache aufs Meer hinaus. Sie hoffen, auf See vor Zombies sicher zu sein und vielleicht Zuflucht auf einer Insel zu finden ...

Zombies ahoi

"Ich erschoss die Schlampe erst, als sie anfing, Alans Gesicht zu fressen." Schon der erste Satz macht dem Leser deutlich, was er bei Brian Keenes Roman erwarten kann: Horden von Zombies, blutiges Gemetzel und eine Menge Verzweiflung. "Totes Meer" ist in den allermeisten Belangen ein klassisches Zombie-Machwerk mit den üblichen Zutaten des Genres. Die Zombies reagieren fast gänzlich ohne Verstand, die Epidemie breitet sich unaufhörlich weiter aus, Überlebende schließen sich zu einer Gruppe zusammen und müssen neben den Untoten auch noch die innergruppären Konflikte in Schach halten.

Hauptfigur und Ich-Erzähler ist der junge Lamar Reed, der als homosexueller Afro-Amerikaner gleich doppelt unter Vorurteilen leidet. Lamar wächst in ärmlichen Verhältnissen im Ghetto auf und versucht alles, um sein Leben trotz dieser Bedingungen im Griff zu behalten - abgeschlossene High School, ein solider Job, respektvolles Verhalten gegenüber Frauen, keine Drogen. Trotzdem schlägt ihm immer wieder zweifacher Ablehnung entgegen - der unterschwellige Rassismus der Weißen und das Unverständnis jener Schwarzen, die ihn als Verräter betrachten, weil er sich von allen Klischees fern hält. Rap und Hip Hop interessieren ihn ebensowenig wie die Parolen eines Jesse Jackson; genervt findet er sich damit ab, dass er auf Partys von wohlmeinenden Bekannten auf Klischeethemen wie Basketball oder Wiedergutmachung für ehemalige Sklaven angesprochen wird. Lamar erscheint dem Leser als sympathische Figur; er ist ein Durchschnittstyp, ohne langweilig zu sein. Seine Probleme machen ihm zum sensiblen Charakter, mit dem es sich leicht mitfühlen lässt, ohne dass er dabei je weinerlich oder selbstmitleidig wirkt.

Spannung ist im Roman durchweg gegeben. Lamar und seine Begleiter müssen nahezu nonstop mit Angriffen rechnen und sich immer wieder aus brenzligen Situationen befreien. Im Laufe der Handlung sterben einige Charaktere, darunter durchaus auch Figuren, die man ins Herz geschlossen hat und die zu Lamars Freunden zählten. Somit ist "Totes Meer" ein sehr düsteres Werk, das wenig Gnade kennt und sowohl durch eine gewisse Unberechenbarkeit überzeugt als auch durchaus auch emotionale Momente beschert. Neben Lamar weckt vor allem der Waffennarr Mitch das Interesse des Lesers; nach außen hin erscheint er lässig und souverän; später allerdings offenbart er ein bewegendes Schicksal. Er und Lamar sind in vielerlei Hinsicht grundverschiedene Charaktere, die sich dennoch zu engen Vertrauen entwickeln; vor allem diese Freundschaft und Lamars Sorge um die beiden Kinder sind es, die innerhalb dieses Grauens für Augenblicke der Hoffnung entstehen lassen.

Neben dem Kampf gegen die Zombies reizen vor allem die Schwierigkeiten der Charaktere untereinander. Die rund zwanzig Überlebenden auf dem Schiff hätten sich vor der Katastrophe kaum je zusammengefunden, sodass rasch Konflikte entstehen. Da ist beispielsweise der Cop Officer Steven Runkle, der kaum etwas über sich preisgibt und in seiner kühlen Verschlossenheit zwar souverän, aber auch etwas angsteinflößend wirkt. Noch unwohler fühlt sich Lamar in Gegenwart von Cleveland Hooper, dem einzigen anderen schwarzen Erwachsenen in der Gruppe. Hooper versucht sich zu Beginn mit Lamar zu verbrüdern, ehe er ihn verächtlich als "Onkel Tom" abstempelt, der sich bei den Weißen anbiedere und mit Ekel auf dessen Homosexualität reagiert. Ihr Kapitän Chief Maxey bemüht sich zwar, die Lage an Bord so ausgeglichen wie möglich zu halten, doch natürlich sind Probleme unausweichlich - die Vorräte müssen streng rationiert werden, eine Frau aus der Gruppe ist Diabetikerin und benötigt dringend Medikamente; es herrscht Uneinigkeit über das nächste anzusteuernde Ziel.

