2. März 2017

Die Falle - Melanie Raabe

Produktinfos:

Ausgabe: 2015 bei btb
Seiten: 352
* * * * *
Die Autorin:

Melanie Raabe, geboren 1981 in Jena, studierte zunächst Medienwissenschaft und Literatur und arbeitete als Journalistin. 2015 erschien ihr erster Roman "Die Falle", 2016 folgte mit "Die Wahrheit" der zweite Thriller.

Inhalt:


Linda Conrads ist eine berühmte Autorin, die regelmäßig Bestseller veröffentlicht. Doch über ihr Privatleben ist kaum etwas bekannt, da sie sich nahezu völlig aus der Öffentlichkeit heraushält. Seit elf Jahren hat sie ihre Villa am Starnberger See nicht mehr verlassen, über die Hintergründe weiß ihr Publikum nichts.

Nur Lindas Familie weiß, dass damals ihre jüngere Schwester Anna ermordet wurde. Linda fand die Tote und sah für einen Moment auch den flüchtigen Mörder. Die Ermittlungen liefen jedoch ins Leere, auch das Phantombild ergab nie einen Hinweis auf einen Verdächtigen. Die traumatisierte Linda hat sich daraufhin völlig zurückgezogen, das Gesicht des Täters verfolgt sie bis heute.

Jetzt aber sieht Linda plötzlich den Mörder ihrer Schwestern im Fernsehen. Ihre Nachforschungen ergeben, dass es sich dabei um den erfolgreichen Journalisten Victor Lenzen handelt, der ein unbescholtenes Leben führt. Obwohl sie den Täter damals nur kurz sah und elf Jahre vergangen sind, ist sie fest davon überzeugt, sich nicht zu irren. Aber sie weiß auch, dass ihr die Polizei kaum glauben wird, wie schon damals. Sie beschließt, Lenzen für ein Interview zu sich einzuladen und ihm eine Falle zu stellen ...

Bewertung:

Gleich mit ihrem Debütroman "Die Falle" sorgte Melanie Raabe für Furore in der Krimiszene; in Windeseile wurde das Werk in weitere Sprachen übersetzt, ebenso wie die Filmrechte verkauft wurden. Der Erfolg ist durchaus nachvollziehbar, ist "Die Falle" doch ein spannender und wendungsreicher Thriller, der gute Unterhaltung schenkt.

Ich-Erzählerin Linda Conrads ist eine interessante Figur, mit der man einerseits fühlt und bei der man andererseits nicht ganz sicher sein kann, wie zuverlässig ihre Aussagen sind. Nicht, dass man Linda Lügen unterstellen würde, aber es ist gut möglich, dass ihre Erinnerungen sie trügen. Nur ganz kurz hat sie damals den Mörder ihrer Schwester gesehen; trotzdem ist sie felsenfest davon überzeugt, ihn in Victor Lenzen wiederzuerkennen. Brisanterweise stellt sich im weiteren Handlungsverlauf heraus, dass manche Ermittler seinerzeit Linda nicht nur eine Täuschung unterstellten, sondern sie auch für verdächtig hielten. Und tatsächlich erfährt man nach und nach, dass Lindas Verhältnis zu ihrer Schwester Anna längst nicht nur positiv war. Annas egoistische Züge kommen zum Vorschein; zudem leidet Linda noch heute darunter, dass ihre Eltern offenbar immer Anna bevorzugten. Man darf also gespannt sein, inwieweit sich Lindas Erinnerung als richtig erweist. Und natürlich läuft alles auf die Begegnung zwischen Linda und Victor Lenzen heraus - die Maus lädt gewissermaßen die Katze in ihre vier Wände ein. Es ist nicht abzusehen, wie dieses Treffen endet, wie Linda dem vermeintlichen Mörder gegenübertreten wird, wie er reagiert. Es gibt so viele Möglichkeiten, und die Autorin wählt zielgerichtet diejenigen aus, die die Handlung so unterhaltsam und spannend machen.

Linda Conrads' Verhaltensweisen werden grundsätzlich plausibel dargestellt. Man kann gut nachvollziehen, weshalb sie auf eigene Faust handelt und nicht die Polizei über ihren Verdacht informiert - schließlich hat sie keine Beweise in der Hand, und sie fürchtet, dass Lenzen durch eine Befragung der Polizei bloß gewarnt sein und das Land verlassen würde, was sich ihm als Auslandsreporter ja anbietet. Insgesamt ist Linda eine sehr komplexe Figur. Einerseits berühmte Bestsellerautorin, andererseits lebt sie fernab jeder Öffentlichkeit. Kontakt hat sie hauptsächlich zu ihrem Verleger Norbert und zu ihrer Assistentin Charlotte. Man hat Verständnis für ihre psychische Situation, aber ob man ihren Wahrnehmungen hundertprozentig trauen kann, ist längst nicht gewiss.

Linda lockt Victor Lenzen nicht nur mit einem Interview, sondern auch mit ihrem neuen Roman, der verklausuliert die Geschichte vom Mord ihrer Schwester erzählt. Immer wieder werden einige Seiten dieses Romans in die Handlung eingeflochten, und der Leser erfährt auf diesem Weg einige Details über die Vergangenheit. Es kann zunächst irritieren, mit einem "Buch im Buch" konfrontiert zu werden, aber da die Auszüge aus Linda Conrads Roman nicht zu lang sind und viel zum Verständnis beitragen, sollte es nicht weiter stören.

Frei von Schwächen ist das Debütwerk freilich nicht. Ein kleines bisschen konstruiert wird es schon gegen Ende in ein paar Punkten. Zudem ist Lindas luxuriöse Lebenssituation, die ihr nicht nur eine Villa mit allem Komfort, sondern auch Angestellte sowie ausgefeiltes technisches Repertoire zur Überwachung garantiert, nicht sehr glaubwürdig. Weiterhin ist nicht ganz stimmig, dass Linda einerseits zahlreiche Details aus Lenzens Leben recherchiert - auch mit Unterstützung eines Privatdetektivs - und andererseits ein bestimmtes, gar nicht so geheimes Detail übersieht.

Fazit:

"Die Falle" von Melanie Raabe ist ein sehr ordentlicher Debütthriller, der kurzweilige Unterhaltung schenkt. Es gibt zwar ein paar kleine Schwächen, gerade auch gegen Ende hin, dennoch ist das Gesamtergebnis insgesamt überzeugend.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.