Trotz vieler gelungener Aspekte enthält der Roman auch einige Schwachstellen. Am Ausbruch der Seuche nimmt der Leser kaum teil, stattdessen bekommt er die Ereignisse des vergangenen Monats auf den ersten Seiten in sehr komprimierter Form präsentiert, der Beginn wirkt daher recht gedrängt und ein wenig überhastet, da viele Informationen auf sehr kleinem Raum preisgegeben werden. Grundsätzlich sind die Geschwister Malik und Tasha zwei interessante Charaktere, vor allem aufgrund ihrer engen Bindung zu Lamar und dessen Entwicklung einer Art Vaterrolle. Allerdings wirkt Malik für seine acht Jahre viel zu reif und furchtlos und damit alles andere als realistisch. Obwohl er und seine Schwester ihre Mutter verloren haben und sich allein in ihrem Haus vor Horden von Zombies verschanzen, reagiert Malik selbstbewusst und patzig gegenüber Lamar. Auch später tritt Malik immer wieder eher wie ein Teenager auf statt kindlichere Verhaltensweisen an den Tag zu legen.

Überdies ist die Gestaltung der Charaktere ein bisschen zu simpel geraten. Die Rollen sind recht klar verteilt und es gibt in dieser Hinsicht wenig bis keine Überraschungen - den guten Charakteren fehlt es teilweise an Ecken und Kanten, die schlechten Charaktere sind als solche schnell auszumachen; insbesondere die negativen Figuren sind stereotyp gezeichnet und hätten eine etwas ausgefeiltere Darstellung verdient.

Zudem wird in der zweiten Hälfte des Romans der interessante Gedanke einer möglichen geistigen Weiterentwicklung der Zombies aufgegriffen, aber leider nicht fortgeführt. Es scheint Indizien dafür zu geben, dass die Untoten irgendwann nicht mehr ausschließlich auf Fressen und Töten ausgelegt sind, sondern einen Funken Bewusstsein zeigen; indessen bleibt es bei dieser vagen Andeutung, ohne dass es zu einem richtigen Thema wird. Zu guter Letzt reagieren die Figuren immer mal wieder etwas zu naiv; während der Leser gewisse Gefahren schon früh erkennt, zeigen sich die Charaktere mehrfach lange Zeit arglos - das gilt erst recht für die Risiken, die sich unter dem Meer verbergen.

Fazit:

Ein insgesamt kurzweiliger Zombie-Roman, der gut unterhält, wenn man keine zu hohen Ansprüche stellt. Die Handlung ist spannend, der Protagonist gelungen, allerdings sind die anderen Charaktere überwiegend etwas zu stereotyp geraten. Eine nette Lektüre für Fans von "The Walking Dead" und Konsorten, aber kein Highlight im Horror-Genre.

Bibi Blocksberg - Der Hexenbesen-Dieb

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Inhalt:

Bibi und ihre Hexenfreundinnen Flauipaui und Xenia trainieren auf ihren Besen für den "Neustädter Flugspaß" - eine Flugshow, die heute Nachmittag über dem Rathausplatz stattfindet. Ideal wäre es, wenn die Hexenbesen-Veredlerin Abartha ihre Besen für diese Show umstylen würde, sodass sie beispielsweise einen Kondensstreifen hinter sich herziehen würden - doch Abarthas Dienste sind für die Mädchen viel zu teuer.

Die Überraschung ist groß, als Abartha wenig später bei Bibi an der Tür klingelt. Sie hat erfahren, dass die Freundinnen an der Flugshow teilnehmen, und will ihnen ihren Dienst anbieten. Abartha will ihre Besen mit einem Dreiklang ausstatten: Wenn die Mädchen in einer bestimmten Geschwindigkeit fliegen, ertönt eine Melodie. Auf eine Bezahlung verzichtet Abartha, da der Besenauftritt eine gute Werbung für sie sei.

Bibi, Flauipaui und Xenia sind natürlich begeistert. Abartha nimmt ihre Besen mit und verspricht, sie in einer Stunde zurückzubringen. Doch auch nach weit über einer Stunde ist sie noch nicht in Sicht. Allmählich machen sich die Mädchen Sorgen um ihre Besen ...

Bewertung:

Sehr hexisch geht es in dieser Folge zu, obwohl die Handlung nicht nur in Neustadt spielt, sondern sich auch noch zu großen Teilen um eine Neustädter Veranstaltung dreht.

Die Ausgangslage der Geschichte ist nicht uninteressant und bringt eine gewisse Spannung mit sich: Bibi und ihre Freundinnen sind Feuer und Flamme für den Flugspaß und wollen unbedingt eine eindrucksvolle Show zeigen. Der Hörer ahnt schnell, dass die Besen allerdings nicht zur vereinbarten Zeit zurückgebracht werden und dass mit Abartha etwas nicht in Ordnung ist. Was jedoch genau dahinter steckt, löst sich erst gegen Ende auf. Es ist recht kurzweilig, Bibi und ihre Freundinnen auf der Suche nach ihren Besen zu verfolgen. Die Hexmöglichkeiten sind zudem eingeschränkt, die Besen erscheinen seltsamerweise nicht in Barbaras Hexenkugel, mit der es sonst kein Problem ist, verlorene Gegenstände ausfindig zu machen.

Generell ist es schön, dass hier wieder mal die Besen in den Vordergrund rücken und gezeigt wird, dass Kartoffelbrei, Gänseblümchen und Woodie weit mehr als nur Fluggeräte für die Mädchen sind. Beim Besuch in Abarthas Haus kommt sogar eine gewisse Gruselstimmung auf; das dunkle Häuschen mit der knarrenden Tür, aus dem unheimliches Gelächter erklingt, erscheint den Mädchen fast wie eine Geisterbahn und stellt die kleinen Hexen vor einige Herausforderungen. Überhaupt ist Abartha mit ihrer mobilen Hexenbesenwerkstatt eine recht interessante Nebenfigur; überdies ist Karla Kolumna mit von der Partie, wenn auch nur in einer kleinen Rolle - aufgrund des Todes von Gisela Fritsch handelt es sich um einen der letzten Auftritte der rasenden Reporterin mit ihrer Originalstimme, ehe sie demnächst von Ulrike Stürzbecher gesprochen wird. Bei Gabriele Streichhahn, die seit Folge 93 Barbara Blocksberg spricht, ist eine Verbesserung zu konstatieren; in manchen Momenten klingt ihre Stimme durchaus ein wenig wie die ihrer Vorgängerin, und sie spricht weniger steif als noch bei ihren ersten Einsätzen.

Erfreulich ist darüber hinaus, dass Xenia als dritte Junghexe dabei ist; sonst ist es gewöhnlich Schubia, die Bibi und Flauipaui unterstützt, die aber mit ihrer penetrant-vorlauten Art schnell auf die Nerven gehen kann. Xenia zeigt zwar keine besonders markanten Charakterzüge - sie ist eine ausgesprochene Umweltfreundin, was in dieser Folge allerdings keine weitere Rolle spielt -, fällt aber auch nicht negativ auf.

Trotzdem enthält die Episode einige Mängel, die den Gesamteindruck trüben. Die Mädchen verhalten sich bei Abarthas Auftauchen etwas zu naiv; es gibt überdeutliche Hinweise, dass etwas nicht in Ordnung ist, die Bibi und ihre Freundinnen aber nicht wahrnehmen. Der Grund für die verschwundenen Besen ist zwar teils so nicht vorherzusehen, dafür aber auch recht weit an den Haaren herbei gezogen und nicht wirklich überzeugend. Das Verhalten des Bürgermeisters erscheint sehr konstruiert - ihm ist eine Sache nicht bewusst, die er nach seinen vielen Kontakten mit den Blocksberg-Hexen eigentlich längst wissen sollte. Etwas überflüssig ist zudem die Nebenrolle von Tobi, einem netten Jungen, der mit seinem Modellflugzeug an der Show teilnehmen will. Bibi kommt kurz mit ihm ins Gespräch und wird anschließend von Flauipaui und Xenia auf alberne Weise damit aufgezogen, dass sie doch tatsächlich ein paar Worte mit einem "süßen" Jungen gewechselt hat.

Fazit:

Eine durchschnittliche Folge, die man hören kann, die aber nicht weiter hervorsticht. Die Grundidee ist zunächst interessant, die Auflösung enttäuscht dann aber. Ein bisschen Spannung ist gegeben, und die Sprecher machen ihre Sache gut; unterm Strich ist die Episode aber recht beliebig und kann nicht mit den besseren Folgen der Serie mithalten.

Sprechernamen:

Bibi Blocksberg: S. Bonasewicz
Barbara Blocksberg: G. Streichhahn
Xenia: M. Koschny
Flauipaui: M. Hinze
Karla Kolumna: G. Fritsch
Bürgermeister: R. Hemmo
Abartha: S. Falkenberg
Thea Tüftel: A. Stadlober
Tobi: O. Ünal
Erzähler: G. Schoß

Bibi und Tinas - Rennpferd in Not

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Inhalt:

Als Bibi und Tina Tierarzt Dr. Robert Eichhorn einen Routinebesuch abstatten, entdecken sie zu ihrer Überraschung ein schwarzes Pferd in seinem Vorgarten. Die Stute "Blackbird" war bis vor Kurzem ein erfolgreiches Rennpferd. Dann erlitt sie mit ihrem Jockey einen schweren Sturz und leidet seither unter einem seelischen Trauma: Blackbird lässt sich nicht mehr reiten, sondern wirft jeden Reiter ab. Für den Pferderennsport ist sie erst recht nicht mehr einsetzbar.

Blackbirds Eigentümer hat die Stute zu Robert gegeben, damit er sie wieder heilt und für den Rennsport tauglich macht. Wenn in naher Zukunft kein Erfolg zu sehen ist, will er sie zum Schlachter geben, da sie wertlos für ihn geworden ist. Robert möchte gerne helfen, hat aber kaum Zeit für das Tier.

Bibi und Tina sind empört über den Eigentümer. Sie bieten an, dass Blackbird auf den Martinshof kommt, um sich dort in Ruhe zu erholen. Sowohl Robert als auch Frau Martin sind damit einverstanden. Mit Geduld und Training wollen Bibi und Tina die Stute wieder ganz gesund machen ...

Bewertung:

Bibi und Tina sind immer bereit, einem in Not geratenen Tier zu helfen, und mit Pferden kennen sie sich bekanntlich sehr gut aus - wer erscheint da also besser geeignet, um eine traumatisierte Stute wieder glücklich zu machen? Die Ausgangslage dieser Folge ist damit grundsätzlich gelungen, wird hier doch darauf aufmerksam gemacht, dass auch Tiere seelische Traumata erleiden können. Leider ist die Umsetzung nur mäßig geglückt und hapert an mehreren Stellen.

Zum einen fällt störend auf, wie schnell Bibi und Tina das Vertrauen der Stute gewinnen. Zwar wird Blackbird als schwer traumatisiert beschrieben, doch schon nach einer Woche sind die Mädchen in der Lage, sie zu reiten, ohne dass es die Stute verstört. Gewiss muss in einem (Kinder-)Hörspiel die Handlung gerafft dargestellt werden, aber ein wenig schwieriger hätte man es den Freundinnen schon machen können. Zum anderen ist es schade, wie unkritisch hier der Pferderennsport gesehen wird. Blackbird hat auf der Rennbahn einen schweren Unfall erlitten, und generell ist der Profi-Reitsport für die Tiere oft eine große Belastung; hier fallen allerdings keinerlei kritische Worte zum Leben auf der Rennbahn, die man sicherlich auch in für Kinder ansprechender Form hätte anbringen können.

Die Lösung für Blackbirds Problem fällt dann ausgesprochen simpel aus. Auch in Anbetracht der jungen Zielgruppe wirkt der Schluss der Geschichte arg phantasielos, beinahe so, als habe man aus Zeitnot die nächstbeste und einfachste Idee gewählt, statt den Ausgang etwas differenzierter zu gestalten. Insgesamt wurde hier die Möglichkeit verschenkt, sich intensiver mit der Pferdepsyche zu befassen und auch mal die Schattenseiten des (Profi-)Reitsports zu beleuchten. Natürlich hätte eine Pferdeflüsterer-Story klischeehaft geraten können, wäre aber vom Grundgehalt der Aussage vielleicht die bessere Alternative gewesen.

Einen amüsanten Nebenstrang bildet Bibis, Tinas und Alex' Versuch, sich zu dritt zum Eisessen zu treffen, was gleich mehrfach scheitert - und jedes Mal ist es Alex, der von Bibi und Tina versetzt wird, weil ihnen etwas dazwischengekommen ist. Sonst ist es gewöhnlich Tina, die Eifersucht zeigt, hier reagiert Alex empfindlich. Allerdings zeigt er sich am Ende ohne nähere Begründung sehr versöhnlich; genau wie in der Haupthandlung um Blackbird wird die Lösung sehr abrupt herbeigeführt und wirkt dadurch konstruiert. Auffällig ist an der Folge, dass Bibi - wie schon in der Episode zuvor - kein einziges Mal hext und dass Bibi und Tina aus Übermut einen gravierenden Fehler begehen, der anschließend auch breit thematisiert wird. Es ist durchaus angenehm, dass sich die beiden Mädchen zur Abwechslung nicht ideal verhalten, und aus ihrem Fehlverhalten können kleine Hörer entsprechende Lehren ziehen.

Bei den Sprechern ist Arianne Borbach bemüht, die aus Altersgründen ausgestiegene Evelyn Meyka in der Rolle der Frau Martin zu ersetzen. Seit Folge 76 verleiht sie Susanne Martin eine jüngere Stimme, die zwar ebenfalls ein wenig heiser klingt, aber nicht mit der Ursprungsstimme zu verwechseln ist. Arianne Borbach macht ihre Sache objektiv gesehen gut, klingt aber noch ein wenig zu gehemmt. Es bleibt zu hoffen, dass sie sich noch tiefer in die Rolle einfinden wird. Eberhard Prüter ist, leider nur sehr kurz, nach seinem Tod im Oktober 2014 in einer seiner letzten Auftritte als Graf von Falkenstein zu hören und wird bereits jetzt schmerzlich vermisst.

Fazit:

Eine durchschnittliche Bibi-und-Tina-Folge, die ein an sich interessantes Thema nicht optimal umsetzt. Die Handlung ist für Kinder leidlich unterhaltsam und hat ihre witzigen Szenen, kann aber gerade in Sachen Vermittlung von Lehren nicht rundum überzeugen.

Sprechernamen:

Bibi Blocksberg: S. Bonasewicz
Tina Martin: D. Hugo
Alexander v. Falkenstein: S. Hasper
Holger: M. Clarén
Frau Martin: A. Borbach
Graf v. Falkenstein: E. Prüter
Dr. Eichhorn: D. Wunder
Jockey Paul Schubert: V. Neumann
Mario: N. Mamone
Erzähler: G. Schoß

Benjamin Blümchen - Die Fahrrad-Wette

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Inhalt:

Benjamin, Otto und Stella wollen eine Fahrradtour ins Grüne machen. Benjamin braucht vorher aber noch neues Flickzeug, und so fahren sie zunächst zu dem Fahrradhändler Frans van de Fietsen, wo sie auch Karla Kolumna treffen. Zu ihrem Schrecken will der Händler seinen Laden für immer schließen. Neustadt hat so wenige Radwege, dass Fahrradfahren keinen Spaß macht - und daher kommen auch zu wenige Kunden zu Frans van de Fietsen.

Benjamin, Otto und Stella können nur bestätigen, dass Fahrradfahren in Neustadt sogar richtig gefährlich ist. Zusammen mit Karla Kolumna suchen sie den Bürgermeister auf, um sich darüber zu beschweren. Der allerdings zeigt wenig Verständnis. Statt Radwege bauen zu lassen, plant er, die Straßen zu verbreitern, damit die Autofahrer seltener im Stau stehen.

Für den Bürgermeister sind Fahrräder ohnehin überflüssig. Dagegen protestieren Karla, Benjamin, Stella und Otto energisch - das Fahrrad sei in der Stadt viel praktischer, da es wendiger ist und man keine Parkplatzprobleme bekommt. Aus dem Streit ergibt sich eine Wette: Benjamin, Otto und Stella fahren auf einem Tridem auf festgelegten Etappen durch die Stadt, der Bürgermeister mit Pichler in seinem Auto. Wer die Rallye gewinnt, darf entscheiden, ob es künftig mehr Radwege oder breite Straßen geben wird ...

Bewertung:

Fahrradfahren ist gesund, umweltfreundlich und macht Spaß - das etwa sind die Erkenntnisse, die diesem Hörspiel zu entnehmen sind. Das ist nun nicht sonderlich originell, aber für Kinder doch durchaus lehrreich.
Überraschungen gibt es in diesem Hörspiel so gut wie keine: Der Bürgermeister denkt wieder einmal nur an seine Vorteile und wird eines Besseren belehrt, Sekretär Pichler muss widerwillig seine Anweisungen befolgen, Otto und Stella geben kluge Sprüche ab, Karla verleiht dem Ganzen ihren forschen Charme, und Benjamin ist einfach Benjamin.

Als sympathische Ergänzung der dramatis personae fungiert in dieser Folge der Fahrradhändler Frans van de Fietsen; wie so viele Einwohner Neustadts trägt auch er einen sprechenden Namen (fiets (niederl.) = Fahrrad). Liebenswert-schrullig ist seine Angewohnheit, immer wieder niederländische Begriffe einzuwerfen, die er unmittelbar darauf selbst übersetzt. Von ihm erfahren die kleinen Hörer des Weiteren, dass seine Heimat Amsterdam geradezu ein Mekka für Radfahrer ist dank der unzähligen Radwege. Weiterhin liefert die Folge ein paar Infos dazu, was ein Tridem ist und wie es funktioniert und wie ein Reifenwechsel im Detail durchgeführt wird; natürlich nutzen die Freunde auch wie selbstverständlich schützende Helme. Einige humorvolle Momente gibt es ebenso, vor allem wenn der Bürgermeister Benjamins Antwort "Wir haben einen Schaden" ganz trocken mit "Das wusste ich schon lange" kommentiert.

Zu den Mankos der Folge gehört der grundlegende Logikfehler, dass es in Neustadt kaum Radwege geben soll - genau dies war nämlich vor einigen Jahren Thema in der Parallelserie "Bibi Blocksberg". In der Episode "Bibi und die Zauberlimonade" sorgte die kleine Hexe auf Umwegen dafür, dass Neustadt wesentlich fahrradfreundlicher wurde, indem der Bürgermeister viele neue Radwege bauen ließ. Da Bibi und Benjamin sich bekanntlich kennen, die Serien also zur gleichen Zeit spielen, ist es recht ungeschickt, dass die Macher diesen Widerspruch nicht bedacht haben. Zudem ist die Folge kaum spannend, sondern sehr vorhersehbar. Es ist nun wahrlich keine Überraschung, wer die Wette am Ende gewinnt, und auch der Weg dahin verläuft in so ziemlich allen Belangen erwartungsgemäß. Die Rallyestationen sind ein wenig zu sehr auf die Radfahrer abgestimmt - es geht beispielsweise durch enge Gassen oder sie müssen Hütchen umrunden, wobei das Auto des Bürgermeisters naturgemäß im Nachteil ist. Und kaum haben Benjamin, Otto und Stella mal eine Panne, geht gleichzeitig dem Bürgermeister das Benzin aus - die Nachteile des Autos werden hier also übertrieben; für den Bürgermeister läuft quasi alles schief, was nur schieflaufen kann.

Insgesamt liegt hier also eine durchaus hörenswerte Folge vor, die jedoch nicht an die Höhepunkte der Serie anknüpfen kann. Dafür fehlt ihr einiges in Punkte Spannung und Charme; nichtsdestotrotz unter den Episoden ab ca. Nummer 90 eines der besseren Machwerke.

Fazit:


Eine solide, wenngleich nicht sehr überdurchschnittliche Benjamin-Folge, die ein paar witzige Dialoge, ordentliche Unterhaltung, gute Sprecher und kindgerechte Lehren bietet. Allerdings ist die Handlung auch zu vorhersehbar und zu unspannend; die Grundidee hätte sicherlich noch komplexer umgesetzt werden können.

Sprechernamen:

Benjamin Blümchen: J. Kluckert
Otto: K. Primel
Stella: M. Bierstedt
Karla Kolumna: G. Fritsch
Bürgermeister: R. Hemmo
Sekretär Pichler: W. Herbst
Frans van de Fietsen: Ch. Banken
Erzähler: G. Schoß

13. Mai 2015

Cry Baby - Gillian Flynn

Produktinfos:

Ausgabe: 2012
Seiten: 336
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* * * * *
Die Autorin:

Gillian Flynn, Jahrgang 1971, arbeitete nach ihrem Journalismus-Studium als Fernsehkritikerin, ehe sie sich dem Schreiben widmete. Bereits mit ihrem ersten Roman "Cry Baby" gelang ihr 2006 ein beachtlicher Erfolg, den sie 2009 mit "Dark Places" fortsetzte.

Inhalt:

Camille Preaker arbeitet als Journalistin für die Daily Post in Chicago. Ursprünglich stammt sie aus dem kleinen Ort Wind Cap, doch hier lässt sie nur selten blicken; zu ihrer Familie hat sie ein distanziertes Verhältnis. Gegen ihren Willen schickt sie jedoch ihr Chef in das Provinzstädtchen, um über das Verschwinden der zehnjährigen Nathalie zu berichten.

Einige Monate zuvor wurde bereits die gleichaltrige Ann Nash entführt und wenig später ermordet aufgefunden. Dem Mädchen wurden nach dem Tod sämtliche Zähne gezogen, die Polizei hat keine Hinweise auf den Täter. Kurz nach Camilles Ankunft wird auch die vermisste Nathalie tot aufgefunden - offenbar vom gleichen Täter ermordet.

Obwohl Camille eine Einheimische ist, begegnen ihr die meisten Einwohner verschlossen. Sie fürchten, dass eine große Berichterstattung über die Morde ihren Ort in Verruf bringt; nur mit Mühe erfährt Camille nach und nach Details über die Verbrechen. Camilles Recherchen in Wind Gap konfrontieren sie unwillkürlich auch mit ihrer eigenen Vergangenheit - und mit dem frühen Tod ihrer jüngeren Schwester, die vor zwanzig Jahren starb ...

Bewertung:

Im deutschsprachigen Raum ist Gillian Flynn der endgültige Durchbruch mit ihrem Bestseller Gone Girl gelungen, doch bereits ihr Debütroman "Cry Baby" beweist ihre Klasse als Thrillerautorin.

Ich-Erzählerin Camille Preaker ist eine Protagonistin mit reichlich Ecken und Kanten, die gleichzeitig dem Leser sympathisch ist. In teils schnodderigem, teils zynischen Tonfall erzählt Camille von ihrer schwierigen Vergangenheit, die sie gerne hinter sich lassen würde. Ihren leiblichen Vater hat sie nie kennen gelernt, ihre Mutter ist eine reiche Erbin, zu der sie nie wirklich Zugang gefunden hat; auch ihr Stiefvater Alan bleibt ihr fremd. Als Camille dreizehn ist, stirbt ihre seit jeher kränkliche jüngere Schwester Marian; Mutter Adora zieht sich noch weiter von Camille zurück.

Treffender als der in Deutschland verwendete Titel "Cry Baby" ist der Originaltitel "Sharp Objects", der eine zentrale Eigenschaft Camilles in den Fokus stellt: Ihr Körper ist mit Narben übersät, die sie sich selbst zugefügt hat, Narben, die aus Wörtern bestehen. "Schändlich" hat sie sich in ihr Handgelenk geritzt, "Babydoll" steht auf ihrem Bein, "Petticoat" flammt auf der Hüfte, "böse" über dem Schambein. Bis auf eine winzige Stelle am Rücken ist kein Hautfleck an Camilles Körper noch unversehrt; hochgeschlossene Kleidung schützt Camille vor irritierten Blicken, Männern gegenüber bleibt sie auf Abstand. Weder Camille noch die mit ihrem Fall betrauten Therapeuten haben durchschaut, nach welchem Prinzip welche Wörter ausgewählt werden. So erscheint die Protagonistin dem Leser als durchaus komplexe Figur, eine Mischung aus Verletzlichkeit und Sarkasmus, die trotz allem Bemühungen die Vergangenheit nicht hinter sich lassen kann.

Vordergründig dreht sich die Handlung um die beiden ermordeten Mädchen; unweigerlich allerdings muss sich Camille mit ihrer Familie auseinander setzen. Ihre dreizehnjährige Halbschwester Amma ist das kesse It-Girl der Stadt, Anführerin der Mädchenclique, frech gegenüber ihrer Schwester und auf den ersten Blick rundweg unsympathisch. Dies relativiert sich im weiteren Verlauf, wenn auch Amma ihre sensible Seite offenbart und es zwischen ihr und Camille gar zu rührenden schwesterlichen Szenen kommt. Immer wieder driften Camilles Erinnerungen rund fünfzehn Jahre zurück zu ihrer verstorbenen Schwester, zu ihrem jahrelangen Leiden und zu dem Kranken- und später Totenkult, den ihre exzentrische Mutter praktizierte. So ist denn "Cry Baby" nicht allein ein Thriller, sondern mindestens zu gleichen Teilen auch ein Familiendrama, dessen komplexes Gefüge sich von weit in der Vergangenheit bis in die Gegenwart streckt. Spannung bezieht der Roman sowohl aus der Frage nach dem Mörder der beiden Mädchen als auch aus Camilles Familiengeschichte - schon bald deutet sich an, dass auch dort sich einige Dinge anders abgespielt haben, als es zunächst den Anschein hat.

Eine kleine Schwäche des Romans liegt in den etwas zu überzeichneten Figuren. Das Auftauchen einzelner exzentrischer Charaktere hätte noch seinen Reiz, hier allerdings sind die auffälligen Personen deutlich in der Überzahl. Sowohl Camille mit ihrem Drang, sich wahllos Wörter in die Haut zu ritzen als auch ihre überkandidelte Mutter, die geistig in ihrer eigenen Welt lebt, ihr ausgesprochen steifer und förmlicher Stiefvater, ihre sexuell enthemmte kleine Schwester sowie die lästerfreudigen und trinkfesten Bekannten von Camilles Mutter sind sehr eigenwillige Gestalten und diese Fülle an ungewöhnlichen Charakteren nimmt sich zu gewollt aus.

Fazit:

Lesenswerter Roman, der eine Mischung aus Thriller und Familiendrama darstellt. Gelungenes Debütwerk, das durch Spannung und eine interessante Ich-Erzählerin überzeugt, wenngleich bei der Originalität der Charaktere etwas übertrieben wurde.

13. April 2015

Der Stümper - Patricia Highsmith

Produktinfos:

Ausgabe: 2005
Seiten: 416
Amazon
* * * * *
Die Autorin:

Patricia Highsmith (USA), 1921-1995, studierte zunächst Literatur und Zoologie, ehe sie als Comic-Autorin arbeitete. 1950 gelang ihr gleich mit ihrem Debütroman "Zwei Fremde im Zug" der Durchbruch als Schriftstellerin, zumal das Werk kurz darauf von Alfred Hitchcock verfilmt wurde. In der Folge entwickelte sie sich zu einer der populärsten Krimi-Autorinnen, wobei ihr Fokus vor allem auf psychologischen Aspekten liegt. Weitere bekannte Werke sind Der Schrei der Eule, Der süße Wahn und die Ripley-Reihe.

Inhalt:

Der Buchhändler Melchior Kimmel ermordet seine untreue Frau Helen, die ihn für einen anderen Mann verlassen will. Damit kein Verdacht auf ihn fällt, besucht er offiziell eine Kinovorstellung. Er schleicht sich aus dem Saal und ersticht seine Frau, die er während einer Rast auf ihrer Busreise nach Albany abfängt. Da Mrs. Kimmel nicht ausgeraubt wurde, ihr Ehemann aber als Täter auszuscheiden scheint, tappt die Polizei im Dunkeln.

Auch der Anwalt Walter Stackhouse führt eine unglückliche Ehe. Seine Frau Clara neigt zur Hysterie und ist sehr eifersüchtig; Walter leidet unter ihren ständigen Unterstellungen. Zufällig liest er den Zeitungsartikel über den unaufgeklärten Mord an Mrs. Kimmel. Walter spekuliert, ob der Ehemann der Täter sein könnte und erwägt, Clara auf ähnlich Weise umzubringen.

Kurz darauf fährt Clara mit dem Bus zu ihrer todkranken Mutter. Walter sieht seine Chance, sie unterwegs abzupassen und zu töten, doch er trifft sie nicht an und bläst seinen Plan somit ab. Wenig später wird ihre Leiche gefunden - Clara ist einen Abhang hinunter gestürzt. Zunächst sieht alles nach Selbstmord aus. Doch dann gerät Walter in Verdacht ...

Bewertung:

Patricia Highsmith war bekannt für ihre psychologischen Krimis, die sich nicht um die Frage nach dem Täter, sondern nach dem Motiv für die Tat drehen. Paradebeispiele dafür sind mit "Zwei Fremde im Zug" sowie ihrer Ripley-Reihe einige ihrer populärsten Werke. Doch auch dieser verhältnismäßig unbekannte Roman gehört zu diesem Genre.

Im Mittelpunkt stehen zwei Männer, die den gleichen Plan haben und deren Wege sich schicksalhaft dadurch kreuzen, dass der eine seinen Plan umsetzt und der andere dabei gehindert wird. Melchior Kimmel begeht einen kaltblütigen Mord, fädelt geschickt ein solides Alibi ein und gerät so nicht in die Schusslinie der Ermittler. Walter Stackhouse hingegen spielt zwar mit dem Gedanken an einen Mord, begeht ihn letztlich aber nicht - doch das Schicksal will es, dass er sich trotzdem höchst verdächtig macht. Walter hat kein Alibi für die Tat, zu allem Überfluss hat ein Zeuge ihn in der Nähe des Tatortes gesehen. Auch die unglückliche Ehe, die kurz vor der Scheidung steht, lässt sich nicht verheimlichen und bietet ein ideales Motiv, um Clara zu ermorden. Anfangs macht sich Walter keine großen Sorgen, seine Freunde und Bekannte halten zu ihm und finden die Unterstellungen des ermittelnden Polizeibeamten Corby recht unverschämt. Corby allerdings erweist sich als äußerst hartnäckig. Er verdächtigt sowohl Kimmel als auch Walter und will beiden ihre Tat nachweisen.

Für den Leser ergibt sich aus dieser originellen Situation eine gewisse Spannung; besonders reizvoll ist der Gedanke, dass womöglich Walter für einen Mord verhaftet wird, den er nicht begangen hat, während Kimmel im Gegenzug davonkommen könnte. Der Roman wirft die Frage nach der moralischen Schuld auf. Rein juristisch ist Walter kein Mörder, allerdings verhinderte dies nicht sein Gewissen, sondern der Zufall. Man darf darüber philosophieren, inwieweit ihn das zu einem besseren Menschen als Kimmel macht und ob man Walter ein gutes oder schlechtes Ende wünscht. Die Handlung schlägt keinen vorhersehbaren Weg ein. Kimmel erscheint zunächst nicht zu belangen, ehe sein Kino-Alibi allmählich an Überzeugungskraft verliert. Aus dem Zusammentreffen der beiden Männer entwickelt sich eine eigentümliche Dynamik; sie mögen einander nicht wirklich, Kimmel fühlt sich durch Walter gar belästigt, doch sitzen sie andererseits im selben Boot und können die Gedanken des anderen nachempfinden.

"Der Stümper" ist sicherlich in vielerlei Hinsicht ein typisches Werk für Patricia Highsmith. Ihr Metier waren nicht die strahlenden Helden, sondern Durchschnittsmenschen mit seelischen Abgründen. Kimmel ist rundweg unsympathisch, ein kühler Intellektueller, der nur auf seine eigenen Interessen bedacht ist. Walter Stackhouse ist da die etwas zwiespältigere Figur; phasenweise kann der Leser durchaus Mitleid mit ihm verspüren, zumal er emotionale Regungen zeigt. Trotzdem ist es gewöhnungsbedürftig, als Leser keine Figur zu haben, mit der es wirklich mitfiebern lässt. Dazu kommt, dass auch Nebenfiguren wie Walters Geliebte Ellie blass bleiben.

Eine große Schwäche des Romans liegt aber eindeutig in der Gestalt des Ermittlers Corby. Anfangs scheint seine Rolle noch Potential zu besitzen, ahnt er doch die Wahrheit hinter Kimmels und Walters Geschichten. Jedoch entpuppt sich Corby zunehmend als Besessener, dem für den Beweis seiner Theorien nahezu jedes Mittel recht ist. Corby handelt überzogen und unrealistisch, indem er beispielsweise Kimmel und Walter gegeneinander ausspielt und zu körperlicher Gewalt greift; mehr und mehr stellt er ein Ärgernis in der Handlung dar. Letztlich kann auch das Ende nicht wirklich überzeugen, sondern wirkt hastig inszeniert.

Fazit:

Ein solider Krimi, der auf einer originellen Grundidee fußt, der allerdings nicht zu den besten Werken von Patricia Highsmith zählt. Die Handlung ist recht spannend, bis auf eine Figur sind die Charaktere jedoch eher reizlos oder überzogen.